Andreas Widmer, CEO WWZ AG, im Interview

Andreas Widmer, CEO WWZ AG, im Interview
Andreas Widmer, CEO WWZ. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Widmer, das WWZ-Telekom-Netz ist ein Hybrid aus Glasfaser- und Koaxialkabeln. Letztere überbrückten die paar Meter vom Verteilkasten im Quartier bis ins Gebäude und werden jetzt sukzessive ersetzt. Was bringt das in der Endabrechnung?

Andreas Widmer: Unsere Netzausbaustrategie basiert auf dem Prinzip «Evolution statt Revolution». Im Mittelpunkt steht dabei, allen unseren Kunden top Internetspeed anzubieten – unabhängig davon, ob sie in städtischen oder ländlichen Gebieten an unser Glasfaserkabelnetz angeschlossen sind. Diese Strategie ist wesentlich günstiger, als flächendeckend auf FTTH (A.d.R.: FTTH=Glasfaser bis ins Haus) zu setzen; FTTH setzen wir heute beim Anschluss von Neuliegenschaften ein. Vor allem aber können wir so den Leistungsvorteil des Glasfaserkabelnetzes flächendeckend ausschöpfen.

Können Sie Kunden an jedem Anschluss Bandbreiten von 500 Mbit/s anbieten?

Ja. Dank dieser Leistungsfähigkeit sind wir optimal positioniert für die steigende Zahl und Vielfalt internetbasierter Streaming- und interaktiver TV-Angebote. Nicht weniger wichtig ist aber: Wir können damit auch sehr günstige Einsteigerpakete schnüren. Unser Grundangebot (Quickline Start) beispielsweise beinhaltet bereits einen 50-Mbit-Internetanschluss.

Wann werden alle Arbeiten abgeschlossen sein?

Das aktuelle 1-GHz-Netzupgrade läuft seit Mitte 2018, und die Arbeiten in einem Grossteil unserer Netze in den Kantonen Zug, Zürich und Luzern sind bereits abgeschlossen. Die verbleibenden Netze werden wir bis Ende des kommenden Jahres modernisiert haben.

«Die verbleibenden Netze werden wir bis Ende des kommenden Jahres modernisiert haben.»
Andreas Widmer, CEO WWZ AG

Was merkt der Benutzer dann?

In wenigen Wochen schon wollen wir im ganzen Netz Bandbreiten von 1 Gbit/s lancieren – selbstverständlich flächendeckend. Nach Abschluss des Netzupgrades werden wir zudem auch alle Upstream-Bandbreiten erhöhen – teilweise beträchtlich. Während unsere FTTH-Kunden schon heute von symmetrischen Up- und Downstream-Bandbreiten profitieren, werden dann auch unsere Kunden am Glasfaserkabelnetz in den Genuss sehr hoher Upstream-Raten kommen.

Starke Marktdurchdringung der Haushalte mit Internet begrenzt die Wachstumschancen. Welche Zusatznutzen kann die WWZ verkaufen, um dennoch zuzulegen?

Im gesättigten Telekom-Markt ist ein überzeugendes Preis-Leistungs-Verhältnis das A und O. Erst wenn das stimmt – und davon bin ich bei unseren Angeboten überzeugt – dann machen Value-added-Dienste Sinn. Zusatzdienste, die wir heute anbieten, sind beispielsweise Security-Pakete, damit sich Kunden nicht um Virenschutz und Firewall-Themen zu kümmern brauchen oder Plume, eine smarte WLAN-Lösung für die eigenen vier Wände. Anders als traditionelle Repeater, die Signale einfach eins zu eins verstärken, ist Plume intelligent und verlagert die WLAN-Leistung dynamisch dorthin, wo sie gerade gebraucht wird.

Meine Prognose ist, dass Telekomdienste in Zukunft mit vielfältigen Smart-Living-Services kombiniert und dazu beitragen werden, dass digitale Intelligenz in unserem täglichen Leben immer mehr Fuss fasst. Vor allem auch – und dass macht das Thema für uns als Querverbundunternehmen besonders spannend – in Kombination mit Energie-Services.

Der Umsatz des Telecom-Verbundes Quickline, in dem die WWZ tragendes Mitglied ist, stagniert. Meinen Sie, dass durch die Quickline UHD-Box wieder TV-Kunden gewonnen werden können?

Absolut. Wir orten für die Kabelnetzbranche im Moment zwei Hauptwachstumsmärkte: Mobiltelefonie und interaktives Fernsehen. Wenn auch Live-TV noch immer dominiert – das zeitversetzte Fernsehen gewinnt mehr Zuspruch. Nicht zuletzt, weil auf Plattformen wie unserer Quickline-TV-Box auch OTT-Content, also Over-the-top-Angebote (A.d.R.: Verkauf von Video- und Audioinhalten über Internetzugänge wie Netflix) ganz einfach integriert werden können. Damit wird die Box gewissermassen zum Multimedia-Hub für zuhause.

Im Bereich Telekommunikation sollen vor allem Mobilfunk und das gerade erwähnte interaktive Fernsehen Gewinne abwerfen. Im jetzt abgeschlossenen Halbjahr gewann Quickline 38% neue Mobilfunkkunden. Blieb die Marge solide?

Für die anderen Mitglieder im Quickline-Verbund kann ich zwar nicht sprechen, bei WWZ aber ist das der Fall: Der Mobilebereich wächst ausserordentlich erfreulich bei stabiler Marge.

In den 1980er-Jahren war das WWZ-Stromnetz rund 900 Kilometer lang, ein Drittel davon waren Freileitungen. Mittlerweile ist das Netz auf über 2200 Kilometer gewachsen, der Freileitungsanteil hingegen liegt nur noch bei vier Prozent. Wird es bald gar keine Freileitung mehr geben?

Ein eigentliches Null-Freileitungs-Ziel verfolgen wir nicht. Die Verkabelung von Freileitungen trägt aber bedeutend zur Versorgungssicherheit bei. Die Infrastrukturen werden damit vor Witterungseinflüssen geschützt. Darum verlegen wir unsere Nieder- und Mittelspannungsleitungen schrittweise in den Boden – nicht auf Teufel komm raus, vielmehr gehen wir bedarfs- und lebenszyklusorientiert vor: Ist ein Freileitungsstrang besonders exponiert und störungsanfällig, müssen altersbedingt Holzmasten ersetzt werden oder muss aufgrund eines Bauvorhabens eine Leitung verschoben werden, dann fassen wir die Verkabelung ins Auge.

«Die regionale Stromproduktionslandschaft ist für die Strompreisgestaltung insgesamt kaum von Bedeutung.»

Letztes Jahr führte die enorme Trockenheit zu tiefen Wasserständen der Lorze, was zu einem Absacken der Energieproduktion um ein Drittel führte. Ich nehme an, in diesem Jahr sieht es wieder deutlich besser aus?

Ja, das ist so. Die rekordtiefen Wasserpegel 2018 hatten zur Folge, dass in unseren sieben Wasserkraftwerken über Monate kein Wasser turbiniert werden konnte. Letztes Jahr normalisierte sich die Situation wieder, und wir konnten die Energieproduktion um rund 60 Prozent steigern.

Wieso steigen die Strompreise dennoch um acht Prozent?

Die regionale Stromproduktionslandschaft ist für die Strompreisgestaltung insgesamt kaum von Bedeutung. Sie macht in unserer Region nur rund fünf Prozent des Stromabsatzes aus. Einen Grossteil des Energiebedarfs beschaffen wir aus anderer Produktion. Seit dem historischen Tief von Anfang 2017 ist der Strompreis auf den Energiemärkten kontinuierlich stark gestiegen, was sich auf unsere Beschaffungskosten auswirkt. Unser Beschaffungsportfolio besteht jedoch aus lang- und kurzfristigen Verträgen, und dank dieser Diversifizierung konnten wir den Preisanstieg für unsere Kundinnen und Kunden unter der Marktpreisentwicklung halten. Ein weiterer, wenn auch weniger gewichtiger Kostentreiber für 2020, sind die höheren Netzkosten, die vor allem auf die vom Bund geforderte Umrüstung auf Smartmeter zurückzuführen sind. Vor rund einem halben Jahr haben wir mit dem Rollout dieser intelligenten Stromzähler gestartet und planen, alle 70’000 Zähler in unseren Stromnetzen bis 2024 umzurüsten.

«In wenigen Wochen werden das gesamte Metalli-Areal sowie weitere Liegenschaften mit Wärme und Kälte aus dem Zugersee versorgt.»

Können die ersten Quartierzentralen des Wärmepumpengrossprojekt Circulago planmässig in Betrieb gehen?

Wir sind auf Kurs. Das Verteilnetz, das wir unter der Stadt Zug gebaut haben, läuft bereits im Probebetrieb, und in wenigen Wochen wollen wir auch die Quartierzentrale im Einkaufszentrum Metalli in Betrieb nehmen. Ab dann werden das gesamte Metalli-Areal sowie weitere Liegenschaften mit Wärme und Kälte aus dem Zugersee versorgt. Parallel dazu bauen wir im Moment die Erschliessungsleitung für weitere Gebäude in diesem Gebiet. Die Inbetriebnahme einer zweiten Quartierzentrale ist ebenfalls für dieses Jahr geplant – diese wird das Gebiet Lauried- und, zu einem späteren Zeitpunkt, das Gebiet Haldenstrasse versorgen.

Von den Schweizer Versorgern hat die WWZ Gruppe eine der höchsten EBIT-Margen. Das lässt natürlich traumhafte Spielräume. Was ist Ihr liebstes Zukunftsprojekt?

Da könnte ich Ihnen etliche nennen. Technisch gesehen ist sicherlich unser Energieverbund Circulago ein äusserst spannendes Generationenprojekt. Aber auch die Entwicklung bei der Elektromobilität, die wir in der Region aktiv mitgestalten, oder Smart-City-Themen sind äusserst spannende Zukunftsfelder. Fakt ist: Energie und Telekommunikation konvergieren. Damit geht ein tiefgreifender Wandel durch die Branche, und Unternehmen wie WWZ werden sich vom Infrastrukturbetreiber weg hin zum Dienstleister verändern. Unsere Angebote werden smarter, integrierter, und der Fokus verschiebt sich zu den Kunden. Und damit zu Kundenbedürfnissen, die weit über das selbstverständliche «Lichtschalter drücken, Licht geht an» hinaus gehen. WWZ wird sich von einer Versorgerin hin zu einer innovativen Dienstleisterin entwickeln, das ist mein liebstes Zukunftsprojekt.

 
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