Deutsche Wirtschaft verliert deutlich an Fahrt

Deutsche Wirtschaft verliert deutlich an Fahrt

Nicht mehr in allen deutschen Unternehmen wird mit voller Kraft produziert wie bei VW.

Wiesbaden – Dem deutschen Wirtschaftswunder geht die Puste aus. Nach einem fulminanten Start ins Jahr schwächte sich die Dynamik der Konjunktur im zweiten Quartal überraschend deutlich ab. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs im Vergleich zum Auftaktquartal 2011 nur noch leicht um 0,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Seit Beginn des Aufschwungs im Frühjahr 2009 hatte sich die Konjunktur nicht mehr so schleppend entwickelt.

Auch das Quartalswachstum zu Jahresbeginn wurde leicht von 1,5 auf 1,3 Prozent nach unten korrigiert. Im Vorjahresvergleich wuchs die Wirtschaftsleistung damit von April bis Juni preisbereinigt um 2,8 Prozent nach (korrigiert) 5,0 Prozent zuvor. Volkswirte reagierten prompt und senkten ihre Prognosen für das Gesamtjahr. Die Commerzbank etwa korrigierte ihren Ausblick für 2011 von 3,4 Prozent auf 3,0 Prozent nach unten.

Ökonomen haben Plus von bis zu 0,5% erwartet

Volkswirte hatten mit einer Konjunkturabkühlung gerechnet, aber immer noch ein Plus von bis zu 0,5 Prozent erwartet. Dass die Entwicklung nun deutlich schwächer ausfiel, begründete Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), mit der Entwicklung des privaten Konsums, «der trotz guter Rahmenbedingungen wie hoher Beschäftigungsstand und steigende Löhne wohl recht schwach war». Eine weitere Ursache sieht Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer in der ungewöhnlich milden Witterung im ersten Quartal, durch die die Bautätigkeit zulasten des zweiten Quartals vorverlegt worden war. «Ohne diesen Effekt wäre das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal nach unseren Berechnungen nicht um 0,1 Prozent gewachsen, sondern um 0,4 Prozent.» Doch auch ohne den Effekt hätte sich das Wachstum deutlich verlangsamt.

Schuldenkrise und schwächelnde US-Konjunktur
Als Gründe für die nachlassende Dynamik gelten zudem die Staatsschuldenkrise im Euroraum und die schwächelnde US-Konjunktur – Gefahren, die in den vergangenen Wochen bereits die Börsen weltweit auf Sinkflug geschickt hatten. Unicredit-Volkswirt Andreas Rees ist überzeugt: «Das zweite Quartal ist fundamental gesehen der Wendepunkt für die deutschen Wirtschaft, die in den nächsten Quartalen weniger stark wachsen wird. Das sehr hohe Wachstumstempo der deutschen Wirtschaft gehört der Vergangenheit an, wir müssen uns mit geringerem Wachstum zufriedengeben.»

Konsum bremst
Im zweiten Quartal kamen positive Impulse für die deutsche Wirtschaft nach Angaben der Statistiker von den Exporten und den Investitionen in Maschinen und Anlagen. Da die Importe aber stärker zunahmen als die Ausfuhren, wirkte sich der Aussenbeitrag insgesamt negativ auf die Wirtschaftsentwicklung aus. Neben den Bauausgaben bremste auch der Konsum die zuletzt so schwungvolle Konjunktur in Deutschland – und das, obwohl die Arbeitslosigkeit auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung ist und der Inflationsdruck zuletzt dank gesunkener Ölpreise nachliess.

Vorkrisenniveau von Anfang 2008 wieder überschritten
Zusätzliche Sparmassnahmen etwa in den Schuldenländern Frankreich und Italien dürften die wichtige deutsche Exportwirtschaft und damit die Konjunktur insgesamt zusätzlich bremsen. Nach dem tiefen Einbruch um (korrigiert) 5,1 Prozent im Krisenjahr 2009 war die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr um (ebenfalls korrigierte) 3,7 Prozent gewachsen. Dank des starken Jahresauftakts hat die Wirtschaftsleistung das Vorkrisenniveau von Anfang 2008 aber bereits wieder überschritten. (awp/mc/ps)

Statistisches Bundesamt Deutschland

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