Abschuss von Flugzeug im Iran vermutet – Untersuchungen laufen an

Abschuss von Flugzeug im Iran vermutet – Untersuchungen laufen an

Teheran – Nach dem Absturz einer ukrainischen Passagiermaschine bei Teheran mehren sich die Hinweise auf einen versehentlichen Raketenbeschuss durch den Iran als Ursache. Die Regierungen in Kanada und Grossbritannien haben nach eigenen Angaben entsprechende Informationen. Diese Theorie wird nach US-Medienberichten auch in den USA verfolgt. Immer mehr Staaten bieten dem Iran Unterstützung bei der Klärung der Absturzursache an oder fordern eine Beteiligung ein. Inzwischen steht fest, dass bei dem Unglück auch vier Menschen aus Deutschland ums Leben kamen.

Nach iranischen Angaben vom Freitag haben die Ermittlungen zur Klärung der Absturzursache begonnen. Iranische und ukrainische Experten hätten ihre Arbeit in einem Labor am Flughafen Mehrabad in Teheran aufgenommen, gab der Leiter der Luftfahrtbehörde, Ali Abedsadeh, im Fernsehen bekannt. Ihr Ziel sei die Auswertung der beiden schwer beschädigten Flugschreiber – des Flugdatenschreibers und des Aufzeichners der Geräusche in der Pilotenkanzel. Dabei geht es auch um die letzten Worte des Kapitäns.

Iran spricht von technischem Defekt
Das Flugzeug der Ukraine International Airlines mit 176 Menschen an Bord war am Mittwoch kurz nach dem Start in Teheran abgestürzt. Es war auf dem Weg nach Kiew. Niemand überlebte das Unglück. Nur kurz zuvor hatte der Iran zwei von US-Soldaten genutzte Stützpunkte im Irak mit Raketen angegriffen. Der Iran hatte Spekulationen über einen Abschuss zurückgewiesen und einen technischen Defekt als Ursache genannt. Unter den Absturzopfern waren 63 Menschen aus Kanada und mindestens 10 aus Schweden.

US-Spezialisten sollen sich an Aufklärung beteiligen können
Der Iran will Fachleute unter anderem aus den USA einbeziehen. Die Nationale Behörde für Transportsicherheit in Washington erklärte, dass sie sich an der Untersuchung beteilige. Paris bot technische Hilfe an. «Frankreich ist bereit, zu dem nötigen Gutachten beizutragen», sagte Aussenminister Jean-Yves Le Drian am Freitag im Sender RTL. Die Wahrheit müsse festgestellt werden.

Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven verlangte eine Beteiligung seines Landes. Länder, deren Staatsbürger bei dem Absturz ums Leben gekommen seien, müssten die Möglichkeit zur Beteiligung an den Ermittlungen sowie volle Einsicht darin erhalten, teilte sein Büro der Deutschen Presse-Agentur mit. Er sei sich in einem Telefonat mit Kanadas Premierminister Justin Trudeau am späten Donnerstagabend einig gewesen, dass Informationen zu einem vermuteten Abschuss durch den Iran «eine zügige, vollständige und transparente Untersuchung» noch notwendiger machten.

Trudeau: Beweise «sehr klar»
Trudeau sagte am Donnerstag, seine Regierung habe Informationen «von mehreren Quellen, von unseren Alliierten und eigene Informationen». Die Beweise seien «sehr klar». Grossbritanniens Regierungschef Boris Johnson sprach von einem «Korpus an Informationen», der auf einen Abschuss durch eine iranische Rakete hinweise.

Der US-Sender CBS berichtete, US-Geheimdienste hätten Signale von einem Radar empfangen, das eingeschaltet worden sei. US-Satelliten hätten ausserdem den Start von zwei Boden-Luft-Raketen kurz vor der Explosion des Flugzeugs entdeckt. CNN berichtete, der Theorie eines versehentlichen Abschusses durch den Iran lägen die Analyse von Satelliten-, Radar- und anderen elektronischen Daten zugrunde, die routinemässig vom US-Militär und den Geheimdiensten gesammelt würden.

Ukraine verlangt Beweise
Die Ukraine hat bereits eigene Experten in den Iran geschickt. Das Land verlangt Beweise für die Abschussthese. «Unser Ziel ist es, die unstrittige Wahrheit herauszufinden», sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Freitag in Kiew. Das sei auch die internationale Gemeinschaft den Familien der Opfer schuldig. Vor allem an die Regierungen von Kanada, Grossbritannien und den USA gerichtet sagte das Staatsoberhaupt weiter: «Wir rufen alle internationalen Partner (…) dazu auf, der Ermittlungskommission Daten und Beweise zu vorzulegen, die die Katastrophe betreffen.»

Der Leiter der iranischen Luftfahrtbehörde, Ali Abedsadeh, gab am Donnerstagabend im iranischen Fernsehen bekannt, dass der Iran auch Boeing-Fachleute aus den USA, Kanada und Frankreich an den Untersuchungen beteilige. Sollte es aus technischen Gründen nicht möglich sein, die Blackbox des Flugzeuges im Iran zu untersuchen, wären auch Untersuchungen im Ausland denkbar. Es sollten alle technischen Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, um die Absturzursache umgehend zu klären, sagte Abedsadeh. Die Vermutung, die Maschine sei von einem iranischen Raketenabwehrsystem getroffen worden, bezeichnete er als absurd. (awp/mc/pg)

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