«Teheran brennt» – Krieg der Erzfeinde eskaliert

Tel Aviv/Teheran – Die Gewaltspirale im Krieg der Erzfeinde Israel und Iran dreht sich immer schneller. Israel überzog die Islamische Republik am Sonntag erneut mit mehreren Wellen von Luftangriffen, die vor allem der Zerstörung des iranischen Atomprogramms dienen sollten.
Laut Medien waren in der 15-Millionen-Metropole Teheran Explosionen nahe dem Flughafen und einem Luxushotel zu hören. «Teheran brennt», schrieb Israels Verteidigungsminister Israel Katz auf der Plattform X.
Israel attackiert seit der Nacht zu Freitag Ziele im Iran – darunter Atomanlagen, führende Militärs, Atomwissenschaftler, Verteidigungsstellungen, Ziele in Städten und Öl- und Erdgasfelder. Das erklärte Hauptziel ist es, die Islamische Republik an der heimlichen Entwicklung von Atomwaffen zu hindern. Der Militäreinsatz werde voraussichtlich «Wochen, nicht Tage» dauern, zitierte CNN US-Beamte und in Israel.
Bei iranischen Gegenschlägen starben in Israel mindestens 14 Menschen. 370 Menschen wurden Medien zufolge verletzt. Im Iran sind nach offiziellen Angaben Dutzende Menschen getötet und Hunderte weitere verletzt worden.
Augenzeugen berichteten von Explosionen in mehreren Teilen der Megacity Teheran. Videos in sozialen Netzwerken zeigten dichte Rauchschwaden über der Stadt. In einigen Vierteln fiel die Wasserversorgung aus. Bewohner Teherans berichteten zudem von Luftangriffen auf Behördengebäude und Infrastruktur. Auch ein Hotel wurde getroffen.
Der israelische Präsident Izchak Herzog bezeichnet den Kampf gegen den Iran als Verteidigung nicht nur seines Landes. «Unser Ziel ist es, die Realität im Nahen Osten zu verändern», sagte er bei einem Besuch im zentral-israelischen Bat Jam. Israel verteidige nicht nur sich selbst, «sondern den Nahen Osten, die Menschheit selbst und den Weltfrieden», so der Präsident.
Israel hat noch viele Ziele auf seiner Liste
Nach Angaben eines Militärvertreters hat Israel noch eine umfangreiche Liste von Angriffszielen im Iran. Allein in der vergangenen Nacht habe das Militär etwa 80 Ziele angegriffen.
Zu den Zielen habe das Hauptquartier des Verteidigungsministeriums sowie einer staatlichen Atom-Forschungsorganisation gehört. Auch Angriffe auf das Kommando des Verteidigungsministeriums wurden gemeldet. Im Nordwesten Teherans gerieten zudem Teile eines Öllagers in Brand. In Israel wiederum wurden Teile einer Raffinerie nach einem iranischen Angriff zerstört.
Auf einem Flughafen in Maschhad weit im Osten des Irans griff die israelische Luftwaffe nach eigenen Angaben ein iranisches Tankflugzeug an. Die Entfernung beträgt rund 2.300 Kilometer – es sei damit das am weitesten entfernte Ziel, das seit Beginn des Kriegs mit dem Iran attackiert wurde.
Iran bestätigt Tod weiterer Generäle
Irans Revolutionsgarden meldeten den Tod sechs weiterer Generäle. Damit erhöht sich die Zahl der Todesopfer unter der Militärführung auf mindestens 14. Unter ihnen waren auch der Kommandeur der Revolutionsgarden, Hussein Salami, und Generalstabschef Mohammed Bagheri.
Nachrichtenportal: Israel bräuchte spezielle US-Bomben
US-Präsident Donald Trump warnte die Führung der Islamischen Republik vor Angriffen auf US-Einrichtungen. Sollten die USA in irgendeiner Form vom Iran attackiert werden, würden die US-Streitkräfte in noch nie dagewesenem Ausmass zuschlagen.
Israel habe die Trump-Regierung in den vergangenen 48 Stunden gebeten, sich dem Krieg gegen den Iran anzuschliessen, berichtete die US-Nachrichtenseite «Axios» unter Berufung zwei israelische Beamte.
Israel verfügt dem Bericht zufolge nicht über die sogenannten Bunkerbrecher-Bomben und grossen Bomber, die nötig wären, um die iranische Urananreicherungsanlage in Fordo zu zerstören. Diese liegt rund 100 Kilometer südwestlich der iranischen Hauptstadt Teheran tief in einem Berg.
USA haben in der Region 40.000 Soldaten
Die USA verfügten dagegen in Flugweite zum Iran sowohl über diese schweren Bomben als auch die hierfür nötigen Bomber, berichtete die US-Nachrichtenseite. Sollte Fordo auch nach dem Ende der Angriffe in Betrieb bleiben, hätte Israel sein Ziel, das iranische Atomprogramm zu «eliminieren», verfehlt, schrieb «Axios».
Die USA sind der wichtigste Verbündete Israels und unterhalten in der Region Stützpunkte, darunter in Katar und in Bahrain, auf denen laut Berichten rund 40.000 Soldaten stationiert sind. Der jüdische Staat ist die einzige Atommacht in der Region.
Trump ruft Iran zu Abkommen auf
Trump rief den Iran erneut auf, ein Abkommen rund um sein Atomprogramm abzuschliessen. «Wir können jedoch leicht ein Abkommen zwischen dem Iran und Israel erzielen und diesen blutigen Konflikt beenden!!!», schrieb Trump. Eigentlich hätten Delegationen des Irans und der USA als Israels wichtigstem Verbündeten am Sonntag im Oman Gespräche über das iranische Atomprogramm führen sollen – diese Runde in der Hauptstadt Maskat wurde jedoch wegen der militärischen Eskalation abgesagt.
Israels Aussenminister Gideon Saar und der deutsche Aussenminister Johann Wadephul (CDU) haben erneut telefoniert. Saar habe erklärt, dass der Einsatz im Iran fortgesetzt werde und noch wichtige Ziele zu erreichen seien, teilte das israelische Aussenministerium mit. Das Auswärtige Amt bestätigte, dass beide Minister am Morgen telefoniert hatten, machte aber keine Angaben zu den Gesprächsinhalten.
Fragezeichen zur Zusammenarbeit von Iran und IAEA
Der Iran will offensichtlich die Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien nicht mehr in bisheriger Form fortsetzen. Das erklärte der stellvertretende Aussenminister Kasem Gharibabadi laut Staatlicher Nachrichtenagentur Irna. «Es ist widersinnig, dass die Agentur zu Angriffen auf friedliche Einrichtungen schweigt, ihre Inspektoren jedoch weiterhin regulär im Iran präsent sein sollen.» Details nannte er nicht.
Die UN-Behörde, die dazu nicht Stellung nahm, hat bisher das Atomprogramm Teherans überwacht. Ihren Erkenntnissen zufolge haben die Angriffe auf die iranischen Atomanlagen bisher keine erhöhten Strahlenwerte ausserhalb der jeweiligen Gelände zufolge. (awp/mc/pg)