Zermürbender Kampf um Bachmut

Zermürbender Kampf um Bachmut
Zerstörte Brücke in Bachmut.

Kiew – In der Schlacht um Bachmut wird die Lage für die ukrainischen Verteidiger nach Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj immer schwieriger. Auch Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar sprach am Montagabend davon, dass Russland in Bachmut eine «Taktik der Zermürbung und der totalen Zerstörung» gegen die ukrainischen Truppen verfolge. Die Ukrainer müssten sich eines zahlenmässig überlegenen Feindes erwehren.

«In Richtung Bachmut wird die Situation immer komplizierter», sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Er verknüpfte damit die Bitte um mehr Waffenlieferungen, auch für eine bessere Flugabwehr einschliesslich Kampfflugzeugen.

Die Ukraine wehrt sich seit über einem Jahr gegen die russische Invasion, am Dienstag ist der 370. Kriegstag. Finanzhilfe bekam das angegriffene Land bei einem Besuch der US-Finanzministerin Janet Yellen in Kiew zugesagt. Auch wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Ende dieser Woche Washington besucht, wird es nach Angaben des Weissen Hauses vor allem um den Krieg in der Ukraine gehen.

Verzweifelte Lage in Bachmut
«Der Feind zerstört ständig alles, was zur Verteidigung unserer Stellungen, zu ihrer Befestigung und Verteidigung dienen kann», sagte Selenskyj über die Kämpfe in Bachmut. Er nannte die ukrainischen Soldaten, die die Stadt im Donbass seit einem halben Jahr verteidigen, «wahre Helden».

Die ukrainische Armee verteidigt Bachmut in einer Abnutzungsschlacht, um möglichst viele russische Truppen zu binden und ihnen Verluste zuzufügen. Allerdings greifen die Russen nicht nur von Osten an. Sie haben sich auch im Norden und Süden der Stadt vorgearbeitet, so dass es für die Ukrainer nur noch eine freie Strasse für einen möglichen Rückzug gibt. Russland setzt in Bachmut neben regulären Soldaten vor allem die Söldnertruppe Wagner ein und setzt darauf, die Ukrainer zu zermürben. «Die feindliche Armee erhöht die Intensität ihrer Angriffsaktivitäten», schrieb Vizeministerin Maljar auf Telegram. Trotz schwerer Verluste seien die Feinde in der Überzahl. Die Angaben waren nicht unabhängig zu überprüfen.

Generalstab bestätigt verstärkte russische Angriffe
Der ukrainische Generalstab bestätigte verstärkte russische Angriffe auf die Frontstädte im Donbass. Im Lagebericht des Generalstabs vom Montagabend wurden neben Bachmut auch Angriffe auf Kupjansk, Liman, Awdijiwka und Wuhledar im Osten des Landes genannt. Die Attacken bei Awdijiwka, das dicht an Donezk liegt, und bei Wuhledar seien abgewehrt worden. Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium von einer Verstärkung der Offensive im Raum Donezk mit Artillerie und Luftangriffen berichtet.

Yellen bringt zehn Milliarden US-Dollar mit
US-Finanzministerin Yellen traf sich bei ihrem unangekündigten Besuch in Kiew mit Selenskyj und sicherte ihm weiteren Beistand der USA zu. Sie kündigte an, eine erste Tranche von 1,2 Milliarden US-Dollar (mehr als 1,1 Milliarden Euro) Wirtschaftshilfe freizugeben. Die USA wollen der der Ukraine in diesem Jahr insgesamt mit 10 Milliarden Dollar helfen. 2022 hatte Washington 13 Milliarden Dollar gegeben. In den Zahlen ist die militärische Unterstützung nicht mit einberechnet.

Selenskyj bedankte sich für die Unterstützung der USA seit Beginn des russischen Angriffskrieges. Ausländische Hilfe deckt in diesem Jahr mehr als die Hälfte des ukrainischen Staatshaushaltes. Die USA begrüssten auch, dass Saudi-Arabien bei einem Besuch seines Aussenministers in Kiew 400 Millionen US-Dollar Hilfe zugesagt habe.

Kanzler Scholz vor Reise in die USA
Bei dem anstehenden Treffen von Bundeskanzler Scholz mit US-Präsident Joe Biden in Washington am Freitag wird der Krieg in der Ukraine nach Angaben aus dem Weissen Haus zentrales Thema sein. «Ich denke, ich kann Ihnen guten Gewissens sagen, dass der Krieg in der Ukraine ohne Frage ein Hauptthema der Diskussion sein wird», sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. Deutschland habe sich stark engagiert und seine Unterstützung sinnvoll ausgebaut, wie jüngst etwa die Zusage von Leopard-2-Panzern gezeigt habe.

Allerdings gab es zuletzt widersprüchliche Darstellungen aus dem Weissen Haus und dem Kanzleramt, wie die Zusage von Kampfpanzer-Lieferungen an die Ukraine zustande gekommen war. Ein Sprecher der Bundesregierung dementierte, Scholz habe die Lieferung deutscher Leopard-Panzer von der Bereitstellung von Abrams-Panzern durch die USA abhängig gemacht. Dies hatte Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan gesagt.

Das bringt der Tag
In Helsinki beginnt das finnische Parlament am Dienstag mit der abschliessenden Debatte über den Beitritt des EU-Landes zur Nato. Abgestimmt wird vermutlich am Mittwoch. Unter dem Eindruck des russischen Angriffs hatten die lange Jahrzehnte neutralen Nachbarn Finnland und Schweden entschlossen, sich dem Verteidigungsbündnis anzuschliessen. Entscheidend dafür ist die Zustimmung aller Nato-Mitgliedstaaten – nur die Türkei und Ungarn haben den Anträgen beider Länder noch nicht zugestimmt.

Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko, ein Verbündeter Russlands, besucht am Mittwoch Peking. Auch China gibt Moskau Rückendeckung im Krieg gegen die Ukraine, hat zuletzt aber eine Art Friedensplan vorgelegt. Dieser wurde von Russland begrüsst, von der Ukraine und ihren westlichen Verbündeten indes skeptisch aufgenommen. (awp/mc/ps)

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