Shell macht mehr Gewinn als erwartet – weiterer Aktienrückkauf

London – Der britische Ölkonzern Shell hat im zweiten Quartal aufgrund niedrigerer Preise für Öl und Gas deutlich weniger verdient. Zudem lief das Handelsgeschäft nicht rund. Unternehmenschef Wael Sawan hat in den vergangenen zwei Jahren die Kosten gesenkt und sich von unrentablen Anlagen getrennt. Damit will er an der Börse die Bewertungslücke von Shell zu den US-Konkurrenten schliessen.
Die Aktie gewann gegen Mittag in London rund zwei Prozent. Den Rückgang von Anfang April, als die Märkte wegen der US-Zollpolitik einknickten, hat der Wert damit allerdings nur teilweise aufgeholt. Mit aktuell rund 2.733 Pence bewegt die Shell-Aktie sich zwar über dem Jahrestief von knapp 2.300 Pence, hat aber noch einigen Abstand bis zum Jahreshoch von fast 2.900 Pence.
Im zweiten Quartal ging der bereinigte Gewinn im Jahresvergleich um fast ein Drittel auf knapp 4,3 Milliarden US-Dollar (3,7 Mrd Euro) zurück, wie das Unternehmen am Donnerstag in London mitteilte. Analysten hatten aber mit einem deutlich geringeren Überschuss gerechnet.
Seine Aktienrückkäufe setzt Shell fort. Der Konzern kündigte an, im laufenden dritten Quartal weitere Aktien für insgesamt 3,5 Milliarden Dollar zurückkaufen zu wollen. Das Unternehmen kaufe damit eigene Aktien im Volumen von drei oder mehr Milliarden Dollar bereits seit 15 Quartalen in Folge, sagte Sawan in einem Interview.
Wie auch seine Konkurrenten hatte Shell im zweiten Quartal mit schwächeren Märkten zu kämpfen. Diese Entwicklung hat sich seit dem Beginn des Handelskriegs durch US-Präsident Donald Trump Anfang April noch verschärft. Hinzu kam die Entscheidung des Ölkartells Opec+, die Fördermenge zu erhöhen. Opec+ vereint die in Wien ansässige Organisation erdölexportierender Länder (Opec) unter der Führung Saudi-Arabiens mit Kooperationspartnern wie Russland. Gemeinsam sind sie für etwa 40 Prozent der globalen Ölförderung verantwortlich.
Derweil bekräftigte Shell seine Pläne, in diesem Jahr zwischen 20 und 22 Milliarden Dollar für Investitionen auszugeben. Das Unternehmen hat sich von seinen Konkurrenten dadurch abgehoben, dass es an seinen Investitionsplänen trotz der schwächeren Ölpreise und Unsicherheiten festhält. In seinem Quartalsbericht im Mai hatte das Unternehmen erklärt, dass es über die finanzielle Stärke verfüge, um jede Schwäche der Energiemärkte zu überstehen. Damals hatten die Konkurrenten BP und Eni beschlossen, ihre Investitionen zu kürzen.
Vor einem Monat hatte das Unternehmen als Reaktion auf einen Medienbericht Übernahmegespräche mit seinem Rivalen BP dementiert. Die Mitteilung beendete eine lange Zeit der Spekulationen und bindet dem Unternehmen gemäss den britischen Übernahmevorschriften für die nächsten sechs Monate die Hände. (awp/mc/ps)