Historischer Auftritt von Trump vor Gericht in Miami

Historischer Auftritt von Trump vor Gericht in Miami
Donald Trump, früherer US-Präsident.

Miami / Washington – Nach der historischen Anklage gegen Donald Trump in der Affäre um den Umgang mit geheimen Regierungsdokumenten muss der frühere US-Präsident an diesem Dienstag in Miami vor Gericht erscheinen. Radikale Unterstützer des republikanischen Präsidentschaftsbewerbers schlugen zuvor martialische Töne an, was Ängste vor möglicher Gewalt auslöste. Miamis Polizeichef Manny Morales sagte, die Sicherheitskräfte seien gut aufgestellt und könnten gewährleisten, dass die Lage nicht eskaliere.

Es ist das erste Mal, dass gegen einen ehemaligen US-Präsidenten auf Bundesebene Anklage erhoben wurde. Trump war im April bereits im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar auf bundesstaatlicher Ebene in New York angeklagt worden. Es wird auch noch in anderen Fällen gegen Trump ermittelt. Bislang wiegen die Vorwürfe im Zusammenhang mit den Dokumenten juristisch am schwersten.

Die Vorwürfe gegen Trump
Die Bundespolizei FBI hatte im August Trumps Privatanwesen Mar-a-Lago in Florida durchsucht und dort zahlreiche Verschlusssachen aus seiner Amtszeit beschlagnahmt, einige mit höchster Geheimhaltungsstufe. Mar-a-Lago ist ein Club mit Zimmern für zahlende Gäste und öffentlichen Veranstaltungen. Dadurch, dass Trump vertrauliche Regierungsdokumente nach seiner Amtszeit in privaten Räumen aufbewahrte, könnte er sich strafbar gemacht haben.

Vorgeworfen wird ihm eine Verschwörung zur Behinderung der Ermittlungen und die gesetzeswidrige Aufbewahrung höchstsensibler Informationen. Darunter waren laut Anklage Details zu nuklearen Fähigkeiten der USA und anderer Staaten, zu militärischen Schwachstellen in der Verteidigung der Vereinigten Staaten und ihrer Partner sowie Informationen über potenzielle Militäraktionen.

Die brisante Anklageschrift
In der Anklageschrift werden Trump sieben Kategorien von Vergehen und insgesamt mehr als 35 Straftaten zur Last gelegt. Die Details in dem 49-seitigen Papier sind brisant. So heisst es darin etwa, Trump habe Kisten mit Verschlusssachen unter anderem in seinem Schlafzimmer, einem Badezimmer, einer Dusche, einem Ballsaal und einem Lagerraum aufbewahrt. Einige Kisten hätten zeitweise in einem Raum gestanden, in dem öffentliche Veranstaltungen stattfanden. Ein Lagerraum sei über einen öffentlichen Pool-Bereich einfach zu erreichen gewesen.

Die Ermittler führen in der Anklageschrift – unter anderem auf Basis von Tonaufnahmen – detailliert auf, wie Trump mit anderen Personen über Verschlusssachen sprach oder diese unbefugten Dritten zeigte.

Der Ablauf am Dienstag
Trump traf am Montag in Miami ein und schlug sein Lager in seinem luxuriösen Resort Doral auf. Der Gerichtstermin, bei dem unter anderem die Anklage verlesen werden soll, ist am Dienstag für 15.00 Uhr Ortszeit (21.00 Uhr MEZ) angesetzt. Trump wird dann vorübergehend in Gewahrsam genommen. Üblicherweise werden Beschuldigten bei diesen Terminen Fingerabdrücke abgenommen, es werden klassische Polizeifotos gemacht, oft auch Handschellen angelegt. Wie genau der Ablauf bei Trump sein wird, war vorab unklar. In New York hatten die Behörden bei Trump auf Handschellen und ein Foto verzichtet.

Es gilt ausserdem als sicher, dass Trump nach dem formalen Prozedere das Gericht wieder verlassen wird. Der Republikaner will dann von Florida aus nach New Jersey fliegen, wo er in seinem Golfclub in Bedminster für Dienstagabend (20.15 Uhr Ortszeit/02.15 Uhr MEZ in der Nacht zu Mittwoch) eine Ansprache vor Anhängern angekündigt hat.

Die Sicherheitsvorkehrungen
Mehrere Trump-Unterstützer vom rechten Rand der Republikanischen Partei hatten sich nach der Anklageerhebung martialisch geäussert und damit Befürchtungen ausgelöst, dass es zu Gewaltausbrüchen kommen könnte. Der Abgeordnete Andy Biggs schrieb auf Twitter: «Wir haben jetzt eine Kriegsphase erreicht. Auge um Auge.» Die Republikanerin Kari Lake aus Arizona sagte, wer an Trump rankommen wolle, müsse erst an ihr und an Millionen von bewaffneten Amerikanern vorbei.

Angesichts möglicher Proteste stellte Miami ein grosses Sicherheitsaufgebot ab. Polizeichef Morales sagte, es gebe genug Ressourcen für eine Menschenmenge von bis zu 50 000 Demonstranten. «Wir nehmen dieses Ereignis sehr ernst», sagte er am Montag. «Wir wissen, dass sich die Dinge zum Schlimmsten wenden könnten, aber das ist nicht die Art und Weise Miamis.»

Gross abgeriegelt war das Gerichtsgebäude am Montag jedoch zunächst nicht. Dort flatterten lediglich gelbe Absperrbänder. Vor dem Gerichtsgebäude herrscht allerdings schon seit Tagen ein grosser Medienandrang. Und bereits am Montag bildete sich eine lange Schlange derer, die einen Platz im Gerichtssaal ergattern wollten.

Die Trump-Fans
Am Strassenrand vor Trumps Resort Doral versammelten sich am Montag einige Trump-Anhänger. Als dessen schwarze Autokolonne vorbeirollte, schwenkten sie Fahnen und jubelten ihm zu. Aileen, eine Frau aus Florida in ihren 50ern, sagte mit aufgebrachter Stimmer, sie stehe dort, weil die Anklage politisch motiviert sei. «Es ist ein Zwei-Klassen-Justizsystem, wir haben es satt.» Die Demokraten seien die Partei der Millionäre, Trump sei der Präsident der hart arbeitenden, der vergessenen Bevölkerung. Fast ironisch klingt so ein Satz vor den Mauern eines Anwesens mit mehreren Golfplätzen und Pools, dessen Luxus man an der stickigen Strasse kaum erahnen kann.

Eine andere Frau sagte, sie unterstütze Trump, weil der «Deep State» ihn zu Fall bringen wolle. Hinter dem Begriff steht die Verschwörungstheorie, im Hintergrund politischer Entscheidungen zögen geheime Mächte die Fäden. Pete Crotty, ein Trump-Fan, der vor seinem mit Flaggen geschmückten roten Pick-up Trump-Fanartikel verkaufte, ist wie viele andere überzeugt davon, dass Trump nur zur Zielscheibe geworden sei, weil er der aussichtsreichste republikanische Präsidentschaftsbewerber sei.

Dieses Narrativ hat Trump vorgegeben. Der 76-Jährige weist die Vorwürfe gegen sich zurück und wertet die Anklage als politisch motivierten Versuch, ihn von einer zweiten Amtszeit abzuhalten. Er spricht von «politischem Auftragsmord» und «Kriegsführung» mit juristischen Mitteln. (awp/mc/ps)

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