Startverbote für Boeing 737 Max 8 nach Absturz in Äthiopien

Startverbote für Boeing 737 Max 8 nach Absturz in Äthiopien
Boeing 737-MAX. (Foto: Boeing)

Addis Abeba – Nach dem Flugzeugabsturz in Äthiopien mit 157 Todesopfern müssen Dutzende Maschinen des relativ neuen Flugzeugtyps Boeing 737 Max 8 in mehreren Ländern am Boden bleiben. China, Indonesien und Äthiopiens nationale Fluggesellschaft erklärten am Montag ein Startverbot für alle baugleichen Maschinen. Betroffen sind mindestens 110 Flugzeuge. Am Absturzort in Ostafrika wurden die Flugschreiber gefunden, die Hinweise zur Unglücksursache liefern könnten. Unter den Opfern waren dem Auswärtigen Amt zufolge fünf Deutsche. Das Unglück vom Sonntag ereignete sich nur Monate nach dem Absturz einer Boeing 737 Max 8 in Indonesien.

An der Börse lösten die Nachrichten einen Kursrutsch bei Boeing aus. Zum Handelsstart in New York war die Aktie zeitweise um knapp 13,5 Prozent gefallen. Das bedeutete laut der Nachrichtenagentur Bloomberg den grössten Tagesverlust im Handelsverlauf seit den Terroranschlägen in New York am 11. September 2001. Zuletzt notierten die Papiere noch mehr als sieben Prozent im Minus bei 392,73 US-Dollar.

Ethiopian Airlines erklärte zum Startverbot für die übrigen vier Boeings der staatlichen Fluggesellschaft: «Auch wenn wir die Unglücksursache nicht genau kennen, haben wir uns entschlossen, diese Maschinen als zusätzliche Sicherheitsmassnahme am Boden zu belassen.» In China wies die Luftfahrtbehörde CAAC Fluggesellschaften an, Flüge mit der Boeing 737 Max 8 vorübergehend einzustellen, bis Sicherheitsrisiken ausgeschlossen werden können. Betroffen waren dort demnach 96 Flugzeuge. Auch Indonesien verhängte ein Startverbot für die elf in dem Land registrierten Boeings des gleichen Typs.

Ähnlichkeiten mit Absturz vor fünf Monaten in Indonesien
Bereits im Oktober waren beim Absturz einer Boeing 737 Max 8 der Fluglinie Lion Air in Indonesien 189 Menschen ums Leben gekommen. Chinas CAAC verwies in der Begründung des nun verhängten Startverbots darauf, dass es bei beiden Unglücken «gewisse Ähnlichkeiten» gegeben habe. Beide Flüge waren bei guten Wetterverhältnissen kurz nach dem Start in Schwierigkeiten gekommen. Ein möglicherweise ähnlicher Fehler in der Elektronik konnte zunächst nicht ausgeschlossen werden.

Auch die karibische Fluggesellschaft Cayman Airways teilte mit, die beiden Boeing 737 Max 8 der Airline blieben vorerst am Boden. Indiens Jet Airways hat fünf baugleiche Maschinen. Dort hiess es, die Flugzeuge seien derzeit nicht in Betrieb. Andere Fluggesellschaften wie Norwegian und die US-Fluggesellschaft United erklärten hingegen, die Maschinen seien sicher und blieben weiter in Betrieb. Deutsche Fluggesellschaften nutzen derzeit keine Boeing 737 Max 8, wie ein Sprecher des Verkehrsministeriums in Berlin mitteilte.

Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte, die EU-Agentur für Flugsicherheit stehe mit den Behörden in Kontakt und verfolge die Ermittlungen genau. Auf Grundlage der Informationen werde man das Risiko beurteilen und möglicherweise auch weitere Schritte einleiten.

Blackboxes geborgen
Am Unglücksort unweit von Addis Abeba wurden nach «mühsamer Suche» die sogenannten Blackboxes gefunden, die den Sprechfunk im Cockpit und alle Flugdaten aufzeichnen, wie Ethiopian Airlines mitteilte. Diese sind für Ermittler sehr wichtig bei der Klärung der Unfallursache. Die Flugschreiber sind so robust gebaut, dass sie normalerweise auch ein Unglück überstehen sollten.

Hersteller Boeing sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus und kündigte die Entsendung von Experten nach Äthiopien an. Diese sollten bei der Untersuchung der Unglücksursache helfen. Am Montag erklärte Boeing zudem, es gebe nach bisherigem Kenntnisstand keine Grundlage für neue Anweisungen an die Betreiber des Flugzeugtyps. «Sicherheit ist unsere oberste Priorität», teilte Boeing mit.

Die auf weniger Spritverbrauch getrimmte Boeing 737-Max-Reihe gilt als Verkaufsschlager. Das Modell ist eine Neuauflage der seit den 1960er Jahren gebauten Boeing 737 und wird mit grösseren und sparsameren Triebwerken seit 2017 ausgeliefert.

In Äthiopien begannen Experten am Montag mit der Identifizierung der Opfer und der Klärung der Unglücksursache. An einer eigens eingerichteten Sonderkommission sind Experten der Flugsicherung, des Verkehrsministerium und der Fluggesellschaft beteiligt. Am Dienstag sollten zudem noch Experten aus den USA eintreffen.

Absturz kurz nach dem Start
Die Unglücksmaschine, die von der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba in die kenianische Metropole Nairobi fliegen sollte, war am Sonntagmorgen kurz nach dem Start abgestürzt. Alle 149 Passagiere und 8 Besatzungsmitglieder kamen ums Leben. Nach Angaben der Airline waren unter den Todesopfern aus 35 Ländern unter anderem 32 Kenianer, 18 Kanadier, 9 Äthiopier sowie jeweils 8 US-Amerikaner, Italiener und Chinesen. Unter den Opfern waren auch mindestens 21 Mitarbeiter der Vereinten Nationen. Am UN-Sitz in Genf und auf einer UN-Konferenz in Nairobi wurde eine Schweigeminute für die Opfer abgehalten.

Ethiopian Airlines gilt als zuverlässige Fluggesellschaft und ist wie Lufthansa Mitglied des Bündnisses Star Alliance. Ethiopian bietet weltweite Verbindungen an, etwa nach Frankfurt am Main. In Afrika expandierte Ethiopian aggressiv und gilt mit der südafrikanischen South African Airways inzwischen als wichtigste Airline der Region.

Die Maschine auf Flug ET 302 stürzte nahe der Stadt Bishoftu ab, etwa 50 Kilometer südöstlich der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Kurz nach Abflug habe der erfahrene Pilot einen Notruf abgesetzt und die Freigabe zur Rückkehr erhalten, erklärte Ethiopian Airlines.

Die neue Maschine war zuletzt am 4. Februar gewartet worden. Ein Routine-Check unmittelbar vor dem Start am Sonntag habe keine Probleme aufgezeigt, sagte Airline-Chef Tewolde GebreMariam. Seit dem Kauf des Flugzeugs Ende 2018 sei es rund 1200 Stunden im Einsatz gewesen. Der Pilot hatte seit 2010 für die Airline gearbeitet.

Für Ethiopian ist es nicht das erste Unglück eines Flugzeugs. Am 25. Januar 2010 stürzte eine Boeing 737-800 der Fluggesellschaft vor der libanesischen Küste ins Mittelmeer, die 90 Insassen starben. (awp/mc/ps)

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