Schwellenländerkrise flammt wieder auf

Schwellenländerkrise flammt wieder auf

Pretoria – Die massive Leitzinserhöhung in der Türkei hat die Lage an den Finanzmärkten der Schwellenländer am Mittwoch nur vorübergehend entspannen können. Auf anfängliche Euphorie folgte Ernüchterung, am Ende schlug die Stimmung sogar komplett um. Eine überraschende Zinsanhebung der südafrikanischen Zentralbank verfehlte ihre erhoffte Wirkung am Nachmittag völlig. Die Börsen gingen danach endgültig in die Defensive.

Der Notenbank Südafrikas ist es am Mittwoch nicht gelungen, die heimische Währung Rand zu stützen. Nachdem die South African Reserve Bank (SARB) anderen Schwellenländern mit einer Zinsanhebung folgte, beschleunigte sich der Sinkflug des Rand sogar. Händler waren sich zunächst uneins, warum der Zinsschritt an den Märkten derart schlecht ankam. In jedem Fall kam er überraschend.

Rubel fällt auf Rekordtief
«Zinserhöhungen sind kein nachhaltiges Mittel zur Währungsstabilisierung», kritisierte Robert Halver von der Baader Bank. Er hoffe, dass diese «Kurzschlussreaktion» in anderen Schwellenländern ausbleibe. «Im Augenblick scheint die Jagd auf die Währungen der Schwellenländer eröffnet zu sein.» Auch Russland kann sich der wieder aufgeflammten Währungskrise nicht entziehen. Der russische Rubel ist am Mittwoch gegenüber einem Korb wichtiger Vergleichsdevisen auf ein Rekordtief gefallen.

Am Dienstagabend hatte die türkische Notenbank in einer Krisensitzung in Ankara spektakuläre Erhöhungen von wichtigen Referenzzinsen für die Wirtschaft beschlossen. Der Leitzins wurde auf einen Schlag von bisher 4,5 Prozent auf 10 Prozent angehoben. Viele Experten erwarteten einen Zinsschritt, dieser Kraftakt kam jedoch überraschend.

Marktstimmung kippt
Zunächst sah es so aus, als könne die Situation an den Märkten damit beruhigt werden – die türkische Lira, seit Jahresbeginn unter heftigem Abwertungsdruck, machte den grössten Kurssprung im Verhältnis zum US-Dollar seit 2008. Die Wirkung verpuffte bis zum späten Nachmittag aber völlig und der Kurs drehte sogar zwischenzeitlich ins Minus.

Auch andere Schwellenländer-Währungen legten nach den geldpolitischen Massnahmen in der Türkei zunächst kräftig zu. Allerdings ging der Rally schnell die Luft aus und die Stimmung kippte letztendlich. Beim breiten Schwellenländer-Aktienindex MSCI Emerging Markets bröckelten die Gewinne nach und nach ab – in der Nacht war er noch um 1,2 Prozent auf 944,90 Punkte angezogen – so stark wie seit Mitte November nicht mehr. Auch an den restlichen Aktienmärkten liess die anfängliche Euphorie im Handelsverlauf nach.

Fed-Entscheidung im Fokus
In den Fokus der Anleger rückt nun die US-Geldpolitik. Die Notenbank Fed wird ihren Kurs am Abend in Washington bestimmen. Sie könnte die brenzlige Lage in den Schwellenländern durchaus weiter verschärfen. Weil die Fed ihre Flut billigen Geldes drosselt, ziehen Investoren in grossem Massstab Mittel aus den Regionen ab, die in den vergangenen Jahren von der Liquiditätsschwemme profitiert hatten. Ökonomen rechnen damit, dass die US-Notenbank eine weitere Einschränkung ihrer Dollarflut ankündigen wird.

Die Aussicht auf weniger Billiggeld der Fed sei neben trüberen Wachstumsaussichten einer der Gründe, die nicht unbedingt auf eine schnelle Erholung in den Schwellenländern schliessen liessen, kommentierte Experte Eugen Keller vom Bankhaus Metzler. (awp/mc/pg)

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