Daniel Link, CEO Orell Füssli AG, im Interview

Daniel Link, CEO Orell Füssli AG, im Interview
Daniel Link, CEO Orell Füssli AG. (Foto: OF)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Link, Orell Füssli konnte den Wachstumskurs im ersten Halbjahr erfolgreich fortsetzen und hat dabei die eigenen Wachstumsziele übertroffen. Auch die Profitabilität konnte gesteigert und der Gewinn vervierfacht werden. Können dem Unternehmen die wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten nichts anhaben?

Daniel Link: Selbstverständlich sind auch wir einem Marktumfeld ausgesetzt, das von konjunkturellen und politischen Entscheidungen geprägt ist. Dank unseres Geschäftsmodells, das auf den beiden Pfeilern Sicherheit und Bildung aufbaut, sowie unserer geografischen Ausrichtung sind wir jedoch deutlich weniger anfällig für Turbulenzen und Zyklen als andere Firmen.

Der Sicherheitsdruck konnte rund ein Viertel wachsen. Was war dafür verantwortlich?

In den vergangenen zwölf Monaten ist es uns gelungen, bedeutende zusätzliche Schlüsselkunden für den Sicherheitsdruck zu gewinnen. Diese Projekte generierten nun erste Umsätze. Die Auslastung im Sicherheitsdruck ist dementsprechend sehr erfreulich und wir sind bis weit ins Jahr 2026 hinein sehr gut ausgelastet.

«In den vergangenen zwölf Monaten ist es uns gelungen, bedeutende zusätzliche Schlüsselkunden für den Sicherheitsdruck zu gewinnen.»
Daniel Link, CEO Orell Füssli AG

Orell Füssli hat erstmals das digitale Sicherheitsmerkmal JAGUAR präsentiert, das die Authentifizierung von Banknoten mit einer Handy-App ermöglicht. Sind Banknoten, die traditionelle Sicherheitselemente mit digitalen Sicherheitsmerkmalen kombinieren, die Zukunft?

Die Kombination von herkömmlichen und digitalen Sicherheitselementen auf Banknoten eröffnet tatsächlich neue und faszinierende Möglichkeiten. Der Anspruch an die Sicherheit von Banknoten und Ausweisdokumenten steigt kontinuierlich, und Orell Füssli positioniert sich hier bewusst als Pionier und Innovationsführer. Unser Ziel ist es, unseren Kunden stets innovative und zuverlässige Sicherheitslösungen anzubieten, die den stetig wachsenden Anforderungen gerecht werden.

Die Akzeptanz von Bargeld ist zwar weiterhin hoch, dennoch nimmt dessen Bedeutung ab – zumindest in der Schweiz, Europa oder den USA. Wie bekommt das Orell Füssli zu spüren?

Die Wahrnehmung, dass Bargeld an Bedeutung verliert, ist stark regional geprägt. Weltweit betrachtet ist jedoch das Gegenteil der Fall. Die Anzahl der Banknoten im Umlauf und das Druckvolumen wachsen jährlich um 4–6 Prozent. Einerseits verfügt ein Grossteil der Weltbevölkerung, insbesondere im Globalen Süden, noch über kein Bankkonto, was jedoch Voraussetzung für digitale Zahlungssysteme ist. Zum anderen treibt die steigende Weltbevölkerung die Nachfrage nach Banknoten kontinuierlich an. Als globaler Anbieter im Banknotendruck profitieren wir von dieser Entwicklung und können unsere internationale Marktposition weiter ausbauen.

«Die Anzahl der Banknoten im Umlauf und das Druckvolumen wachsen jährlich um 4–6 Prozent.»

Die Industriedivision Zeiser verzeichnete im ersten Halbjahr einen Umsatzrückgang. Inwieweit sind hier die Nebenwirkungen der erratischen US-Wirtschaftspolitik zu spüren?

Bei Zeiser haben einige Kunden ihre Investitionsentscheidungen verschoben, teilweise auch aus den USA. Wir gehen jedoch davon aus, dass diverse dieser Aufträge im zweiten Halbjahr realisiert werden. Zudem verfügen wir aktuell über einen soliden Auftragsbestand und planen zahlreiche Auslieferungen für das zweite Semester. Die Grunddynamik des Geschäfts bleibt intakt, trotz temporärer Verzögerungen.

Welche Fortschritte konnten in der Produkteentwicklung erreicht werden?

Im Bereich der Track & Trace-Systeme von Zeiser wurde im Frühjahr erfolgreich die erste Grossanlage in Betrieb genommen. Zudem haben wir verschiedene neue Maschinen, wie beispielsweise einen Notenzählautomaten, in unser System integriert. Diese Innovationen stärken unser Produktportfolio und ermöglichen unseren Kunden noch effizientere und sicherere Prozesse.

E-ID in der Schweiz oder in Europa die eIDAS 2.0 Verordnung – das Thema «digitale Identität» wird immer wichtiger. Wie ist hier Procivis aufgestellt, die 2021 übernommen wurde?

Procivis etabliert sich zunehmend als führender nationaler und internationaler Anbieter von Software und Lösungen für elektronische Identitäten sowie verifizierbare digitale Nachweise. Dieses Geschäftsfeld stellt für Orell Füssli ein strategisch wichtiges Wachstumsfeld dar. Die eigens dafür entwickelte Software Procivis One wurde im Jahr 2024 erfolgreich auf dem Markt eingeführt und stösst auf grosses Interesse bei Behörden und Unternehmen.

Wie weit sind die Innovationen im Bereich der digitalen Nachweise?

Wir beobachten eine hohe Dynamik im Markt, die durch die eIDAS-2.0-Verordnung in Europa und die E-ID-Einführung in der Schweiz angetrieben wird. Die Software von Procivis kann dabei ein zentrales Element bilden. Sie kann von Behörden, Unternehmen und Organisationen im In- und Ausland genutzt werden, um eine Vielzahl von E-ID-Anwendungen und Anwendungsfällen zu ermöglichen. Wir sind überzeugt, dass sich in den kommenden Jahren ein attraktives Ökosystem entwickeln wird, in dem Procivis eine Schlüsselrolle einnehmen kann.

«Viele Berufsbilder verändern sich im Zuge der Digitalisierung grundlegend, wodurch neue, zeitgemässe Lernmedien gefordert werden – sowohl in digitaler als auch in gedruckter Form.»

Der Buchhandel verzeichnete ein Umsatzwachstum von 6 Prozent. Was lief besonders gut?

Die Strategie unseres Buchhandels, die auf einer gezielten Kombination aus Geschäften an Hochfrequenzlagen und einem leistungsstarken E-Commerce-Angebot basiert, erweist sich als entscheidender Erfolgsfaktor. Wir entwickeln unser Geschäftsmodell kontinuierlich weiter, um den Kunden ein nahtloses Einkaufserlebnis zu bieten – sei es stationär oder digital.

Das Verlagsportfolio wurde im März mit der Übernahme der auf Lehrmittel spezialisierten Verlags SKV AG erweitert. Was macht den Lernmedienmarkt attraktiv?

Der Bildungsmarkt und damit auch der Lernmedienmarkt wächst kontinuierlich. Viele Berufsbilder verändern sich im Zuge der Digitalisierung grundlegend, wodurch neue, zeitgemässe Lernmedien gefordert werden – sowohl in digitaler als auch in gedruckter Form. In den vergangenen zwei Jahren ist es uns gelungen, Orell Füssli durch den strategischen Ausbau unserer Verlage und gezielte Akquisitionen zu einem der bedeutendsten Anbieter von Lehr- und Lernmedien in der Schweiz zu entwickeln. Mit der Integration der SKV AG stärken wir unsere Position in diesem zukunftsträchtigen Markt weiter.

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