Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache tritt zurück

Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache tritt zurück
Heinz-Christian Straches Comeback dürfte gescheitert sein.

Wien – Österreichs Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat die Konsequenzen aus der Video-Affäre gezogen. Sein Verhalten sei dumm und unverantwortlich gewesen. Das Ganze sei aber auch ein «gezieltes politisches Attentat» auf ihn.

Strache ist von allen Ämtern zurückgetreten. Der 49-Jährige zog damit die Konsequenzen aus der Affäre um ein brisantes Video, das 2017 heimlich auf Ibiza aufgenommen worden war. Es zeigt, wie Strache einer angeblichen russischen Oligarchin für Wahlkampfhilfe unter anderem öffentliche Aufträge versprach, sollte die FPÖ an die Regierung kommen.

Strache entschuldigte sich für sein Verhalten. «Ja, es war dumm, es war unverantwortlich und es war ein Fehler», räumte er ein. Zugleich sprach er von einem «gezielten politischen Attentat» und einer «geheimdienstlich inszenierten Lockfalle».

Er werde alle medienrechtlichen und strafrechtlichen Mittel ausschöpfen. Er betonte, dass es keine illegalen und rechtswidrigen Vorgänge und Handlungen gegeben habe.

«B’soffene G’schicht»
«Es war eine b’soffene G’schicht und ich war in einer intimen Atmosphäre verleitet, auch unreflektiert und mit lockerer Zunge über alles und jedes zu polemisieren. Und ja, meine Äusserungen waren nüchtern gesehen katastrophal und ausgesprochen peinlich», sagte Strache an einer Pressekonferenz in Wien.

Auch der FPÖ-Fraktionschef Johann Gudenus, der bei dem Treffen auf Ibiza als Dolmetscher fungierte, legte alle politischen Ämter nieder.

Ob Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ nun fortsetzen will oder auf eine Neuwahl setzt, blieb zunächst offen. Kurz verschob mehrfach ein erwartetes Statement.

Ein Platzen der seit 2017 regierenden Koalition von ÖVP und FPÖ galt zunächst als wahrscheinlich. Allerdings war auch ein Weiterregieren mit der FPÖ oder sogar eine Minderheitsregierung denkbar. Im Fall der Fortsetzung der Koalition war der aktuelle Verkehrsminister und designierte FPÖ-Chef Norbert Hofer als Vizekanzler vorgesehen.

Die Krisensitzung im Kanzleramt war zeitweise begleitet von lautstarken Protesten von mehreren Tausend Demonstranten, die eine Neuwahl forderten.

Aufträge für Wahlkampfhilfe angeboten
Das von «Spiegel» und «Süddeutscher Zeitung» verbreitete Video aus dem Jahr 2017 zeigt Strache im Gespräch mit einer angeblichen russischen Oligarchin. Dabei geht es unter anderem um die Idee, die Frau solle die auflagenstärkste Zeitung Österreichs, die «Kronen Zeitung», erwerben, die FPÖ publizistisch fördern und im Gegenzug öffentliche Aufträge erhalten.

Das Video entstand wenige Monate vor der Nationalratswahl 2017. Damals hatte die ÖVP unter Sebastian Kurz gerade die Koalition mit der SPÖ beendet. Bei der Wahl kam die FPÖ auf 26 Prozent.

Das Bündnis aus ÖVP und FPÖ legte grossen Wert auf eine harmonische Zusammenarbeit. Allerdings gab es auch immer wieder Differenzen. Zuletzt hatte die ÖVP die Nähe der FPÖ zu den rechtsextremen Identitären kritisiert.

Kritik an Koalition mit Rechtspopulisten
Der deutsche Aussenminister Heiko Maas (SPD) kritisierte den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen seiner Regierungskoalition mit den Rechtspopulisten scharf. «Rechtspopulisten sind die Feinde der Freiheit. Mit Rechtspopulisten gemeinsame Sache zu machen, ist verantwortungslos», sagte Maas der «Bild am Sonntag».

Auch wenn er fest davon überzeugt sei, dass die grosse Mehrheit in Europa das längst erkannt habe, rief Maas angesichts der Europawahl zu einem deutlichen Bekenntnis gegen Rechtspopulisten auf. «Wir müssen laut und klar genug gegenhalten, damit Rechtspopulisten in Europa nicht noch mehr Zulauf bekommen.»

Auch Italiens sozialdemokratischer Ex-Premier Matteo Renzi attackierte nach dem Ausbruch der Regierungskrise in Österreich die rechtspopulistischen Parteien, die am Samstag in Mailand zum Abschluss ihrer Wahlkampagne versammelt waren. «Die rechtspopulistische Internationale besteht aus Personen, die mit Rubeln bezahlt werden, um Europa anzugreifen», kritisierte Renzi. (awp/mc/ps)

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