Stefan Pierer, CEO KTM Industries, im Interview

Stefan Pierer, CEO KTM Industries, im Interview
Stefan Pierer, CEO Pierer Mobility AG. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Pierer, KTM Industries gewann bisher rund 300 Weltmeistertitel von Enduro bis Supercross. Haben Sie da überhaupt noch den Überblick?

Stefan Pierer: Wir führen präzise Buch über alle Ergebnisse. Ausserdem ist der Rennsport der zentrale Bestandteil unserer Marketingaktivitäten und hat weitaus das grösste Budget – rund 2,7 Prozent vom Umsatz. Die Erfolge und WM-Titel werden von uns für diesen Einsatz der Mittel auch gefordert. Was für uns zählt, ist das Erreichen eines Podiumsplatzes und nicht der olympische Gedanke.

Bei der Rallye Dakar haben KTM-Motorräder ein Siegerabonnement. Das zementiert natürlich Ihren Ruf als zuverlässiger Maschinenbauer. Was lassen Sie sich die Teilnahme jedes Jahr kosten?

Aufgrund des jahrzehntelangen Erfolges ist es in Relation die günstigste Motorsport-Division. Diese Aktivität erbringt uns attraktive Sponsorenerlöse, für die Sponsoren wiederum einen internationalen Werbewert.

KTM Industries produziert auch den Supersportwagen X-Bow. Was kostet er denn in seiner günstigsten Ausführung?

Der Supersportwagen X-Bow startet bei circa 75.000 Euro und geht ungefähr bis 170.000 Euro beim Modell GT4.

Auf der anderen Seite sind Sie voll ins Elektromotorradgeschäft eingestiegen. Wo fangen die günstigsten Modelle an und wie grenzen sich eTöff-Fahrer von klassischen Motorbikern ab?

Zum Beispiel bei der KTM Freeride E-XC, einem elektrischen Hochleistungsmotorrad für den Offroad-Bereich, beträgt der Preis (ohne Powerpack und Ladegerät) 7.800 Euro (Listenpreis). Das Batteriepackage (rund EUR 3.600 Euro) wird dem Kunden auf Basis einer monatlichen Leasingrate angeboten. Somit ist der Produktpreis identisch mit einem vergleichbaren Motorrad mit Verbrennungsmotor.

Im Offroad- und Einstiegssegment für Kinder und Jugendliche gibt es die neue Husqvarna EE 5, ein Elektromotor-Minibike mit einer Nennleistung von 2 kW (Spitzenleistung 5kW), die erst seit Juli 2019 weltweit auf dem Markt ist. Ausser in Nord-Amerika. Hier wird es im Herbst gelauncht. Es kostet inklusive Powerpack und exklusive Ladegerät circa 5.000 Euro (Listenpreis). Und das ist auch der Preis des SX-E 5, ein Mini-Motocrossmotorrad mit E-Antrieb von KTM.

«Die City-Bans, Einfahrtsverbote für Autos, werden in den nächsten Jahren zunehmen und daher den ePTW zusätzlich forcieren.»
Stefan Pierer, CEO KTM Industries

Mit Husqvarna, der ältesten Fahrradmarke der Welt, lancieren Sie für 2020 gleich 11 Modellkategorien von Eco City bis Gran Sport. Der Schwerpunkt liegt aber eindeutig im urbanen Programm. Werden sich eBikes und eScooter dort gegen Autos durchsetzen?

Jawohl, im urbanen Bereich wird der elektrifizierte PTW (Powered Two-Wheeler wie Roller, Moped, Mofa) eine signifikante Rolle spielen. Die City-Bans, Einfahrtsverbote für Autos, werden in den nächsten Jahren zunehmen und daher den ePTW zusätzlich forcieren.

Sieht man sich vor allem Ihr Wachstum im riesigen asiatischen Markt und da besonders in Indien an, könnte der Trend zum elektrischen Zweirad vielleicht dort die Probleme der grossstädtischen Luftverpestung lösen?

Auch Ministerpräsident Modi forciert politisch extrem den Wandel zur Elektro-Mobilität bei Zwei- und Dreirändern und liefert damit einen ganz wichtigen Beitrag für eine bessere Luftqualität.

In diesem Jahrzehnt wuchs Ihr EBIT durchschnittlich um weit über 20 Prozent – pro Jahr wohlgemerkt. Gibt es denn in keinem Markt ausser den USA eine Sättigungstendenz?

Der Marktrückgang bzw. Stagnation in den USA wurde beziehungsweise wird durch den überproportionalen Rückgang beim Marktführer Harley Davidson verursacht. In Europa ist ein Megatrend spürbar. Der PTW wird wieder zunehmend für kurze Strecken in der urbanen Mobilität bevorzugt, was die Zunahme in den Zulassungsstatistiken zeigt. Gegenteilig sind die Entwicklungen im Automobilbereich. Dieser Trend geht zu Lasten der PKWs, die Rückgänge bei den Zulassungen verzeichnen.

Durch den Verkauf von Pankl ging Ihre Verschuldung im Vergleich zum EBITDA zunächst auf sehr gute 1,28 zurück. Wieso wollen sie den Quotienten bis 2021 sogar unter 1 drücken?

In volatilen Märkten ist für uns eine starke Eigenkapitalstruktur wichtig.

Wozu wird denn das Darlehen der Europäischen Investitionsbank über 120 Millionen Euro dienen?

Für die Forcierung der gesamten Produktpalette, insbesondere für die langfristige und strategische Entwicklung von elektrischen Produkten im Leistungsbereich zwischen 3-10 kW in Zusammenarbeit mit unserem Partner Bajaj in Indien.

«In Australien/Neuseeland erwarten wir ein überproportionales Wachstum.»

Auch die Halbjahreszahlen 2019 brachten Rekorde. Der Umsatz liegt jetzt bei 755 Millionen Euro und hat sich in 30 Jahren verzwanzigfacht. Nun haben Sie Motorcycle Distributors Australia übernommen. Welche Umsatzwachstumsraten erwarten Sie in Australien und Neuseeland?

KTM Australien setzt derzeit rund 12.000 Motorräder bei einem Umsatz von circa 100 Millionen Euro ab. Mit der Übernahme haben wir unsere Präsenz vor Ort verstärkt und setzen intensiv auf die Direktbetreuung unseres Händlernetzes. Aufgrund dieser Massnahmen erwarten wir uns ein überproportionales Wachstum auf diesem Kontinent.

Unter dem Namen Powerwear werden Funktions- und Alltagsbekleidung, Accessoires und Merchandising-Artikel angeboten. Wieviel Umsatzprozente macht das?

Zusammen mit den Ersatzteilen und Zubehör beträgt der Umsatz in diesem Bereich rund 16-17 Prozent. Das ist ein wichtiger Margenbringer aufgrund der Markenstärke.

KTM Industries wird wahrscheinlich noch in diesem Jahr in PIERER Mobility AG umbenannt. So soll die nachhaltige stabile Rolle des Mehrheitsaktionärs im Firmenwortlaut zum Ausdruck kommen. Was fahren Sie eigentlich alles selbst?

Ich habe leider wenig Zeit. Wenn, dann bin ich nur Offroad unterwegs.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert