Spanien bewegt sich auf Hilfsantrag zu

Spanien bewegt sich auf Hilfsantrag zu

Spaniens Finanzminister Cristóbal Montoro. 

London / Frankfurt – Das krisengeschwächte Euroland Spanien nähert sich mehreren Presseberichten zufolge einem Hilfsantrag an den Rettungsfonds ESM. Dies berichten deckungsgleich die «Financial Times» (FT) und das «Wall Street Journal» (WSJ) am Dienstag auf ihren Internetseiten. Grundlage ist ein Hintergrundgespräch eines hochrangigen Mitarbeiters des spanischen Finanzministeriums, der nicht namentlich genannt wird. Dass Spanien derzeit noch zögert, begründet der Offizielle mit der Ungewissheit, ob wirklich alle Länder im Währungsraum einen Hilfsantrag Spaniens unterstützen würden. Die deutsche Bundesregierung hatte es zuletzt mehrfach bezweifelt, ob ein schneller Hilfsantrag Spaniens notwendig sei.

Darüber hinaus weist der Ministeriumsvertreter den Blättern zufolge darauf hin, dass Spanien letztlich wohl überhaupt keine Mittel aus der zu beantragenden Kreditlinie des ESM benötige. Vielmehr genüge es, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihr neues Anleihekaufprogramm OMT für Spanien aktiviere. Ein Hilfsantrag Spaniens beim ESM ist dafür Voraussetzung. Der Offizielle rechnet sodann mit einem schnellen und starken Rückgang der Refinanzierungskosten Spaniens an den Anleihemärkten, weswegen die Kreditlinie nicht in Anspruch genommen werden müsse. «Man könnte sagen, es ist eine virtuelle Kreditlinie», zitierte das «Wall Street Journal» den Spanier. In Wirklichkeit wolle die viertgrösste Wirtschaftsmacht der Euro-Zone aus dem Fonds keine Gelder in Anspruch nehmen. Madrid wolle lediglich die Bedingung der EZB erfüllen, wonach für den Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB ein Hilfsantrag beim ESM notwendig ist.

Kein schneller Schritt
Ein schneller Hilfsantrag Spaniens ist nach den Worten des Offiziellen nach wie vor unwahrscheinlich. Als Grund nannte er die stark gesunkenen Renditen am spanischen Anleihemarkt, seitdem die EZB Ende Juli erste Hinweise auf massive Interventionen zugunsten des Euro gegeben hatte. Darüber hinaus begründete er das Zögern Spaniens auch mit der Unsicherheit darüber, wie sich ein Hilfsantrag der Spanier auf die Refinanzierungskosten Italiens auswirken würde. Experten halten es einerseits für möglich, dass ein Antrag Spaniens Druck vom Euroraum und damit auch von Italien nehmen könnte. Andererseits könnte es aber auch sein, dass Italien als ebenfalls geschwächtes Land dann erst recht von den Märkten unter den Rettungsschirm gedrängt wird.

Spanien will jedoch nach Informationen der Zeitungen mit einem neuen Hilfsantrag an den europäischen Rettungsfonds abwarten, bis Gewissheit herrscht, dass alle Länder in der Euro-Zone das Gesuch unterstützen. Ein baldiger Antrag Spaniens sei sehr unwahrscheinlich, sagte der namentlich nicht genannte Regierungsbeamte. Die deutsche Bundesregierung hatte es zuletzt mehrfach bezweifelt, ob ein schneller Hilfsantrag Spaniens notwendig sei.

Geldmarktauktion bringt deutlich mehr Geld ein als geplant
Trotz der Hängepartie um weitere Finanzhilfen hat das angeschlagene Spanien bei einer Auktion von Geldmarktpapieren deutlich mehr Geld in die Staatskasse bekommen als geplant: Das krisengeschwächte Euroland verkaufte Schuldtitel in einem Volumen von 4,86 Milliarden Euro, wie die spanische Notenbank am Dienstag mitteilte. Angepeilt war ein Maximalziel von 4,5 Milliarden Euro. Bei einer starken Nachfrage nach den kurzlaufenden Titeln gaben die Zinssätze leicht nach.

Bei den Papieren mit einer Laufzeit von 18 Monaten gab es den Zuschlag bei einer Rendite von 3,022 Prozent. Bei einer vergleichbaren Auktion Mitte September war ein Zinssatz von 3,072 Prozent akzeptiert worden. Eine ähnliche Entwicklung zeigte sich bei einer Versteigerung von Titeln mit einer Laufzeit von zwölf Monaten. Hier sank der Zinssatz von 2,835 auf 2,823 Prozent. In beiden Laufzeiten war die Nachfrage robust und die Papiere waren jeweils in etwa dreifach überzeichnet.

Kreditwürdigkeit herabgestuft
Knapp eine Woche nach der Abwertung der Kreditwürdigkeit Spaniens stufte die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) auch die wichtigsten Banken des Landes herab. Zu den betroffenen Instituten zählten die Branchengrössen Santander und BBVA, teilte S&P mit. Die beiden Banken hatten dank ihres stabilen Auslandsgeschäfts die Probleme auf dem Heimatmarkt bislang vergleichsweise gut weggesteckt, mussten aber zuletzt wegen der Immobilienkrise viel Geld zurücklegen.

S&P hatte die Kreditwürdigkeit des spanischen Staates in der vorigen Woche von «BBB+» um zwei Stufen auf «BBB-» reduziert. Damit liegt die Bonität nur noch eine Stufe über dem sogenannten Ramschniveau. Die Ratingagentur stufte nun auch die Grossbanken um zwei Stufen herab. Sie begründete ihren Schritt damit, dass das Risiko für die Banken von der Lage Spaniens abhänge. Bei Santander liegt die Bewertung nur noch bei «BBB» – zwei Stufen über Ramschniveau, BBVA bei «BBB-«. Weitere neun Banken mussten ebenfalls Federn lassen. (awp/mc/upd/ps)

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