Selenskyj: Strategische Niederlage Moskaus offensichtlich

Selenskyj: Strategische Niederlage Moskaus offensichtlich
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj. (Foto: president.gov.ua)

Kiew – Knapp zweieinhalb Monate nach der Invasion russischer Truppen in die Ukraine ist die strategische Niederlage Russlands nach Ansicht des ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj «offensichtlich». Die Niederlage Moskaus sei «für jeden auf der Welt offensichtlich und auch für diejenigen, die immer noch mit ihnen (den Russen) kommunizieren», sagte Selenskyj am Donnerstagabend in seiner täglichen Videobotschaft. Nur habe Russland nicht den Mut, die Niederlage einzugestehen. «Sie sind Feiglinge und versuchen, diese Wahrheit hinter neuen Raketen-, Luft- und Artillerieangriffen zu verbergen.»

Der ukrainische Staatschef kritisierte die jüngsten russischen Angriffe, bei denen in Tschernihiw im Norden des Landes eine Schule getroffen worden war. «Natürlich ist der russische Staat in einem Zustand, in dem ihn jede Bildung nur behindert», sagte Selenskyj. Russische Kommandeure, die derartige Befehle zum Beschuss von Bildungseinrichtungen erteilten, seien «einfach krank – unheilbar».

Daneben seien in der Ukraine seit Kriegsbeginn bereits 570 Gesundheitseinrichtungen durch russische Angriffe zerstört worden, darunter 101 Krankenhäuser. «Was bringt das?», fragte Selenskyj. «Das ist Unsinn, das ist Barbarei.» Dies sei für ihn ein Zeichen der Selbstzerstörung Russlands.

Selenskyj-Berater unterstellt russischer Führung «Idiotie»
Selenskyjs Berater Olexij Arestowytsch führt seine gelegentlich falschen Analysen des Kriegsgeschehens auf «schreckliche Idiotie» der politischen und militärischen Führung Russlands zurück. «Ich halte sie eigentlich für Menschen mit einem durchschnittlichen Verstand», sagte der Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj nach einem Bericht der Agentur Unian. «Aber dann unternehmen sie etwas, das mir nie in den Sinn gekommen wäre, weil es so dumm ist.»

Russland habe zuletzt weitere 15 Kampfeinheiten «zusammengekratzt», um sie in den Kampf zu werfen. «In den vergangenen fünfeinhalbtausend Jahren Militärgeschichte lässt sich keine grössere Idiotie finden», sagte Arestowytsch. Zuletzt hatte er eine neue Offensive der russischen Armee gegen die ukrainische Hauptstadt Kiew nicht ausgeschlossen und von «sinnlosem Selbstmord» gesprochen.

Russische Raketen treffen Raffinerie in Krementschuk
Die Industriestadt Krementschuk in der Zentralukraine ist nach ukrainischen Angaben am Donnerstag von einer Serie russischer Raketen getroffen worden. Beim bisher grössten Angriff auf die Stadt seit Kriegsbeginn vor zweieinhalb Monaten sei auch eine Raffinerie beschädigt worden, sagte der regionale Militärchef Dmitrij Lunin nach Angaben der Agentur Unian.

Verhandlungen um Soldaten in Azovstal gehen weiter
Mit internationaler Unterstützung setzt die ukrainische Führung ihre Bemühungen um Rettung der Soldaten im belagerten Stahlwerk Azovstal in der Hafenstadt Mariupol fort. «Wir haben eine neue Runde der Verhandlungen eröffnet» sagte Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk nach Angaben der «Ukrajinska Prawda». Kiew habe den UN und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz das Mandat zu den Gesprächen mit der russischen Seite erteilt, die Türkei sei inzwischen als Vermittler dabei.

Angestrebt sei eine Evakuierung in mehreren Etappen – an erster Stelle stehe die Rettung von 38 schwer verwundeten Verteidigern aus Azovstal. Sollte dies klappen, «dann bewegen wir uns weiter». Die Ukraine ist unter anderem bereit, russische Kriegsgefangene für die Verwundeten aus Azovstal auszutauschen. Im Gespräch mit den Tagesthemen der ARD beschrieb einer der Kämpfer die schwierige Lage. «Unsere Leben bedeuten nichts, mein Leben bedeutet nichts», sagte Illia Samoilenko. Er machte sich zugleich wenig Hoffnung für die Zukunft: «Es könnte unser letztes Gespräch sein.»

Im weitläufigen Stahlwerk in der Hafenstadt haben sich die letzten ukrainischen Verteidiger verschanzt. Russland lehnt bisher jede Evakuierung ab, fordert von den Ukrainern im Werk die Kapitulation. Die Türkei schlug dem russischen Militär nach Angaben der «Ukrajinska Prawda» vor, alle ukrainischen Soldaten aus Azovstal auf dem Seeweg zu evakuieren. Sie sollten dann bis Kriegsende in der Türkei bleiben.

Ukrainisches Crowdfunding-Projekt bringt Millionen ein
Ein von der ukrainischen Führung ins Leben gerufenes Crowdfunding-Projekt zur Unterstützung des Landes hat innerhalb einer Woche bereits Millionen eingebracht. Wie Digitalminister Mychajlo Fjodorow mitteilte, seien Spenden von 25,8 Millionen Dollar (24,4 Mio Euro) über die Website United24 eingegangen. «Die Unterstützung kam aus 72 Länder der Welt.» Das Geld werde nun unter den Ministerien aufgeteilt, um die aktuell notwendigsten Projekte zu finanzieren. Die Ukraine hat diese staatliche Spendenplattform wegen des russischen Angriffskriegs geschaffen.

Ukraine nationalisiert Filialen russischer Banken
In der Ukraine werden mit sofortiger Wirkung alle Filialen der russischen Sberbank und der VEB.RF, der ehemaligen Wnjeschekonombank, verstaatlicht. Das beschloss das Parlament in Kiew, wie Präsidentensprecher Andryj Jermak nach Angaben der Online-Zeitung «Dumskaja» mitteilte. Nunmehr werden alle Gesellschafterrechte der betroffenen Banken sowie deren Einlagen bei anderen ukrainischen Finanzinstituten in Staatseigentum überführt. (awp/mc/pg)

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