Schlagabtausch bei EU-Gipfel zu Eurobonds
Frankreichs Staatspräsident François Hollande vor den Medien bei seiner Ankunft in Brüssel Forderung nach Eurobonds. (Foto: © Présidence de la République – Pascal Segrette).
Brüssel – Frankreich und Deutschland haben sich beim EU-Gipfel einen Schlagabtausch zu Eurobonds geliefert. Während der neue französische Staatspräsident François Hollande in Brüssel seine Forderungen nach gemeinsamen Anleihen von Euroländern bekräftigte, trat Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die Bremse. «Ich glaube, dass sie kein Beitrag sind, um das Wachstum anzukurbeln», sagte die CDU-Chefin am Mittwoch zum Auftakt des mehrstündigen Treffens über die umstrittenen Eurobonds.
Die EU-Staats- und Regierungschefs wollten die Griechen aufrufen, bei den Neuwahlen am 17. Juni Europa nicht zu Türe zuzuschlagen. Athen müsse seine Sparzusagen erfüllen, um langfristig den Euro zu behalten. Griechenlands Platz sei aber in der Eurozone, berichteten Diplomaten.
Hollande: «Eurobonds sind Teil der Diskussion»
Die «Chefs» kamen am Abend zu dem Extratreffen zusammen, um über mehr Wachstumschancen für Europa zu beraten. Es muss gehandelt werden, da grosse Länder wie Grossbritannien, Spanien oder Italien in einer Rezession stecken. Hollande sagte zu den Euro-Anleihen: «Eurobonds sind Teil der Diskussion.» Er fügte hinzu: «Es muss alles in punkto Wachstum auf den Tisch kommen.» Es war sein erster Auftritt auf EU-Parkett. Beschlüsse wurden bei dem Treffen nicht erwartet. Erst beim regulären EU-Gipfel Ende Juni (28. und 29.) wollen die Staatenlenker Entscheidungen treffen.
Schulz: «Die Eurobonds-Debatte muss geführt werden»
Druck zu den Anleihen kommt auch aus den Europaparlament: «Die Eurobonds-Debatte muss geführt werden», sagte der Präsident der Volksvertretung, Martin Schulz (SPD). Es dürfe nicht sein, dass Deutschland für neue Schulden null Prozent Zinsen zahle, andere EU-Länder aber sechs Prozent. «Dieses Ungleichgewicht zerstört die EU.»
Merkel sagte: «Ich weise auf die Rechtslage hin. Die Verträge verbieten eine Übernahme gegenseitiger Haftung.» Schützenhilfe bekam sie aus Schweden, das bisher nicht den Euro hat: Regierungschef Fredrik Reinfeldt sprach von einem falschen Signal: «Das schafft eine Atmosphäre, wo die Guten bestraft und die, die mehr tun sollten, entlastet werden.» Auch der niederländischen Ministerpräsident Mark Rutte lehnte gemeinsame Anleihen ab: «Wir sehen keinen Sinn in Eurobonds, und das führt auch nicht zu Wachstum», sagte er laut der Nachrichtenagentur ANP.
Euro auf Talfahrt
In Berlin wird befürchtet, dass gemeinsame Anleihen den Spardruck auf hoch verschuldete Länder sinken lassen könnten und Deutschland mit höheren Zinsen rechnen müsste. Mit Eurobonds könnten sich Krisenländer zu günstigeren Zinsen am Kapitalmarkt Geld besorgen. Bisher gibt es keine gemeinsame europäische Schuldenpolitik. Der Euro ging wegen der Griechenlandkrise auf Talfahrt und erreichte den niedrigsten Stand seit Juli 2010. Falls sich bei den griechischen Neuwahlen am 17. Juni Parteien durchsetzen, die das mit internationalen Geldgebern vereinbarte Spar- und Reformprogramm ablehnen, droht eine Staatspleite und letztlich das Ausscheiden Griechenlands aus dem Eurogebiet. Auf den Märkten herrschen auch erhebliche Sorgen wegen der Bankenkrise in Spanien.
Notfallpläne
Hollande sagte: «Griechenland muss am 17. Juni eine wichtige Wahl treffen. Diese muss europäisch sein.» Bereits in der vergangenen Woche war bekanntgeworden, dass EU-Kommission und Europäische Zentralbank (EZB) an Notfallplänen für einen möglichen Austritt des hoch verschuldeten Griechenlands aus dem Euroraum arbeiten. Die EZB hat nach einem Bericht der «Zeit» deswegen einen Krisenstab unter Vorsitz von Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen eingerichtet.
In einigen zentralen Punkten der Wachstumspolitik der EU herrscht bereits im Grundsatz Einigkeit. Dazu gehören Massnahmen im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit, die Förderung grosser Infrastrukturvorhaben durch sogenannte Projektanleihen sowie die Stärkung der Europäischen Investitionsbank (EIB), der EU-Hausbank. Zudem sollen EU-Fördergelder besser eingesetzt werden.
Griechenland dementiert
Das griechische Finanzministerium und EU-Diplomaten dementierten Berichte, wonach während der jüngsten Telekonferenz der Arbeitsgruppe der Euro-Finanzminister über mögliche Szenarien zum Austritt Griechenlands gesprochen worden sei. (awp/mc/pg/upd/ps)