David Sarasin, CEO Bank Linth, im Interview

David Sarasin, CEO Bank Linth, im Interview
David Sarasin, CEO Bank Linth. (Foto: Bank Linth)

von Sandra Willmeroth

Herr Sarasin, vergangenen Donnerstag fand die zweite Generalversammlung der Bank Linth in Pandemie-Zeiten statt. Wie haben die Aktionäre die „Chalberwurst@home“ – Aktion aufgenommen?

David Sarasin: Als unser Leiter Sponsoring und Events uns die Idee präsentierte, waren wir zwar alle sofort begeistert, aber konnten das Interesse unserer Aktionärinnen und Aktionäre nicht einschätzen. Nicht nur die Anzahl bestellter Chalberwürste, sondern auch die vielen positiven Reaktionen – Briefe, Telefonate, Social Media Posts – haben uns überrascht und sehr gefreut.

Wie viele Aktionäre haben sich die berühmte Wurst bestellt und das „GV-Feeling“ zuhause nachgekocht?

Es waren über 3000 Bestellungen – 3176, um genau zu sein. Unser lokales Team war zeitweise ziemlich im Druck: Die Chalberwurst beziehen wir traditionellerweise von der Metzgerei Fischli in Näfels. Den Kartoffelstock, die Sauce und die Pflaumen dazu bereitet unser Cateringpartner der GV, Kari Egli und sein Team von Egli Catering in Pfäffikon (SZ) zu. Die Verpackung und den Versand hat das Behinderten-Heim Höfli in Wangen (SZ) für uns übernommen.

Wie hoch lag die Stimmbeteiligung im Vergleich zu normalen Zeiten?

Im Gegensatz zu 2020, wo die Stimmbeteiligung rund 20 Prozent tiefer war, liegen wir jetzt wieder auf gewohntem Niveau. Mich persönlich hat auch sehr gefreut, dass über 2000 der Aktionärinnen und Aktionäre sich die Zeit genommen haben, unseren Fragebogen auszufüllen – dort ging es uns darum zu erfahren, wie unsere Kommunikationsmassnahmen und -kanäle ankommen und was sich unsere Aktionäre für die Zukunft wünschen.

«Es ist ein Ergebnis, das für die speziellen und herausfordernden Zeiten durchaus stabil und solide ist.»
David Sarasin, CEO Bank Linth

Das Jahresergebnis der Bank Linth sank um 4% auf 25 Millionen, doch Sie sind dennoch mit dem Gewinn zufrieden?

Es ist ein Ergebnis, das für die speziellen und herausfordernden Zeiten durchaus stabil und solide ist. «Zufrieden» geben wir uns aber nicht mit diesen Zahlen – denn wir haben in vielen Bereichen noch vor, zu wachsen, neue Kunden zu gewinnen und uns zu verbessern. Gerade mit der kürzlich angestossenen Organisationsveränderung, bei der wir alle kundenbezogenen Bereiche in einem gemeinsamen Ressort «Kunden» unter der Leitung von Luc Schuurmans vereinen, erhoffen wir uns wichtige Impulse für die Zukunft.

Vor allem die Entwicklung des Hypothekargeschäfts scheint die Analysten zu beunruhigen. Wie erklären Sie den vergleichsweise geringen Zuwachs bei den Hypothekenausleihungen?

Das ist einer der Bereiche, in dem wir uns klar noch verbessern können. Wir sind lange über dem Markt gewachsen, sind aber gleichzeitig bekannt für unsere konservative Risikopolitik. Die letzten zwei Jahre lagen wir erstmals unter dem Marktschnitt. Man könnte von einer gewissen Konsolidierung und einer normalen Entwicklung sprechen – vor allem, wenn man noch die besonderen Umstände im letzten Jahr bedenkt. Aber das reicht uns nicht. Wir haben bereits Veränderungen implementiert, die uns – gemeinsam mit dem hoffentlich positiveren Wirtschaftsverlauf in diesem Jahr – wieder Wachstum bringen sollten.

«Das Hypothekargeschäft ist einer der Bereiche, in dem wir uns klar noch verbessern können“

In der Kundenbetreuung setzt die Bank Linth ja sehr stark auf die persönliche Beratung. Hat die Corona-Pandemie an diesem Ansatz etwas geändert?

Ganz im Gegenteil. Die persönliche Beratung ist weiterhin eine wichtige Differenzierung – und gerade zu Anfang der Coronapandemie haben sehr viele unserer Kunden darauf gesetzt. Statt persönlicher Treffen haben sie einfach zum Telefonhörer oder in die Tasten gegriffen. Wir haben auf diese Entwicklung auch klar reagiert. Sobald persönliche Treffen wieder möglich und erwünschter sind als derzeit, können Beratungsgespräche an allen unseren 19 Standorten auf vorherige Vereinbarung gebucht werden. Was wir nicht mehr anbieten an 15 Standorten ist die Möglichkeit der Spontanbesuche. Dies aus der Überlegung heraus, dass diese Art von Dienstleistungen – wo es meist um einfache Ein- und Auszahlungen geht – immer weniger persönlich nachgefragt werden und sich einfach im Online Banking oder am Bancomaten erledigen lassen. Und weil es bei uns Personalressourcen bindet, die wir lieber in der Beratung einsetzen.

Die Pandemie hat ja bei vielen Unternehmen einen regelrechten Digitalisierungsschub ausgelöst. Wie weit oben steht die Digitalisierung auf der Agenda der Bank Linth und mit welchen Projekten? Könnten Sie sich vorstellen, dass ihre Kunden einmal mit einem Chatbot kommunizieren?

Wir können uns vorstellen, dass ein Chatbot auf der Webseite standardmässige Fragen beantwortet, ja. Aber sind wir ehrlich: Es gibt doch nichts Nervigeres, als wenn man irgendwo anruft und sich erst durch ein automatisiertes Menü wählen muss. Also ich persönlich mag das überhaupt nicht. Bei uns am Hauptsitz in Uznach sitzt ein grosses Team von Kundenberaterinnen und Kundenberatern, die das Telefon abnehmen, meist aus unserer Region stammen und viele unserer Kunden persönlich kennen. Das wird enorm geschätzt. Deshalb bauen wir dort auch aus: Wir wollen unseren Mitarbeitern ein spannenderes Aufgabengebiet geben und sie gezielt auch für fachspezifische Beratungen aus- und weiterbilden.

«Es gibt doch nichts Nervigeres, als wenn man irgendwo anruft und sich erst durch ein automatisiertes Menü wählen muss.»

Gibt es auch etwas Positives, was Sie dem vergangenen Corona-Jahr abgewinnen können?

Für viele unserer Kunden, aber auch für viele Mitarbeitende war es ein schwieriges Jahr. Nicht nur wirtschaftlich gesehen, sondern auch persönlich. Rückblickend bin ich stolz darauf, wie schnell wir die Umstellung auf Homeoffice, digitale Meetings und telefonischen Kundenkontakt geschafft haben. Gleichzeitig stimmt es mich nachdenklich, wieviel wir vorher für selbstverständlich gehalten haben – und wievieles wir jetzt schon fast automatisch aufgeben. Ich bin ein grosser Verfechter von digitalen Technologien und bin überzeugt, dass die Zukunft «hybrid» ist – und trotzdem hoffe ich, dass ich mich noch in diesem Jahr wieder mit Kunden im Restaurant oder an einem Event austauschen kann. Oder dass wir endlich wieder einmal einen Mitarbeiteranlass durchführen können, bei dem sich alle Kollegen aus unseren fünf Geschäftsregionen unbeschwert treffen dürfen. Denn bei aller digitalen Beschleunigung liegt mir eins nach wie vor am Herzen – als CEO wie als Mensch: die physische Entschleunigung.

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