«Suisse Secrets»: Credit Suisse soll wissentlich Kriminelle als Kunden geführt haben

«Suisse Secrets»: Credit Suisse soll wissentlich Kriminelle als Kunden geführt haben
(Photo by Jan Huber on Unsplash)

Zürich / München – Die Credit Suisse soll nach einem Medienbericht über Jahre Autokraten, Drogendealer sowie mutmassliche Kriegsverbrecher und Menschenhändler als Kunden akzeptiert haben. Das belegen nach Recherchen der «Süddeutschen Zeitung» (SZ) Daten aus dem Geldinstitut, die dem Blatt nach eigenen Angaben von einer anonymen Quelle zugespielt wurden. Die Unterlagen wertete die «SZ» zusammen mit dem NDR, WDR sowie mehreren weiteren internationalen Medienpartnern, darunter «Guardian», «Le Monde» und «New York Times» aus.

In einer Stellungnahme, die der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vorliegt, weist die Credit Suisse die Vorwürfe und Unterstellungen über «angebliche Geschäftspraktiken der Bank entschieden zurück», über die das Recherche-Netzwerk unter dem Titel «Suisse Secrets» berichtete.

Die dargestellten Sachverhalte seien überwiegend historisch bedingt und reichten teilweise bis in die 1940er Jahre zurück. Sie würden auf unvollständigen oder selektiven Informationen beruhen, die aus dem Zusammenhang gerissen worden seien.

Die Credit Suisse könne sich aus rechtlichen Gründen nicht zu potenziellen Kundenbeziehungen äussern. Die Bank nehme die Anschuldigung sehr ernst und werde die Untersuchungen mit einer internen Task Force unter Einbeziehung spezialisierter externer Experten fortsetzen.

30’000 Kunden
Die Unterlagen geben dem Bericht zufolge Aufschluss über die Konten von mehr als 30’000 Kunden aus aller Welt. «Suisse Secrets» stützt sich laut eigenen Angaben auf Akten von 18’000 Konten im Umfang von 100 Milliarden Dollar.

Den Daten zufolge hätten Kriminelle Konten eröffnen beziehungsweise Konten auch dann behalten können, «wenn die Bank längst hätte wissen können, dass sie es mit Straftätern zu tun hat». Laut den internen Bankdaten waren zahlreiche Staats- und Regierungschefs, Minister und Geheimdienstchefs ebenso wie Oligarchen und Kardinäle Kunden der Credit Suisse.

Laut den internen Bankdaten waren zahlreiche Staats- und Regierungschefs, Minister und Geheimdienstchefs ebenso wie Oligarchen und Kardinäle Kunden der Credit Suisse.

Schweizer Medien nicht dabei
Die «Süddeutsche Zeitung» hat die Credit-Suisse-Daten nach eigenen Angaben zusammen mit dem Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) sowie 46 Medienpartnern aus aller Welt ausgewertet.

Schweizer Medien wie Tamedia hätten bei der Recherche auf die Teilnahme verzichtet, denn seit 2015 drohe Journalistinnen und Journalisten ein Strafverfahren, wenn sie über geleakte Bankdaten schreiben, twitterte der «Tagesanzeiger» am Sonntagabend.

Tamedia-Zeitungen schrieben, die UNO-Berichterstatterin für Meinungsfreiheit, Irene Khan, habe sich auf Anfrage besorgt gezeigt: «Journalisten strafrechtlich zu verfolgen, weil sie Bankdaten veröffentlichen, die von öffentlichem Interesse sind, würde gegen internationale Menschenrechtsvorschriften verstossen.» Sie wolle in der Sache demnächst mit dem Bundesrat Kontakt aufnehmen.

«Unmoralisches Bankgeheimnis»
«Ich glaube, dass das Schweizer Bankgeheimnis unmoralisch ist», erklärte dem Bericht zufolge die Quelle der Suisse-Secrets-Daten, die der «SZ» und ihren Recherchepartnern nicht bekannt ist. «Der Vorwand, die finanzielle Privatsphäre zu schützen, ist lediglich ein Feigenblatt, um die schändliche Rolle der Schweizer Banken als Kollaborateure von Steuerhinterziehern zu verschleiern.»

Finma steht mit CS in Kontakt hinsichtlich «Suisse Secrets»
Die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma befasst sich ebenfalls mit «Suisse Secrets» und der Credit Suisse. Die Finma habe Kenntnis von den Artikeln, äussere sich aber nicht zu einzelnen Medienberichten, sagte Sprecher Tobias Lux gegenüber der Nachrichtenagentur AWP. «Wir können aber bestätigen, dass wir in diesem Kontext mit der Bank in Kontakt stehen», so Lux weiter.

Aktie verliert
Die Aktien der Credit Suisse zählten am Montag in einem aufgrund der Ukraine-Krise schwachen Gesamtmarkt zu den grössten Verlierern. Am Ende büssten die Papiere an der Schweizer Börse gut 3 Prozent. (awp/mc/pg)

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