Trotz 117-Milliarden-Dollar-Gebot: Pfizer blitzt bei AstraZeneca ab

Pfizer-CEO Ian Read.

London / New York – Eine der grössten geplanten Firmen-Übernahmen in der Geschichte ist geplatzt: Der US-Pharmakonzern Pfizer kommt bei AstraZeneca trotz eines erneut aufgebesserten Gebots nicht zum Zuge. Der britische Konzern wies am Montag in London auch eine auf 69,4 Milliarden Pfund oder 117 Milliarden Dollar (85,2 Mrd Euro) erhöhte Offerte zurück. Damit sind die Amerikaner gescheitert. Pfizer hatte am Sonntagabend die Offerte erhöht und dabei ein weiteres Gebot genauso ausgeschlossen wie eine feindliche Übernahme.

«Wir haben Pfizers letztes Angebot zurückgewiesen, weil es unzureichend ist und grosse Risiken für Aktionäre bedeuten würde», teilte AstraZenecas Verwaltungsratschef Leif Johansson am Montag in London mit. Damit sind die Amerikaner mit ihrem Vorstoss gescheitert – zumindest wenn Pfizer-Chef Ian Read Wort hält. Der US-Konzern hatte am Sonntagabend die Offerte angehoben und dabei ein weiteres noch höheres Gebot im aktuell laufenden Prozess genauso ausgeschlossen wie eine feindliche Übernahme. Nach den Vorgaben des britischen Gesetzes haben die Amerikaner noch bis 26. Mai Zeit, ihre Offerte zu erhöhen. Sonst müssen sie für längere Zeit die Füsse still halten.

Kusrutsch für Astra-Zeneca
An der Börse sorgte dies für einen Kursrutsch beim AstraZeneca-Papier. In der ersten Handelsstunde fiel die Aktie um bis zu 15 Prozent auf 40,98 Pfund. Zuletzt konnten sie sich leicht erholen. Der amerikanische Konkurrent hatte das Gebot zuletzt auf 55 Pfund je Aktie erhöht – wobei ein Teil in bar und ein Teil mit Pfizer-Aktien bezahlt werden sollte. AstraZeneca wollte aber mehr haben. Erst ab einem Preis von knapp 59 Pfund je Aktie sei das Unternehmen angemessen bewertet, hiess es. Trotz des Rückgangs am Montag ist das Papier noch rund zehn Prozent teurer als vor dem Zeitpunkt, als Pfizers Interesse publik wurde.

Pfizer: Offerte kann nicht erhöht werden
Pfizer steht wegen des abgelaufenen Patentschutzes für die Kassenschlager Lipitor und Viagra vor schweren Zeiten. Mit AstraZeneca hätte das US-Unternehmen eine Serie von Grossakquisitionen fortgesetzt. Der britische Konzern kämpft wiederum ebenfalls mit einer Serie von Patentabläufen. Der Umsatz ging deshalb zuletzt zurück – und soll auch erst wieder in ein paar Jahren steigen. Für die Investoren wäre das Pfizer-Gebot daher eine günstige Gelegenheit zum Ausstieg gewesen.

«Das verbesserte Angebot ist endgültig und kann nicht erhöht werden», erklärte Pfizer. Der Konzern wirbt seit Januar um die Briten und holte sich bislang stets einen Korb. Bei einem Zusammenschluss entstünde ein «wissenschaftliches Kraftpaket», von dem Anteilseigner und Patienten profitieren würden, warb Pfizer-Chef Ian Read. Allerdings hatte er sich schon vor der offiziellen Absage von AstraZeneca ausgesprochen skeptisch gezeigt, dass die Gegenseite noch «zu einem akzeptablen Preis» einlenke.

Pfizer-Vorstoss stösst auf Skepsis der Politik
Ein feindliches Übernahmeangebot will das Pfizer-Management aber nicht vorlegen. Dabei würden die Amerikaner sich mit einem Angebot direkt an die Aktionäre von AstraZeneca richten, um sie zum Verkauf ihrer Anteilsscheine zu bewegen. Üblich bei Übernahmen ist, dass sich die Chefetagen beider Seiten zunächst einigen. Pfizer hatte im Januar insgesamt 59 Milliarden und Anfang Mai dann 63 Milliarden Pfund geboten.

Pfizer schlägt in Grossbritannien Skepsis entgegen – auch weil Konzernchef Read eingeräumt hatte, dass Jobs verloren gehen würden. Gleichzeitig machte er jedoch das Zugeständnis, dass ein Fünftel der Arbeitsplätze im Bereich Forschung und Entwicklung im Land angesiedelt würde.

Übernahmewelle in der Pharmabranche
Die Pharmabranche erlebt derzeit eine Übernahmewelle ungekannten Ausmasses. Grund sind neben den vielen auslaufenden Patenten, teuren Neuentwicklungen und einem hohen Konkurrenzdruck auch eine äusserst günstige Finanzierung durch die niedrigen Zinssätze. Alleine in den vergangenen Wochen gab es eine Reihe von Übernahmen beziehungsweise Ankündigungen von Zukäufen.

So kauft um Beispiel der deutsche Chemie- und Pharmakonzern Bayer für umgerechnet gut 10 Milliarden Euro dem US-Konzern Merck & Co. das Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten ab. Zudem wirbt der US-Konzern Valeant um den Botox-Hersteller Allergan, der eine Offerte über 46 Milliarden Dollar allerdings zurückgewiesen hat. (awp/mc/upd/ps)

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