Ex-IWF-Chef Strauss-Kahn aus Hausarrest entlassen

Ex-IWF-Chef Strauss-Kahn aus Hausarrest entlassen

Strauss-Kahn mit seiner Frau Anne Sinclair nach seiner Freilassung in New York.

New York -Sieben Wochen nach seiner spektakulären Verhaftung wegen versuchter Vergewaltigung ist Ex-IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn wieder ein freier Mann. Die Staatsanwaltschaft hat erhebliche Zweifel an der Aussage eines 32-jährigen Zimmermädchens, das die Vorwürfe Mitte Mai erhoben hatte. Ein New Yorker Gericht setzte daraufhin am Freitag den verschärften Hausarrest aus.

Die USA darf DSK, wie der Franzose in seiner Heimat kurz genannt wird, zunächst nicht verlassen. Strahlend und mit der rechten Hand auf der Schulter seiner Frau verliess Strauss-Kahn das Gericht. Der Anwalt der Frau, Kenneth Thompson, sieht den Fall der versuchten Vergewaltigung unverändert. «Die Tat hat stattgefunden», sagte Thompson unmittelbar nach der Freilassung von Strauss-Kahn. «Dieser Tag hat nichts verändert.» Der Franzose soll nach dieser Darstellung am 14. Mai die Frau sexuell angegriffen haben. Das Gericht stimmte zudem zu, die Kaution in Höhe von sechs Millionen US-Dollar – davon eine Million in bar – aufzuheben. Der Fall ist allerdings nicht vom Tisch, es kann immer noch zu einer Verhandlung wegen eines Vergewaltigungsversuchs kommen. Der nächste Gerichtstermin ist wie geplant am 18. Juli.

Lächelnder DSK
Zuerst bemühte sich Strauss-Kahn um einen ernsten Gesichtsausdruck, dann lächelte er aber doch beim Verlassen des Gerichts. Auch seine Frau, zum ersten Mal nicht nur in Schwarz gekleidet, lächelte erleichtert. Wegen der Vergewaltigungsvorwürfe war Strauss-Kahn als Chef des Internationalen Währungsfonds zurückgetreten. Der 62-Jährige war bis zu seiner Verhaftung ein aussichtsreicher Kandidat der Sozialisten (PS) für den Präsidentschaftswahlkampf im kommenden Frühjahr. Nun sehen Parteifreunde Chancen für ein Comeback.

Scharfer Hausarrest
Strauss-Kahn lebte unter scharfem Hausarrest mit elektronischer Fussfessel, Überwachungskameras und einem bewaffnetem Wachmann. Das soll ihn jeden Monat 250.000 Dollar kosten. Der Franzose hatte zunächst einige Tage auf der Gefängnisinsel Rikers Island in Einzelhaft gesessen, bevor er in den Hausarrest entlassen wurde. Er musste seine Reisepässe hinterlegen. Die «New York Times» hatte zuerst über die Zweifel berichtet. Möglicherweise stehe die Frau mit Geldwäsche und Drogenhandel in Verbindung, schrieb die Zeitung. Die 32-jährige Frau habe kurz nach dem Vorfall mit einem Häftling darüber telefoniert, wie man Geld aus dem Fall schlagen könne. Der Mann sitze wegen Drogenschmuggels ein. Er und andere hätten Geld – insgesamt etwa 100.000 Dollar – auf einem Konto der Frau geparkt, wie die «New York Times» schrieb.

Anwalt der Klägerin wehrt sich
Die 32-Jährige habe , mit den Vorwürfen konfrontiert, gesagt, die Einzahlungen seien ohne ihr Wissen gemacht worden. Verwandte und Freunde hatten sie als bescheiden beschrieben. Strafrechtlich war sie ein unbeschriebenes Blatt. Der Anwalt des Zimmermädchens hielt dagegen. Die einzige Verteidigung des Franzosen sei, dass es am 14. Mai einvernehmlichen Sex gegeben habe. «Das ist eine Lüge!» Die Frau sei ausschliesslich zum Aufräumen in Strauss-Kahns Suite gekommen, der habe sie aber überfallen und verletzt. Dass sich seine Mandantin habe etwas zu schulden kommen lassen, wies er zurück. «Das ist eine Lüge. Sie war nicht an Verbrechen beteiligt.» Die aus Guinea in Westafrika stammende Frau lebt seit 2002 in den USA. Dass es einen sexuellen Kontakt gab, wird nach Spurenlage nicht angezweifelt. Laut «New York Times» soll die 32-Jährige mehrfach bei Angaben zu ihrem Asylantrag gelogen haben.

Widersprüchliche Zeugenaussage
Nach Informationen des Blattes wollte die Anklage im Gericht mehrere Widersprüche bei der Vernehmung des Zimmermädchens aufdecken. Nach Angaben des Anwalts ist sie in Afrika von Soldaten vergewaltigt worden. Aus diesem Trauma heraus habe sie beim Asylantrag unrichtige Angaben gemacht, um nicht zurückgeschickt zu werden. Der Anwalt von Strauss-Kahn, Benjamin Brafman, sagte vor dem Gerichtstermin am Freitag dem «Wall Street Journal»: «Die Staatsanwaltschaft und wir werden schwerwiegende Argumente gegen die Glaubwürdigkeit der anklagenden Zeugin vorbringen.» Nach Angaben von Bloomberg hatten Brafman und sein Kollege William Taylor schon am 25. Mai an die Staatsanwaltschaft geschrieben, dass sie Informationen hätten, die die Glaubwürdigkeit der Frau erschütterten. Die stellvertretende Oberstaatsanwältin, Joan Illuzi-Orbon, habe daraufhin gebeten, diese Erkenntnisse zur Verfügung zu stellen.

Frankreichs Sozialisten wittern Morgenluft
Parteifreunde sehen nun wieder Chancen für eine Rückkehr Strauss-Kahns. Der ehemalige sozialistische Premierminister Lionel Jospin sprach von einem «Donnerschlag». Sollte DSK entlastet werden, sei es an ihm, über die Zukunft zu entscheiden. Der frühere Kulturminister Jack Lang erklärte: «Wenn sich die Neuigkeiten aus New York bestätigen, wäre das eine grosse Freude.» Die Führung der Sozialisten wollte sich nicht an Spekulationen beteiligen. Parteichefin Martine Aubry, die gegen den konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy antreten will, sagte: «Ich hoffe von ganzem Herzen, dass die amerikanische Justiz die Wahrheit ans Tageslicht bringt und Dominique aus diesem Alptraum holt.» Ihrer Partei drohen wegen der Entwicklungen neue interne Machtkämpfe. Die PS-Politikerin Michèle Sabban forderte, den derzeit laufenden Auswahlprozess für Kandidaten auszusetzen. (awp/mc/upd/ps)

 

 

 

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