IWF senkt globale Wachstumsprognose

IWF senkt globale Wachstumsprognose
IWF-Direktorin Christine Lagarde.

IWF-Direktorin Christine Lagarde.

Tokio – Die europäische Schuldenkrise und politische Grabenkämpfe in den USA können die Weltwirtschaft nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds erneut in eine tiefe Krise stürzen. «Die Risiken für eine ernsthafte globale Konjunkturabkühlung sind alarmierend hoch», warnt der IWF in seinem am Dienstag in Tokio veröffentlichten Weltwirtschaftsausblick. Auch für Deutschland senkte die Institution wegen der unsicheren Lage ihre Prognose deutlich. Die drohende Abwärtsspirale würde auch stark wachsende Schwellenländer wie China erfassen.

Weltweit rechnet die globale Krisenfeuerwehr nur noch mit einem Konjunkturplus von 3,3 Prozent in diesem Jahr und 3,6 Prozent im kommenden. Die Werte wurden um 0,2 beziehungsweise 0,3 Prozentenpunkte gesenkt. Für den Euroraum korrigierten die IWF-Volkswirte ihre Prognose ebenfalls nach unten. In diesem Jahr werde beim BIP sogar ein Minus von 0,4 Prozent verzeichnet. 2013 werde es zwar wieder leicht um 0,2 Prozent wachsen. Bisher war aber für die 17 Eurostaaten mit einem Wachstum von 0,7 Prozent gerechnet worden.

Deutschland: Investitionen lassen nach
Für Deutschland sieht der Weltwährungsfonds für 2013 nur noch ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 0,9 Prozent. Im Juli war er noch von 1,4 Prozent ausgegangen. Schuld sei vor allem die Abkühlung in den anderen Eurostaaten sowie in aufstrebenden Ländern, sagte IWF-Ökonom Jörg Decressin. Vor allem bei den Investitionen habe Deutschland nachgelassen. Für das laufende Jahr beliess der IWF seine Schätzung bei 0,9 Prozent.

«Allgemeines Gefühl der Unsicherheit»
Die düsteren Aussichten lassen sich laut dem IWF vor allem mit dem «allgemeinen Gefühl der Unsicherheit über die Zukunft» begründen, sagte IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard. Es sei derzeit für Investoren sehr schwierig vorherzusagen, ob etwa Europa seine Probleme wirklich in den Griff bekommen könne. Im schlimmsten Fall bestehe sogar die Gefahr, dass das weltweite Wachstum rasant unter 2 Prozent abstürze. Die Wahrscheinlichkeit dafür liege derzeit bei 17 Prozent. Im April lag sie nur bei 4 Prozent, heisst es in dem Bericht.

USA müssen Sturz von «Fiskalklippe» verhindern
Um einen globalen Niedergang zu verhindern, müssten etwa in den USA die Gesetzgeber trotz des laufenden Wahlkampfes schleunigst verhindern, dass im Januar wegen auslaufender Fristen gleichzeitig drastische Steuererhöhungen und automatische Haushaltseinsparungen in Kraft treten. Ein Sturz von dieser sogenannten «Fiskalklippe» wie auch ein erneut drohender Streit über die Erhöhung der Schuldengrenze könnte die US-Wirtschaft in eine tiefe Rezession katapultieren. «Mit schädlichen Konsequenzen für den Rest der Welt», sagte Decressin.

Spanien und Italien müssen Konjunktur ankurbeln
Auch in Europa dürfe der Kampf gegen die Krise nicht nachlassen. Spanien und Italien müssten weiter die Konjunktur ankurbeln, die Haushalte sanieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. An den Notenbanken sei es, mit ihrer Geldpolitik weiter für niedrige Zinsen zu sorgen. Blanchard nannte das Zusammenspiel der verschiedenen Massnahmen ein «komplexes Puzzle». Werde es schnell vollendet, «kann man berechtigt darauf hoffen, dass das Schlimmste hinter uns liegen könnte», sagte er.

Auch Deutschland könne dazu beitragen, das Konjunkturklima zu verbessern, etwa durch weitere Strukturreformen. Die Bundesregierung müsse Mittel finden, um die Investitionsbereitschaft im Land zu erhöhen und die Binnennachfrage anzukurbeln. Erneut regte der IWF ausgleichende Massnahmen gegen den hohen deutschen Handelsüberschuss im Euro-Raum an.

China und Indien müssen globales Wachstum schultern
Insgesamt werde das globale Wachstum weiterhin vor allem von Schwellenländern wie China und Indien geschultert. Doch auch hier mussten die Prognosen teils deutlich gesenkt werden. Kapazitätsengpässe, eine schwächere Nachfrage aus den grossen Volkswirtschaften und länderspezifische Probleme hätten zu einer Abkühlung geführt. Diese Nationen müssten sich durch Reformen weiter gegen negative wirtschaftliche Einflüsse von aussen wappnen. (awp/mc/pg)

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