Patric Maerki, Regional VP EMEA Central von Hitachi Vantara, im Interview

Patric Maerki, Regional VP EMEA Central von Hitachi Vantara, im Interview
Dr. Patric Maerki, Regional VP EMEA Central von Hitachi Vantara

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Maerki, seit eineinhalb Jahren leiten Sie die Region Zentral-EMEA bei Hitachi Vantara (DACH, CEE, Israel, Zypern, Malta). Welche gemeinsame Strategie kann es für solch unterschiedliche Länder geben, wo sehen Sie das grösste Entwicklungspotential?

Patric Maerki: Die Unternehmen in diesen Ländern haben teilweise unterschiedliche Reifegrade, variieren bei den Dienstleistungen, die sie von uns beziehen aber verfolgen im Bereich der Datenhaltung im Wesentlichen ähnliche Ziele. Wachstumspotenzial sehen wir entlang unseres gesamten Lösungsangebotes. Die Digitalisierung spielt uns dabei in die Hände.

«Die Integration von Hitachi Vantara und Hitachi Consulting verbindet unsere Expertise in den Bereichen Data Center, Data Operations und digitale Transformation mit der Industrieexpertise der Dienstleistungseinheit.» Patric Maerki, Regional VP EMEA Central von Hitachi Vantara

Die Strategie zwischen den Ländern unterscheidet sich unwesentlich. Sehr häufig beobachten wir regulatorische Unterschiede, beispielsweise wenn es um Public Cloud geht, die oft industriespezifisch sind. Wir können unsere Kunden in allen Ländern gleichermassen auf der gesamten Wegstrecke der Datenbewirtschaftung begleiten, damit sie Wertschöpfungspotenziale nutzen können. Das tun wir einerseits mit Partnern, von denen viele auch eine sehr lokale Verankerung im Markt haben. Andererseits bedienen wir Kunden auch direkt.

Hitachi Vantara selbst ist eine relativ junge Einheit im Konzern. Entstanden im September 2017 aus den Einheiten Hitachi Data Systems (Infrastruktur und Speicherlösungen), Pentaho (Analyse, Business Intelligence) und Hitachi Insight Group (Internet der Dinge) befindet sich Ihr Unternehmen in einem Umbruchsprozess. Übernahmen, Zusammenlegung mit Hitachi Consulting…, wie kann man ein sich so schnell änderndes Gebilde noch managen, wie reagieren die Kunden auf so viel Veränderung?

Der von Ihnen beschriebene Umbruchsprozess eröffnet uns viele Möglichkeiten: Ob der Kunde Datensysteme von uns bezieht und selber betreiben möchte oder ob wir diese Systeme „as a Service“ anbieten gehört genauso zu unseren Möglichkeiten wie die Migration von Applikationen in die Public Cloud. Neben der Speicherung stellen wir auch die Datenbereinigung (Homogenisierung) und -integration, die Metadatenklassifizierung und die Katalogisierung sicher, um den Kontext für intelligentes Datenmanagement und die Datagovernance bereitzustellen.

Die Integration von Hitachi Vantara und Hitachi Consulting verbindet zudem unsere Expertise in den Bereichen Data Center, Data Operations und digitale Transformation mit der Industrieexpertise der Dienstleistungseinheit. Von dieser Zusammenlegung versprechen wir uns wesentliche Vorteile in IoT-Projekten, in dem wir digitale Lösungen rascher einsetzen und Co-Creation Kapazitäten ausbauen können. Wir sind somit der „digitale Arm“ des Hitachi Konzerns.

«Der Cloud-Anteil ist noch geringer als unsere klassisches Storagegeschäft , aber wir registrieren einen stark wachsenden Anteil von Cloudlösungen gegenüber dem herkömmlichen Geschäft.»

Das Management dieser Veränderung ist allerdings nicht zu unterschätzen. Unsere Industrie ist aber hinsichtlich Veränderungsgeschwindigkeit kaum mit einer anderen vergleichbar. Die dazu notwendige Veränderungsbereitschaft wiederum ist längst in der DNA unserer Mitarbeitenden.

Das Feedback aus dem Markt und vor allem von unseren Kunden ist positiv. All diese Veränderungen leiten wir schliesslich ein, um den Kunden umfassender und besser bedienen zu können.

In der Schweiz wurde Hitachi vor allem mit seinen Speicherlösungen bekannt. Wie entwickelt sich dieses Geschäft in Zeiten, in denen zunehmend auch Speicherlösungen in die Cloud wandern und als Dienstleistungen angeboten werden?

Das Geschäft mit den Speicherlösungen wächst nach wie vor stark. Einerseits treibt die Digitalisierung den Bedarf unserer Kunden enorm, anderseits braucht auch der Cloud-Anbieter Speicher. Jedes Bit und Byte muss am Ende des Tages irgendwo physikalisch gespeichert werden – ob das in einer Public Cloud oder im Data Center eines Unternehmens ist. Hinzu kommt, dass die Erkenntnis gewachsen ist, dass sich nicht alle Applikationen einfach in der Cloud betreiben lassen. Genau hier spielen wir unsere Stärke mit Innovationen, welche den spezifischen Anforderungen der neuen Data Economy gerecht werden, aus.

Storage as a Service und Cloudlösungen bedingen ein hoch performantes, sicher verschlüsseltes und ausfallsicheres Netz. Schweizer Unternehmen gelten als sehr sicherheitsbewusst. Wie sieht hier die Entwicklung aus, welchen Anteil haben Cloudlösungen bei Neuabschlüssen, welche Formen von Cloud haben die höchste Akzeptanz (private, hybrid, public)?

Der Cloud-Anteil ist noch geringer als unsere klassisches Storagegeschäft , aber wir registrieren einen stark wachsenden Anteil von Cloudlösungen gegenüber dem herkömmlichen Geschäft. Gleichzeitig beobachten wir, dass viele Unternehmen eine Hybrid-Cloud-Strategie verfolgen und viele sich mit Fragen nach dem idealen Architekturkonzept befassen. Im Bereich der Public-Cloud gehört die Schweiz aus unserer Sicht nicht zu den Early-Adopters, was unter anderem der Industriestruktur geschuldet ist.

«Die Erkenntnis ist gewachsen, dass sich nicht alle Applikationen einfach in der Cloud betreiben lassen.»

Mit unseren Lösungen Hitachi Enterprise Cloud (HEC) und Hitachi Cloud Acceleration Platform (HCAP) sind wir gut positioniert, um unsere Kunden für jede Strategie zu unterstützen. Hitachi kombiniert Sicherheit, Stabilität und Leistung mit der notwendigen Flexibilität, um auf verändernde Anforderungen reagieren zu können.

Die Konzentration auf wenige grosse Datenzentren bedeuten bei Hacker-Angriffen auch einen potentiell grösseren Schaden, als ein Netz mit mehreren kleinen Datenzentren. Welche Konzepte und technischen Lösungen bietet Hitachi Vantara seinen Kunden, um hier eine möglichst grosse Sicherheit zu gewährleisten?

Wir beobachten, dass viele Kunden die Antwort auf Risiko- und Sicherheitsfragen offensiv angehen. Datencenter mit grossen Speichersysteme werden mit hoher Qualität und sehr hohen Sicherheitsstandards betrieben.

Sollten dennoch einmal Hacker Zugriff auf die Daten haben , dann können wir die Konsequenzen abwenden, indem wir den Schaden innerhalb kurzer Zeit rückgängig machen. Denn unsere Speichersystem sind durch interne Snapshots abgesichert, um bei einer Datenzerstörung durch Hacker innerhalb von wenigen Minuten auf konsistente Zustände vor der Attacke zurückzufahren zu können.

«Unsere Speichersystem sind durch interne Snapshots abgesichert, um bei einer Datenzerstörung durch Hacker innerhalb von wenigen Minuten auf konsistente Zustände vor der Attacke zurückzufahren zu können.»

Das Sicherheitskonzept ist eine strategische Kerndisziplin einer Unternehmung, welches die vielfältigsten Komponenten beinhaltet. Als Ergänzung zu unserem eigenen Hitachi Vantara- Portfolio bieten wir unseren Kunden gesamtheitliche Lösungen aus einer Hand. Wir kombinieren und integrieren die Produkte und Services von Hitachi ID Systems (Identity Management und Access Governance) sowie Hitachi Systems Security (HSS – Data Privacy und Security). HSS ist spezialisiert auf Managed Security Service, verfügt über ein Security Operations Centre in der Schweiz, von wo aus Schweizer wie internationale Kunden bedient werden. Pentesting, Vulnerability Management, Darknet Intelligence, ATM und POS- Monitoring sowie verschiedene Assessments zählen zu den grossen Stärken von HSS.

In der aktuellen Digitalisierung haben sich vor allem Daten als Quelle für rekordhohe Gewinne erwiesen. Hitachi Vantara hat mit den Speicherlösungen, Angeboten im Internet der Dinge und einer eigenen Analyse-Plattform beste Voraussetzungen, sowohl Daten als auch deren Gebrauch und Veredelung zu erschliessen. Wie weit sind Sie schon, das Potential in echten Kundenlösungen umzusetzen, gibt es schon erste Schweizer Referenzprojekte?

Tatsächlich ist unsere Marktpositionierung Dank einem sehr vollständigen Portfolio (Block-, File-, Object-Storage; Server; Netzwerk; ETL-, Analyse-, Automatisierungs-Software) sowie den Integrationsmöglichkeiten von Open Source-Lösungen sehr vorteilhaft und zukunftsgerichtet. Dadurch konnten wir weltweit wie auch in der Schweiz bereits sehr interessante Projekte umsetzen.

Das CERN in Genf beispielsweise setzt auf Hitachi Vantara, um eine 360 Grad Sicht auf sämtliche operativen Daten zu gewährleisten. Durch den Einsatz unsere Technologie konnte dieser Kunde viele teure und komplexe Eigenentwicklungen wie auch kommerzielle Lösungen ersetzen. Die aktuelle, einheitliche Business Analytics Plattform generiert jährlich um die 650‘000 Reports für ungefähr 15‘000 Benutzer. Das „Hand-Coding“ wurde fast vollständig eliminiert, Audit-Trails von Quelle zu Ziel sind konstant verfügbar und die Automatisierung (Repetierbarkeit) ist extrem hoch.

Es gibt weitere Schweizer Projekte wie beispielsweise ein Forschungsinstitut im Supercomputing- Umfeld, das mit Hitachi die manuelle Data-Collection von mehreren Wochen auf wenige Tage minimiert hat. Die ganzen Prozesse wurden vollständig automatisiert und auch hier wurde das „Hand-Coding“ eliminiert.

Mit der zunehmenden Datenflut in immer komplexeren virtuellen und realen Speicherkonzepten wird auch das Management von solchen Plattformen immer anspruchsvoller. Wie können hier künstliche Intelligenz und selbstlernende Algorithmen Entlastung bieten, wie weit ist Hitachi mit konkreten Lösungen?

Die Komplexität und teilweise auch mangelndes Fachwissen stellen enorm hohe Betriebsrisiken dar. Deshalb ist hier mehr Aufmerksamkeit gefordert. Ein Versuch, die Verantwortung auf KI und selbstlernende Algorithmen abzuschieben, greift zu kurz. Wir stellen sicher, dass wir die Daten entsprechend dem Zugriffsprofil immer und jederzeit so nahe wie möglich an der Applikation halten – komplett selbstlernend und automatisch. In Kombination mit Selbstüberwachung und Echtzeitoptimierung können Kunden einfach und effektiv Speicher-Dienste bereitstellen, ohne sich dabei mit Details auf „Micro-Ebene“ zu befassen. Dabei sind ein lückenloses Reporting über die gesamte Einsatzdauer der Systeme sowie präzise Prognosen hinsichtlich Leistungs- und Kapazitätsbedarf für die Planung und die Überwachung von SLAs selbstverständlich.

«Die aktuelle, einheitliche Business Analytics Plattform beim CERN in Genf generiert jährlich um die 650‘000 Reports für ungefähr 15‘000 Benutzer.»

Der Umgang mit grossen, oft unstrukturierten Datenmengen, die meist in sehr unterschiedlichen, nicht miteinander verbundenen Systemen anfallen, ist ein immer noch schwer zu lösendes Problem. Nachdem Data Warehouse- und Data Lake-Projekte oft ernüchternde Resultate gebracht haben, welche Lösungsansätze sollen in Zukunft Abhilfe schaffen, welche technologischen Voraussetzungen braucht es dazu?

Die Grundvoraussetzung dafür ist eine stabile, performante, offene, skalierbare und hochautomatisierte Basis-Infrastruktur. Um das rasant wachsende Datenvolumen, generiert aus IT und OT (zunehmend sind es Sensordaten aus Edge-Systemen) effizient bearbeiten zu können, sind weitere Software-Lösungen für ETL, Datenbereinigung, -homogenisierung und -integration erforderlich. Anschliessend müssen die Katalogisierung und die Data-Governance angegangen werden. Nur so können Unternehmen den erwünschten Geschäftsnutzen erzielen.

Welche Technologien haben das Potential in den kommenden Jahren unser Leben nachhaltig zu verändern?

Ich sehe einen exponentiellen Anstieg des Innovationspotentials durch die Kombination von künstlicher Intelligenz, grösserer Rechenleistung, sich noch weiter verbessernder Sensorik und sehr grossen Datenmengen, die auf Grund der fortschreitenden Digitalisierung stark wachsen.

Die Anwendung dieser Technologien in allen Bereichen des Lebens, von der Finanzindustrie über die Verwaltung, den Verkehr, die Medizinaltechnik bis hin in den Pflegebereich wird die Gesellschaft massgebend verändern.

«Ich sehe einen exponentiellen Anstieg des Innovationspotentials durch die Kombination von künstlicher Intelligenz, grösserer Rechenleistung, sich noch weiter verbessernder Sensorik und sehr grossen Datenmengen.»

Ich gehe deshalb auch davon aus, dass Menschen und Maschinen näher zusammenrücken und dass sich Roboter in einer selbstverständlichen Art und Weise in unseren Alltag integrieren. Wir werden wahrscheinlich immer mehr Mischformen von biologisch-maschinellen Anwendungen sehen, angefangen in der Prothetik.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?

Erster Wunsch ist, dass wir die Lebensqualität mit den eben erwähnten technologischen Fortschritten für die gesamte Menschheit verbessern können. Der zweite Wunsch ist, dass uns die Anwendung dieser Technologien nicht entgleist.

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