Benedikt Goldkamp, CEO Phoenix Mecano

Benedikt Goldkamp, CEO Phoenix Mecano
Benedikt Goldkamp, VR-Präsident Phoenix Mecano (Foto: Phoenix Mecano)

Benedikt Goldkamp, CEO Phoenix Mecano (Foto: Phoenix Mecano)

von Christa Spoerle

Moneycab: Herr Goldkamp, für Phoenix Mecano dürfte 2012 wohl kein Glanzjahr gewesen sein. Trotzdem erwähnten Sie im Bericht zum dritten Quartal, dass der Abwärtstrend keinerlei Ähnlichkeiten mit der Krise 2009 besitze. Welches sind denn die wichtigsten Unterschiede?

Benedikt Goldkamp: 2009 war für die Industrie so schockierend, weil der Abbruch so plötzlich und unerwartet kam. Eigentlich war die Zäsur Ende September 2008, damals wurden funktionierende Versorgungsketten plötzlich gekappt und langfristige Aufträge schlagartig storniert. Jeder versuchte, seine Risiken so schnell wie möglich abzubauen und möglichst viel Cash zu horten. Die Diskussion drehte sich damals hauptsächlich darum, zu entscheiden, wo man Cash überhaupt noch sicher parkieren konnte. Heute haben wir es mit einer normalen konjunkturellen Schwächephase zu tun. Die Marktteilnehmer meinen überwiegend, die Ursachen wie die Euro-Staatsschuldenkrise und weitere Faktoren zu verstehen. Von Panik ist nichts zu spüren, und der Abwärtstrend ist, soweit vorhanden, sehr schwach ausgeprägt.

Sie optimieren die Geschäftsprozesse im Rahmen des Programms J20X.  Was dürfen wir uns genau darunter vorstellen?

Das Programm „Our Journey Towards Operational Excellence – J2OX“ fördert eine Führungs- und Arbeitsphilosophie, die durch das Streben nach Perfektion und kontinuierlicher Verbesserung von Prozessen in allen Bereichen der Phoenix MecanoGruppe gekennzeichnet ist. Mit J2OX integrieren wir bewährte Methoden zur Optimierung von Prozessen wie z.B.  Lean Manufacturing, Lean Management, Six Sigma oder Total Quality Management zu einer übergeordneten Unternehmensphilosophie. Im Zentrum von J2OX steht ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess basierend auf strukturierter, funktionsübergreifender Problemlösung im Team; das Wissen und Können aller Mitarbeiter wird mobilisiert, mit dem Ziel, sämtliche Verluste und Verschwendungen zu vermeiden. J2OX bezweckt langfristig einen stetigen Kulturwandel in unserer Organisation. Wir verzichten bewusst in diesem Zusammenhang auf die Quantifizierung kurzfristiger Einsparungsziele, da diese dem langfristigen Ziel einer Kulturveränderung entgegenstehen können.

Im September sprachen Sie von einem erwarteten EBIT 2012 von 32 bis 37 Mio Euro , ist das noch ein realistisches Ziel?

Wie Sie unserem Pressecommunique vom 21. Dezember 2012 entnehmen können, ist der Verwaltungsrat zur Einschätzung gelangt, dass aufgrund der gestiegenen Volatilität des Geschäftsganges sowie weiterer Faktoren die in Aussicht gestellte Bandbreite für das Betriebsergebnis nach Sonderfaktoren verfehlt werden könnte. Der freie Cashflow und die starke Bilanz mit einer Eigenkapitalquote von über 60% ermöglichen jedoch problemlos ein Festhalten an der auf Kontinuität angelegten Dividendenpolitik.

«Für 2014 ist es, eine normale Konjunkturentwicklung vorausgesetzt, realistisch, für alle drei Sparten eine Vorsteuerrendite auf das eingesetzte Kapital von 15% oder mehr zu erwarten.»
Benedit Goldkamp, CEO Phoenix Mecano 

Wann könnten Sie sich vorstellen, wieder eine EBIT-Marge von 10,5% zu erreichen?

Zunächst einmal ist eine bestimmte EBIT-Marge keine Zielgrösse für Phoenix Mecano, da die Märkte, in denen wir tätig sind, unterschiedliche Margenpotentiale aufweisen und eine Durchschnittsmarge abhängig von organischem und akquisitorischem Wachstum sehr unterschiedlich ausfallen kann. Hingegen müssen alle Geschäftsbereiche unserer Gruppe mittel- und langfristig ihre Kapitalkosten erwirtschaften. Derzeit erreichen das die Sparten Mechanische Komponenten und Gehäusetechnik, während die Sparte ELCOM/EMS aufgrund des kollabierten Marktes für Photovoltaikkomponenten Hausaufgaben zu machen hat. Für 2014 ist es, eine normale Konjunkturentwicklung vorausgesetzt, realistisch, für alle drei Sparten eine Vorsteuerrendite auf das eingesetzte Kapital von 15% oder mehr zu erwarten. Mit dem heutigen Produktemix der drei Sparten entspräche das einer EBIT-Marge von über 10%.

Ist der Preis der wichtigste Entscheidungsfaktor auf ihren Märkten?

Das ist glücklicherweise nicht der Fall. Wegen unserer Innovationsfähigkeit und unserer Flexibilität, auf spezifische Kundenbedürfnisse einzugehen, ist dies auch für die Zukunft nicht zu erwarten. Allerdings spüren wir, dass unsere Kunden in der Schweiz und auch im Ausland auf der Kostenseite unter Druck stehen. Daher müssen wir uns anstrengen, sie bei der Erreichung ihrer Kosten- und Einsparungsziele zu unterstützen.

An der langfristigen Wachstumsstrategie soll festgehalten werden. Wie lauten Ihre wichtigsten Ziele und wie sehen die Investitionspläne für die kommenden Jahre aus?

Wir halten uns gern die Optionen offen und planen daher nur für einzelne Geschäftssegmente über zwölf Monate hinaus. Das gilt in Restrukturierungssituationen und auch im Falle besonderer Produktinnovationen, deren Markteinführung mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Der grösste Teil unseres Geschäftsvolumens wird nur auf zwölf Monate geplant. Wir wissen doch alle nicht, was in zwei oder drei Jahren sein wird. Das gleiche gilt für Investitionen. Wir investieren langfristig, um die Substanz der Gruppe zu erhalten. Aber warum soll ich einen Maschinenkauf in drei Jahren planen, wenn  die Maschine noch gar nicht auf dem Markt ist. Wir bleiben auch hier lieber flexibel. Genug Geld für Wachstumsschritte ist vorhanden, warten wir also ab, wie sich die Dinge entwickeln.

«Wir halten uns gern die Optionen offen und planen daher nur für einzelne Geschäftssegmente über zwölf Monate hinaus.»

Könnten Sie sich weitere Akquisitionen vorstellen? In welchen der drei Sparten? 

Grundsätzlich sind Akquisitionen in allen drei Unternehmenssparten vorstellbar. Wichtig ist, dass das Zielunternehmen einen strategischen Mehrwert bietet und von unseren Möglichkeiten als global aufgestellter Industriekonzern profitieren kann; sowohl auf der Produktions- und Einkaufsseite wie auch beim weltweiten Vertrieb seiner Produkte. Denn wir wollen nicht durch Financial Engineering, sondern durch Wachstum und operative Verbesserungen Mehrwert für unsere Aktionäre erzielen. Akquisitionskandidaten sollten aber nicht so gross sein, dass sie die Gruppe bei Problemen in Schieflage bringen können, da Akquisiitonen  immer mit besonderen Risiken verbunden sind.

In welchen Produktbereichen orten Sie das grösste Wachstumspotenzial in den kommenden Jahren?

Das hängt von einer Reihe von Faktoren ab und unterliegt einem stetigen Änderungsprozess. Aus heutiger Sicht sehen wir attraktive Wachstumsmöglichkeiten für die Sparte Mechanische Komponenten bei elektrisch verstellbaren Komfort- und Pflegemöbeln, bedingt durch die demographische Entwicklung der Babyboomer Generation in den Industrieländern. Andere Wachstumspotentiale sehen wir in der Erschliessung der Überseewachstumsmärkte in Fernost, zum Beispiel in China oder auch Indien.

Trifft der Ausbau vor allem nach China und Indien alle Produktgruppen? Welche Bedeutung besitzt der Produktionsstandort Schweiz für PM?

Der Ausbau in China und Indien betrifft alle drei Sparten der Gruppe. Dabei geht es darum, in den Fernostmärkten für die Fernostmärkte zu produzieren. Dafür sprechen viele Gründe, insbesondere Lieferzeiten, Transport- und Zollkosten, aber auch die Fähigkeit, Produkte flexibel und schnell an die lokalen Gegebenheiten anzupassen. Nicht zuletzt ist ein solcher Ansatz auch unter ökologischen Aspekten nachhaltiger. Eine unmittelbare Auswirkung auf den Produktionsstandort Schweiz ergibt sich insoweit nicht. Diese wäre lediglich dann vorstellbar, wenn unsere Schweizer Kunden ihre Produktion nach Fernost verlagerten und von uns verlangten, anstatt in der Schweiz in Fernost direkt von uns beliefert zu werden. Einen solchen Trend erkennen wir im grossen Stil derzeit jedoch nicht.

Könnten Sie sich denn auch einen neuen Bereich innerhalb Ihres Unternehmens vorstellen oder eine Trennung von einem der angestammten?

Wir sind glücklich mit unserer derzeitigen Aufstellung, lediglich im Bereich Photovoltaik (Sparte ELCOM/EMS) werden wir im kommenden Jahr aufgrund des kollabierten Marktes für Photovoltaikanlagen Kapazitäten reduzieren. Allfällige Akquisitionen würden wir aus heutiger Sicht innerhalb der bestehenden Sparten tätigen.

«Aufgrund des kollabierten Marktes für Photovoltaikanlagen werden wir die Kapazitäten reduzieren.»

Was dürfen die Aktionäre erwarten. Wird das laufende Aktienrückkaufprogramm voraussichtlich den längsten Weg bis Februar 2015 nehmen? Sind Dividenden in der Grössenordnung vergangener Jahre weiterhin möglich?

Unser Ziel ist die langfristige Schaffung von Aktionärsmehrwert. Dazu gehört gerade in der heutigen Zeit der historisch tiefen Zinsen auch eine auf Kontinuität und Nachhaltigkeit ausgerichtete Ausschüttungspolitik. Der Dividendenvorschlag bleibt dem Verwaltungsrat vorbehalten. Unser hoher Cashflow und die starke Bilanz ermöglichen aber aus meiner Sicht auch weiterhin problemlos Dividenden in der Grössenordnung der vergangenen Jahre. Das Aktienrückkaufprogramm ist auf drei Jahre ausgelegt und wird, abhängig von der Situation der Finanzmärkte, in diesem Zeitraum abgewickelt. Eine beschleunigte Umsetzung ist nicht auszuschliessen, hängt jedoch von vielen Faktoren, einschliesslich der Lage an den Finanzmärkten und der Geschäftsentwicklung von Phoenix Mecano, ab.

Haben Sie sich persönliche Ziele für 2013 gesetzt?

Mein Hauptziel ist es, die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft unseres Unternehmens in den nächsten 5, 10 und auch 20 Jahren stellen. Das Wichtigste dabei ist, der Unternehmensgruppe die Fähigkeit zu erhalten, sich auf ständig wechselnde Rahmenbedingungen einzustellen. Das erscheint mir im Hinblick auf die immer kürzer werdenden Zyklen der Weltwirtschaft unverzichtbar zu sein.

Herr Goldkamp, herzlichen Dank für das Interview.

Der Gesprächspartner:
Benedikt A. Goldkamp, Jahrgang 1969, ist der Sohn des Firmengründers Dr. Hermann Christian Goldkamp. Er erwarb neben einem Diplom in Finanzwirtschaft auch einen Master of Business Administration an der amerikanischen Duke University. Seit dem Jahr 2000 ist er Mitglied des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung der Phoenix Mecano, die er als Delegierter und CEO ab 1. Juli 2001 führt. Zuvor hat er sich seine Sporen als Strategieconsultant bei McKinsey und als Geschäftsführer der gruppeneigenen Produktionsgesellschaft in Ungarn, sowie in verschiedenen Reorganisationsprojekten für Phoenix Mecano verdient.

Das Unternehmen:
Phoenix Mecano ist ein global aufgestelltes Technologieunternehmen in den Bereichen der Gehäusetechnik und industriellen Komponenten und in vielen Märkten führend. Einsatzgebiete der Produkte sind unter anderem Maschinen- und Anlagenbau, Mess- und Regeltechnik, alternative Energien, Medizintechnik, Luft- und Raumfahrttechnik sowie Wohn- und Pflegebereich. Phoenix Mecano ist organisiert in die drei Sparten Gehäusetechnik, ELCOM/EMS und Mechanische Komponenten. Das Unternehmen beschäftigte 2011 weltweit 6‘152 Mitarbeiter und erzielte einen Umsatz von 530 Mio EUR. Seit 1988 ist Phoenix Mecano an der SIX Swiss Exchange kotiert.

Firmeninformationen bei monetas 

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