Cyrille Boinay, Managing Director Bcomp Ltd.

Cyrille Boinay, Managing Director Bcomp Ltd.

Cyrille Boinay, Managing Director Bcomp Ltd. (Foto: Bcomp)

von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Boinay, Bcomp hat einen neuartigen und leistungsstarken Verbundwerkstoff entwickelt, der aus Pflanzenfasern (z.B. Flachs) hergestellt wird. Was sind die Vorteile dieses Werkstoffs?

Cyrille Boinay: Die Vorteile liegen in der Leistung des Verbundwerkstoffes. Unsere Fasern dämpfen besser, sind je nach Anwendung leichter und kosten weniger als das CO2 trächtige Material Karbon.

Die Gründung des Unternehmens erfolgte im Februar 2011, die Geschichte reicht aber länger zurück. Wie haben Sie und Ihre Partner die Vorteile von Pflanzenfasern als Werkstoff entdeckt?

Eigentlich in der Garage, beim Bauen eines Ski-Prototypen aus Kohlenfasern. Wir hatten Probleme mit der Dämpfung und mischten Naturfasern hinzu. Der Ski fuhr sich wie mit einem Holzkern, war aber rund einen Drittel leichter. Von da an entwickelten wir unsere beiden Technologien und liessen diese schützen.

«Mit unseren bCores können Hersteller von Ski, Snowboard und Wakeboards bis zu einem Drittel Gewicht sparen.»
Cyrille Boinay, Managing Director Bcomp Ltd. 

Nach welchem Prinzip funktionieren diese Technologien?

Mit beiden Technologien negieren wir die eigentlichen Nachteile von Naturfasern in relevante Vorteile. Als Beispiel werden Karosserien bei uns mit der Power Ribs-Technologie durch Rippen verstärkt. Solche Verstärkungen lassen sich nur mit Garn aus Pflanzenfasern herstellen, da deren Länge limitiert ist und gedreht werden müssen. Kunstfasergarne würden während der Produktion flach gedrückt.

Einen anderen Vorteil der Naturfasern nutzten wir bei der Entwicklung der Kern‐Technologie. Die Sandwich‐Konstruktion, die aus Balsaholz besteht und mit mehreren Lagen Naturfasergewebe verstärkt ist, überzeugt durch ihre Leichtigkeit und einfache Anwendung. Die gleiche Konstruktion wäre zum Beispiel mit Kohlefasern nicht möglich, da diese zu einer glatten Schnittfläche führen und sich nur schlecht mit den Deckschichten verbinden würden. Bei den raueren Naturfasern stellt dies dagegen kein Problem dar.

Eine Anwendung von Bcomp findet sich in Skis und Snowboards resp. in deren Kern. Was bewirkt der Verbundsstoff in dieser Anwendung?

Mit unseren bCores können Hersteller von Ski, Snowboard und Wakeboards bis zu einem Drittel Gewicht sparen. Dabei ist es wichtig, dass die mechanischen Eigenschaften gleich hoch sind wie bei herkömmlichen Materialien.

Wie hat der Markt auf diese Anwendung reagiert? Welche Marken produzieren für die kommende Wintersaison Skis mit Kernen von Bcomp?

Die Marken sehen die Vorteile vor allem für Tourenskis, Split-Snowboards oder im Freeride-Bereich, wo breite Skis gebaut werden. Momentan integrieren wir die bCores bei ungefähr 40 Marken. Neben den mechanischen Vorteilen generieren wir mit unseren Materialen auch nachhaltige Inhalte für den Marketing-Mix unserer Kunden.

Leichte Materialien und eine gute Dämpfung von Vibrationen sind auch in anderen Sportarten gefragt, wie zum Beispiel im Radsport oder auch im Golf. Welche Projekte verfolgen Sie in diesen Bereichen?

Wir hatten das Glück, mit unserem Sattelschalen-Projekt zusammen mit Ergon einen Eurobike Award gewinnen zu können. Dies half uns im Radsport Fuss zu fassen und für den wachsenden Markt verschiedene Anwendungen zu entwickeln. Fahrradmarken testen momentan unsere Rippen für die Verstärkung von Karbon-Rahmen. Wir haben da auch Ideen für die Umsetzung von schmucken Accessoires aus Flachsfasern für das moderne City –Bike.

«Vor allem für den ganzen E-Mobilitätsbereich verspüren wir ein grosses Interesse.»

Die Eigenschaften Ihrer Entwicklungen müssten gerade für den ganzen Mobilitäts-Bereich von grösstem Interesse sein

Absolut, vor allem für den ganzen E-Mobilitätsbereich verspüren wir ein grosses Interesse – dort wird Nachhaltigkeit gross geschrieben und Gewichteinsparungen haben einen direkten Effekt. Für Anwendungen in der Mobilität haben Naturfasern so einige positive Nebenwirkungen: Zum Beispiel einen erhöhten Passagier- und Fussgängerschutz bei einem Unfall oder die hohe Durchlässigkeit von elektronischen Signalen.

Welches sind weitere Anwendungsfelder?

Die Möglichkeiten sind unbeschränkt. Unsere ampliTex Textilien werden für Innenausbau, Bootsbau und unzählige Sportgeräten angewendet. Vor kurzem stiessen wir auf den Akustikmarkt, wo unsere Produkte durch die hohe Dämpfung Hervorragendes leisten. In den unzähligen Anwendungen liegt auch die Schwierigkeit, den nötigen Fokus beizubehalten, ohne einen interessanten Markt zu verpassen.

Was sieht die Partnerschaft mit dem Industrieunternehmen 3A Composites Holding AG vor und mit welchen Unternehmen oder Hochschulen bestehen weitere Partnerschaften?

Solche Partnerschaften dienen uns, die bestehenden Technologien hinsichtlich Herstellprozess zu optimieren. Innerhalb von Projekten wie „Eurostar“ oder „Cleantech Alps“ arbeiten wir mit verschiedenen spezialisierten Hochschulen zusammen. Zudem haben wir  in der Verbundwerkstoff-Industrie verschiedene Kooperationen aufgebaut, mit denen wir kundenspezifische Projekte umsetzen.

«Wir versuchen unseren Vorteil durch stetige Innovation zu vergrössern.»

Wie präsentiert sich die Konkurrenzsituation im Bereich von Naturfaser-Werkstoffen?

Der Markt wächst jährlich um 15%. Dies zieht Marktteilnehmer an. Wir versuchen unseren Vorteil durch stetige Innovation zu vergrössern. Der nächste grosse Schritt wird sich mit der Integration von Thermoplasten abzeichnen. Hierbei geht es um Senkung von Produktionskosten und einer gänzlichen Wiederverwertbarkeit unserer technischen Textilien.

Bcomp entwickelt sich sehr rasch und präsentiert eine Vielzahl innovativer Produkte und Projekte. Wie finanzieren Sie den Ausbau des Unternehmens?

Möglichst durch den Verkauf von Produkten und Projekten. Dies reicht in unserem Start up-Stadium nicht vollumfänglich und wir waren auf Investoren mit einem langfristigen Interesse angewiesen. Des Weiteren gewannen wir mit unserem Geschäftsmodell verschiedene Preisgelder und konnten sicherlich auch von der nationalen und regionalen Hilfe für junge Unternehmen profitieren.

Wie wird sich Bcomp weiterentwickeln?

Unsere Produkte werden sich im Sport- und Freizeitbereich als Standard etablieren. Im Markt der Mobilität wird sich durch die Gesetzesänderungen bezüglich Wiederverwertbarkeit von Materialien viel zu unseren Gunsten verändern. Ein weiteres Ziel von uns ist es, die Transportwege durch die Nutzung von lokalen Naturfasern zu verkürzen  und somit die CO2-Bilanz unserer Produkte zu verringern.

Herr Boinay, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Cyrille Boinay, Managing Director bei Bcomp Ltd, ist Betriebswirtschafter und leidenschaftlicher Inter- und Entrepreneur, spezialisiert in der Positionierung von Marken und Unternehmen. Er durchquerte per 4×4 Afrika und Südamerika und befuhr Couloirs mit Skis und Snowboard auf allen Kontinenten. Heutzutage stillt er seine Abenteuerlust im nahen Gebirge, auf Entdeckungsausflügen mit seinem Sohn und natürlich mit Bcomp.

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