Claudio Grisch, CEO Hotelcard AG, im Interview

Claudio Grisch, CEO Hotelcard AG, im Interview
Claudio Grisch, CEO Hotelcard AG

Von Artur K. Vogel

Moneycab.com: Sie sind seit letztem Jahr CEO der Hotelcard AG, die ihren Mitgliedern vergünstigte Hotelaufenthalte vermittelt. Sie befindet sich in einem Transformationsprozess. Welche Schwerpunkte sieht die strategische Neuausrichtung vor?

Claudio Grisch: Wir haben drei Schwerpunkte formuliert:  Erstens wollen wir das Produkt weiter verbessern. Bisher benutzten wir den Slogan «Halbtax für Hotels»…  

…ein sehr einprägsamer Slogan.

Ja, der Slogan war unglaublich knackig. Aber wir können nicht behaupten, dass man bei uns immer zum halben Preis buchen kann. Manchmal erhält man auch weniger hohe, aber immer noch attraktive Rabatte. Im Durchschnitt sind es pro Übernachtung weit über 100 Franken. Es ist unsere Ambition, dass Mitglieder bei uns stets das beste Angebot erhalten.

«Wir arbeiten nun daran, möglichst alle Preisbewegungen der Hotels elektronisch zu erfassen; das läuft über Schnittstellen bei externen Channel Managern.» Claudio Grisch, CEO Hotelcard AG

Auf welcher Preisbasis wird der Rabatt ermittelt, den man bei Hotelcard erhält?

Wichtig ist, dass wir uns auf geltende Marktpreise abstützen. Vor einem Jahrzehnt, als Hotelcard gegründet wurde, war der Markt noch statisch; heute arbeiten fast alle Hotels mit dynamischen Preisen.  

Können Sie das noch etwas detaillierter erläutern? Passen Sie Ihr Angebot laufend, das heisst täglich oder sogar mehrmals täglich an?

Die Schwierigkeit bestand vor allem darin, dass Hotels ihre Basispreise heute teilweise täglich ändern, diese Änderungen aber nicht immer auch auf dem Portal von hotelcard.ch reflektiert waren. Wir arbeiten nun daran, möglichst alle Preisbewegungen der Hotels elektronisch zu erfassen; das läuft über Schnittstellen bei externen Channel Managern. Diese automatische Anbindung, an der unser IT-Team intensiv arbeitet, wird die Prozesse für Hotels vereinfachen. Preise und Verfügbarkeit werden so laufend aktualisiert, und wir können neben 50% Rabatt in den Randzeiten in Zukunft auch andere Rabattstufen anbieten, die sich dann immer auf die tagesaktuellen Onlinepreise beziehen.

Welches ist der zweite Schwerpunkt bei der Neuausrichtung?

Zweitens haben wir mehr als eine Million Franken aufgewendet, um unsere Plattform zu verbessern und die Benutzerfreundlichkeit zu steigern. Wir wollen schon beim Buchen ein Erlebnis bieten und unseren Mitgliedern Ideen liefern. Neu ordnet ein Algorithmus die Suchresultate: Zuoberst erscheinen die Hotels, welche vier Faktoren – Preisversprechen, Verfügbarkeit, Attraktivität und Mitgliederbewertung – am besten erfüllen. Und drittens haben wir den Marktauftritt revidiert. Wir wollen weniger laut, dafür aber glaubwürdig auftreten. Dazu setzten wir vermehrt auf die Online-Kanäle, Social Media und unseren wöchentlichen Newsletter.

«Wir haben mehr als eine Million Franken aufgewendet, um unsere Plattform zu verbessern und die Benutzerfreundlichkeit zu steigern»

Wir möchten künftige Mitglieder mit unserem Produkt überzeugen und organisch über Weiterempfehlungen wachsen. Marketing ist gut, aber es soll nicht zu laut sein, und die Erwartungen der Kunden müssen erfüllt werden. Das «Halbtax für Hotels» passte deshalb nicht mehr ins Konzept. Über Pfingsten in Ascona sind wir nicht Halbtax, an vielen anderen Daten allerdings schon.

Ihr Businessmodell basiert darauf, dass Ihre Einnahmen durch die Jahresbeiträge der Mitglieder generiert werden, während die Hotels für die Vermittlung keine Kommission bezahlen müssen. Halten Sie daran fest?

Es gibt unendlich viele Online Travel Agents (OTA), und die funktionieren alle gleich: Sie nehmen Kommissionen vom Hotel. Deshalb versuchen die Hotels, Gäste zum Selberbuchen zu animieren, allerdings mit mässigem Erfolg. Wir sind ein interessanter Gegenentwurf zu den OTA‘s. Eine Buchung über hotelcard.ch kostet das Hotel keinen Rappen. Als Gegenleistung soll es unseren Mitgliedern attraktive Konditionen bieten. So werden die Bedürfnisse beider Seiten optimal in Einklang gebracht: Das Hotel erzielt eine bessere Auslastung, vor allem in Randzeiten, und muss uns keine Kommissionen oder Gebühren bezahlen; unsere Mitglieder erhalten dafür das bestmögliche Angebot. Da diese Angebote nur unseren zahlenden Mitgliedern zur Verfügung stehen, muss das Hotel nicht um seine Preisintegrität fürchten.

«Eine Buchung über hotelcard.ch kostet das Hotel keinen Rappen. Als Gegenleistung soll es unseren Mitgliedern attraktive Konditionen bieten.»

Die Hotelcard ist also nicht einfach eine weitere Buchungsplattform, sondern hat Stärken, die andere nicht aufweisen?

Es gibt unzählige Angebote im Netz, und die Preise sind unübersichtlich und intransparent. Unser Businessmodell ist es, den Reisenden die aufwendige Suche zu ersparen. Bei uns erhalten sie die besten verfügbaren Konditionen für eine breite Auswahl an Hotels in der Schweiz und dem nahen Ausland. Hotelcard hat ein breites Portfolio mit Häusern in allen Preiskategorien zusammengestellt, mit Schlössern, Fünfsterne-Häusern, Spa-Resorts, Landgasthöfen und sogar zwei Klöstern. 

Wie viele Mitglieder verzeichnet die Hotelcard, und wie teuer ist die Mitgliedschaft?

Die Mitgliedschaft kostet regulär 99 Franken im Jahr. Normalerweise ist dieser Betrag bereits mit der ersten Übernachtung amortisiert, danach spart man bei jeder Übernachtung. Rund ein Prozent der Schweizer Bevölkerung ist heute Hotelcard-Mitglied. Wir sind allerdings überrascht, dass sich die Corona-Krise nicht negativ auf die Mitgliederzahlen ausgewirkt hat und wir im Gegenteil sogar eine erhöhte Erneuerungsrate bei den Mitgliedern registrieren. Auch das Neukundengeschäft ist gut.

Laut Webseite haben Sie heute genau 550 Häuser im Angebot. In der Vergangenheit war auch schon von 700 Häusern die Rede. Weshalb der Rückgang?

Ja, es gab einen Rückgang, primär bei Hotels in Deutschland. Momentan sind immer zwischen 500 und 600 im Angebot. Hauptgrund ist, dass Hotelcard vor 2016 eine Expansion nach Deutschland plante, welche dann aber abgebrochen wurde. Viele Hotels, die ursprünglich mitmachten, sind wieder abgesprungen, weil keine Buchungen erfolgten. Wir streben heute keine Expansion um jeden Preis mehr an, sondern uns ist wichtig, dass die Qualität der Hotels in unserem Angebot stimmt, und dass sie ihre Preisversprechen einhalten. Wir trennen uns auch von Hotels, welche unsere Kriterien nicht erfüllen und den Kunden keinen Mehrwert bieten.

Es sind allerdings nicht alle Hotels zu jeder Zeit über die Hotelcard buchbar, oder?

Die Hotels können grundsätzlich immer gebucht werden, sofern sie freie Zimmer haben, aber nicht immer mit 50% Rabatt. Häufig sind es auch «nur» 30% Rabatt. Im Durchschnitt werden 30 bis 50% Rabatt an über 180 Tagen pro Jahr gewährt, was sehr viel ist.

Erfolgt die Hotelbuchung über Hotelcard oder direkt?

Gebucht wird über unser Webportal, und die Reservation wird innert weniger Stunden vom Hotel bestätigt. Doch dank einer neuen API-Anbindung können wir Buchungen von vielen Hotels schon heute automatisch bestätigen, und mehr Hotels werden folgen. Das Hotel definiert die Buchungskonditionen selber und kann direkt mit den Reisenden Kontakt aufnehmen.

Hat Corona einen negativen Einfluss auf die Buchungen gehabt?

Im Gegenteil. Im Sommer 2020 haben wir gegenüber dem Vorjahr 74% mehr Umsatz für unsere Partnerhotels registriert, und tendenziell haben sich unsere Mitglieder auch für teurere Hotels entschieden. Fünfsterne-Häuser haben bei uns den Umsatz glatt verdoppelt. Es gibt aber markante Unterschiede: In gewissen Ferienregionen waren die Hotels ausgebucht, während jene in den Städten litten.

«Im Sommer 2020 haben wir gegenüber dem Vorjahr 74% mehr Umsatz für unsere Partnerhotels registriert, und tendenziell haben sich unsere Mitglieder auch für teurere Hotels entschieden.»

Welche weiteren Neuigkeiten zeichnen sich ab?

Mit Thierry Kneissler, dem Gründer der Bezahl-App Twint, Ivan Walter, Touristiker und E-Commerce-Spezialist, sowie weiteren hochkarätigen Persönlichkeiten hat Hotelcard im März einen neuen Verwaltungsrat und frisches Kapital erhalten. Ein gutes Jahrzehnt nach der Gründung geben uns diese personellen Änderungen frische Impulse. Wir haben grosse Ziele und wollen weiterwachsen, nicht nur in der Schweiz, sondern längerfristig auch im benachbarten Alpenraum.


Claudio Grisch bei Linkedin

Hotelcard AG
Die Idee zur Hotelcard entstand 2009. Hotelcard-Mitglieder profitieren von unerreichbar tiefen Preisen in 600 Hotels in der Schweiz und den Nachbarländern. Die teilnehmenden Hotels wiederum verbessern dank Hotelcard ihre Auslastung in Randzeiten. Aus diesem Grund wächst seit 10 Jahren nicht nur das Hotelangebot kontinuierlich, sondern auch die Zahl zufriedener Mitglieder. https://hotelcard.com/de

Firmeninformationen zu Hotelcard AG bei monetas.ch

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