Bruno Stiegeler, CEO Bank WIR, im Interview

Bruno Stiegeler, CEO Bank WIR, im Interview
Bruno Stiegeler, CEO Bank WIR. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Stiegeler, die Bank WIR lockt bei Sparkonto plus mit 1,80 Prozent Zins bis 500’000 Franken. Wieso verzichten Sie auf Marge im Zinsdifferenzgeschäft?

Bruno Stiegeler: Das von ihnen angesprochene Produkt ist für uns ein Riesenerfolg und hat uns sehr viele neue Privatkundinnen und -kunden eingebracht. Und genau die Kundschaft steht bei diesem Verzicht auf die Zinsmarge im Zentrum: Wir lösen unser Missionsversprechen, bei den Spar- und Vorsorgelösungen schweizweit Top-Konditionen anzubieten, einmal mehr nachhaltig ein. Ich bezeichne es als Gegen-den-Strom-Schwimmen, was sich auszahlen wird: Im Gegensatz zur gängigen Praxis in der Finanzbranche haben wir die Erhöhungsschritte der Schweizerischen Nationalbank fürs Sparen und Vorsorgen konsequent weitergeben und wenden gleichzeitig auf der Kreditseite bei den Geldmarkthypotheken – ebenfalls entgegen dem «Mainstream» – einen sehr kundenfreundlichen und transparenten Zinsmechanismus an.

Bei der Mehrwert-Hypothek WIR zahlen Sie dem Schuldner sogar einen Zins. Wie erklären Sie dieses Produkt dem «Ungläubigen» in einem Satz?

WIR-Kredite sind traditionell günstiger als Finanzierungen in Schweizer Franken. So kostet eine variable Hypothek – egal in welchem Zinsumfeld – nie mehr als 1,75 Prozent; und sie tat dies beispielsweise auch in der Hochzinsphase der 1990er-Jahre nicht. Umgekehrt wollten wir in der Tief- und Negativzinsphase der vergangenen Jahre diesen Zinsvorteil dem WIR-KMU-Netzwerk ebenfalls anbieten. Wird eine Neufinanzierung mit der Mehrwert-Hypothek WIR abgeschlossen, fliesst dieses Geld ja direkt ins WIR-System und fördert so Schweizer KMU – entsprechend geht die Rechnung für alle Beteiligten unter dem Strich auf.

«Im Gegensatz zur gängigen Praxis in der Finanzbranche haben wir die Erhöhungsschritte der Schweizerischen Nationalbank fürs Sparen und Vorsorgen konsequent weitergeben.»
Bruno Stiegeler, CEO Bank WIR

Werden Sie die Negativ-Hypothek von minus 0,5% im jetzigen Zinsumfeld denn durchhalten können?

Die Mehrwert-Hypothek WIR wird dieser Tage von einem attraktiven Startangebot abgelöst, das bei Neufinanzierungen in WIR für die ersten drei Jahre keine Zinsbelastung mit sich bringen wird – null Prozent! Gerade im Mix mit einer Schweizer-Franken-Hypothek ergibt dies für alle Kreditnehmenden einen klaren Konditionsvorteil. Und auch danach gilt der vorhin angesprochene Zinsvorteil gegenüber Schweizer-Franken-Finanzierungen: Ein WIR-Kredit ist immer maximal halb so teuer – und bei den erwähnten 1,75 Prozent nach oben gedeckelt.

Etwas gewöhnungsbedürftig ist sicherlich die Bearbeitungsgebühr von 250 Franken bei Neuhypotheken und Ausstieg…

Gebühren im Zusammenhang mit dem nicht selten komplexen Finanzierungsgeschäft sind längst branchenüblich – und für uns Teil unserer transparenten und fairen Angebote und der damit verbundenen Kommunikation.

Helfen Ihnen die günstigen Baukredite in WIR-Währung die Akzeptanz von WIR-Geld zu erhöhen?

Die WIR-Währung ist in Zeiten von niedrigen Zinsen und einer florierenden Wirtschaft etwas in den Hintergrund gerückt – daraus machen wir keinen Hehl. Die Zinswende hat – eben durch den erwähnten Zinsvorteil gegenüber dem Schweizer Franken – wieder für mehr Interesse gesorgt, sollten sich je nach Branche die Anzeichen eines etwas ins Stottern geratenden Marktes verstärken, wäre auch ein zweites Argument für den Einsatz von WIR gegeben: günstig finanzieren und dadurch Geld in den KMU-Kreislauf geben.

«Wir haben wir zwei grosse digitale Projekte im Köcher, die im kommenden Jahr «live» gehen werden.»

Der Sachaufwand stieg im ersten Halbjahr 2023 um 15,1 Prozent auf 15 Millionen Franken. Wie wollen Sie am stärksten expandieren?

Das grösste Thema ist bei uns, wohl wenig überraschend, die Digitalisierung – und zwar in Bezug auf neue Produkte und Dienstleistungen für unsere Kundschaft, aber auch intern, wie aktuell gerade mit der Umsetzung der Cloud-Strategie. Diese wiederum ermöglicht es uns, künftig ungebunden an Zeit und Ort unseren KMU den optimalen Service zu bieten. Gleichzeitig haben wir zwei grosse digitale Projekte im Köcher, die im kommenden Jahr «live» gehen werden.

Die volldigitale Wertschriften-Vorsorgelösung VIAC konnte in einem halben Jahr fast fünf Prozent neue Kunden gewinnen. Ist das der grosse Wachstumstreiber?

VIAC ist punkto Kundengewinnung natürlich ein grosser Treiber, gleichzeitig sind dort aber auch punkto Angebotspalette noch längst nicht alle Kapitel geschrieben.

Gemessen an den Eigenmittelvorschriften nach Basel III liegt das BIZ-Ratio per Mitte Jahr bei 15,8 Prozent und damit deutlich über den regulatorischen Anforderungen und damit noch einmal 0,4% höher im Jahresvergleich. Soll es weiter steigen oder gleichbleiben?

Die finanzielle Stabilität ist oberste Prämisse unserer rein schweizerischen Genossenschaftsbank. Ich bezeichne diese in der internen Kommunikation gerne als «sackstark» – salopp, aber auf den Punkt gebracht. Dass wir mit diesen Werten auch unsere Kapitalgebenden Jahr für Jahr überzeugen können, freut mich besonders. In Zahlen drückt sich dies im Wert des Beteiligungsscheins aus, der seit Jahresbeginn um rund drei Prozent zugelegt hat, die Ausschüttung der Dividende noch nicht einmal berücksichtigt.

«Die Tour de Suisse präsentiert eine Sportart, die in jeder Beziehung zu unserer Bodenständigkeit passt.»

Die Bank WIR ist Premium Partner der Tour de Suisse. Ist der professionelle Radsport überhaupt noch ein Sympathieträger?

Die Antwort auf diese Frage haben wir an der Tour de Suisse selbst erlebt, die Begeisterung in der Bevölkerung ist nach wie vor riesengross. Die Tour präsentiert eine Sportart, die in jeder Beziehung zu unserer Bodenständigkeit passt – und mit dem Sponsoring des Bergpreistrikots bei den Männern und den Frauen haben wir bewusst den Bogen zu den Spitzen-Konditionen auf unseren Spar- und Vorsorgeprodukten geschlagen. Kommt hinzu, dass mit der Tour de Suisse – in diesem Jahr 90 Jahre alt geworden – und die Bank WIR mit Gründungsjahr 1934 zwei traditionelle Schweizer Institutionen zusammengefunden haben.

Wie viele neue Genossenschaftler hat die Bank WIR auf Jahressicht gewonnen?

Die Öffnung der Genossenschaftsbank für alle Kundinnen und Kunden hat in etwa zu einer Verdopplung geführt – aktuell zählt die Bank WIR knapp 4000 Genossenschafterinnen und Genossenschafter. Die Modernisierung, Vereinfachung und Öffnung der Bank war ein wichtiger Schritt, der uns zusätzliche Flexibilität verleiht.

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