«Midterms»: Demokraten stärker als erwartet – Stichwahl in Georgia zeichnet sich ab

«Midterms»: Demokraten stärker als erwartet – Stichwahl in Georgia zeichnet sich ab

Washington – Bei den wichtigen Zwischenwahlen haben sich die Demokraten von US-Präsident Joe Biden deutlich besser geschlagen als erwartet. Einen vorhergesagten, überwältigenden Sieg der Republikaner gab es nicht. Die Demokraten konnten wichtige Erfolge erzielen – und etwa im umkämpften Bundesstaat Pennsylvania den Republikanern einen Senatssitz abnehmen. Welche Partei die Mehrheit in den beiden Kammern des US-Kongresses übernimmt, ist offen. Allerdings deutete sich im Repräsentantenhaus ein knapper Vorsprung für die Republikaner an.

Im Repräsentantenhaus rechnen die Republikaner damit, genügend Sitze für eine Mehrheit zu gewinnen. Allerdings könnte das Ergebnis deutlich knapper ausfallen als erwartet. «Es ist klar, dass wir das Haus zurückerobern werden», sagte der Fraktionsführer der Republikaner, Kevin McCarthy, in der Wahlnacht. Er will die Demokratin Nancy Pelosi von ihrem wichtigen Posten als Vorsitzende des Repräsentantenhauses ablösen. Wer den Vorsitz innehat, ist Nummer drei der staatlichen Rangfolge nach dem US-Präsidenten und dessen Vize. Für McCarthy bedeutet ein knappes Ergebnis, dass es besonders schwer für ihn sein wird, die zersplitterte Partei hinter sich zu vereinen.

Der Sender NBC bezifferte den voraussichtlichen Ausgang auf 218 zu 217 Abgeordnete für die Republikaner, räumte allerdings ein, dass noch bis zu 13 Sitze in der Mitte hin oder her wechseln könnten.

Demokraten gewinnen Senats-Sitz in Pennsylvania
Im Senat hingegen standen in der Nacht noch die Ergebnisse wichtiger Rennen aus – darunter in Nevada oder Georgia. Die Demokraten feierten daher den Sieg ihres Kandidaten John Fetterman in Pennsylvania umso mehr. Der progressive Fetterman setzte sich dort gegen den TV-Arzt Mehmet Oz durch, der von Ex-Präsident Donald Trump unterstützt wurde. Die Demokraten müssen im Senat die zur Wahl stehenden Sitze verteidigen oder den Republikanern Mandate abknöpfen, um ihre hauchdünne Mehrheit nicht zu verlieren. Dass sie den Republikanern einen der 100 Sitze abgenommen haben, ist ein grosser Erfolg für die Partei.

Trump-Rivale DeSantis feiert Erfolg in Florida
Doch auch die Republikaner haben Erfolge zu vermelden. Für die Partei ist der bisherige Sieger der Wahlnacht Ron DeSantis. Er wurde als Gouverneur von Florida klar wiedergewählt. Der 44-Jährige gilt innerparteilich als grösster Rivale von Trump. Der Ex-Präsident hatte DeSantis am Dienstag noch gedroht, falls dieser 2024 ins Rennen ums Weisse Haus einsteigen sollte. Er könne über DeSantis «Dinge erzählen, die nicht besonders schmeichelhaft sind», sagte er.

Trump will vermutlich am 15. November seine schon seit langem angedeutete Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024 ankündigen. DeSantis wird nachgesagt, ebenfalls für die Republikaner als Kandidat antreten zu wollen. Der klare Sieg in Florida dürfte seine Position innerhalb der Partei deutlich stärken. Florida gilt als ein sogenannter Swing State, in dem die Wählerinnen und Wähler mal die Republikaner und mal die Demokraten bevorzugen.

Stichwahl in Georgia zeichnet sich ab
Im US-Bundesstaat Georgia deutet sich im Rennen um den umkämpften Sitz im Senat eine Stichwahl an. Der demokratische Amtsinhaber Raphael Warnock und sein republikanischer Herausforderer und Trump-Kandidat Herschel Walker lagen am Mittwochmittag (Ortszeit) bei der Auszählung der Ergebnisse Prognosen zufolge bei jeweils um die 49 Prozent. Wenn kein Kandidat mehr als 50 Prozent der Stimmen erreicht, muss es in dem südlichen Bundesstaat wegen einer Sonderregel eine Stichwahl geben.

In Georgia trat auch noch ein dritter Kandidat an – er lag Prognosen zufolge bei rund zwei Prozent. Wegen dieses Kandidaten der Libertären Partei war bereits zuvor erwartet worden, dass Warnock und Walker die notwendige Mehrheit verfehlen könnten. Die Stichwahl dürfte dann in einem Monat am 6. Dezember stattfinden. Da das Rennen um die Mehrheit so eng ist, könnte es durchaus passieren, dass erst diese Abstimmung über die Mehrheitsverhältnisse in der oberen Kongresskammer entscheidet. Vor zwei Jahren gab es eine ähnliche Zitterpartie.

Wahlleugnerin und Demokratin gleichauf in Arizona-Gouverneursrennen
Auch im Rennen um das Gouverneursamt im umkämpften US-Bundesstaat Arizona deutet sich eine längere Hängepartie an. Nach Problemen mit Wahlmaschinen in dem bevölkerungsreichen Wahlbezirk Maricopa County könnte ein Ergebnis noch Tage auf sich warten lassen. Nachdem etwa zwei Drittel aller Stimmen ausgezählt wurden, liegen die Demokratin Katie Hobbs und die Republikanerin Kari Lake nur etwa 12’000 Stimmen oder 0,6 Prozentpunkte auseinander. Die Behörden hatten laut US-Medienberichten aus Arizona angekündigt, dass bis Freitag 90 bis 95 Prozent der Stimmen ausgezählt sein sollen.

Lake führte in der Corona-Krise Proteste gegen Vorgaben zum Tragen von Masken an, warf den Demokraten eine «dämonische Agenda» vor und zählt zu jenen, die Trumps unbegründete Behauptungen stützen, Joe Biden habe die Präsidentenwahl 2020 «gestohlen». Hobbs unterdessen war in der Regierung des Bundesstaates für die vom ehemaligen Präsidenten Donald Trump und seinen Anhängern angefochtene Auszählung der Stimmen bei der Präsidentenwahl 2020 zuständig. Arizona gilt in den USA als umkämpfter Staat, der sich von einer einst republikanischen Hochburg mehr und mehr zugunsten der Demokraten geöffnet hat.

Nancy Pelosi als Abgeordnete wiedergewählt
Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, verteidite ihr Abgeordnetenmandat erfolgreich. CNN und die Nachrichtenagentur AP erklärten die 82-jährige Demokratin in der Nacht zum Mittwoch zur Siegerin der Abstimmung in ihrem Wahlkreis im US-Bundesstaat Kalifornien. Sie hatte 2018 zum vierten Mal den Vorsitz im Repräsentantenhaus übernommen. Im Parlament vertritt sie ihren Wahlkreis schon seit 1987. Pelosi hatte vor wenigen Tagen dem Sender CNN gesagt, eine Entscheidung über ihre politische Zukunft werde auch von dem Angriff auf ihren Ehemann Paul vor gut zehn Tagen abhängen. Während Nancy Pelosi in Washington war, brach ein Mann nachts ins Haus des Paars in San Francisco ein. Als die Polizei eintraf, schlug der Mann mit einem Hammer auf ihren Ehemann ein. Paul Pelosi musste wegen eines Schädelbruchs operiert werden. Der Angreifer sagte später aus, er habe Nancy Pelosis Knie zertrümmern wollen.

Trump-Unterstützer J.D. Vance in Ohio in den Senat gewählt
Trumps Einfluss auf die Republikaner ist ungebrochen gross. In etlichen US-Bundesstaaten gewannen von Trump unterstützte Kandidaten. So wurde der republikanische Bestseller-Autor J.D. Vance für den US-Bundesstaat Ohio in den US-Senat gewählt. Vance hatte sich vor einigen Jahren noch kritisch über Ex-Präsident Donald Trump geäussert – dann vollzog er jedoch eine Kehrtwende.

Ehemalige Trump-Sprecherin neue Gouverneurin von Arkansas
Im US-Bundesstaat Arkansas wird eine frühere Sprecherin des Weissen Hauses unter Trump, Sarah Huckabee Sanders, neue Gouverneurin. Die Republikanerin ist treue Anhängerin des Ex-Präsidenten. In Texas gewann die Gouverneurswahl wie erwartet erneut der Republikaner Greg Abbott. Aber auch die Demokraten konnten Gewinne verbuchen. In Massachusetts und Maryland haben sie Gouverneursämter von den Republikanern zurückerobert. In Pennsylvania setzte sich der Demokrat Josh Shapiro gegen den glühenden Trump-Anhänger Doug Mastriano durch. (awp/mc/pg)

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