Hans-Martin Wahlen, CEO Kambly

Hans-Martin Wahlen, CEO Kambly

Hans-Martin Wahlen, CEO Kambly. (Foto: Kambly)

von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Wahlen, ich war neulich in Ihrem Fabrikladen im Emmental und habe 150 Gramm Guetzli degustiert und dann weniger als ein Kilogramm gekauft. Können Sie von Leuten wie mir leben?

Hans-Martin Wahlen: Ja sicher. Wir leben von begeisterten Konsumenten und wissen aus Erfahrung, dass mit dem Ausprobieren und Degustieren solche Begeisterung ausgelöst wird.

Als Premiummarke muss bei Kambly alles stimmen. Welches war denn in Ihren sieben Jahren als Chef der grösste Unfall und wie wurde der behoben?

Ich hatte Gottlob das Glück, dass in meiner Zeit der Verantwortung bisher solche „Unfälle“ ausgeblieben sind.

«Oft werden für eine Neuheit 20 – 30 solche Produktideen vorab kreiert.»
Hans-Martin Wahlen, CEO Kambly

Ihr Büro liegt in der Nähe der Entwicklungsbäckerei. Ich nehme an, Sie müssen öfters neue Produktideen vorkosten. Mischen Sie sich auch in den Ideenfindungsprozess mit ein?

Ja sicher. Als genussaffiner Mensch liebe ich es, die von unseren Confiseurinnen und Confiseuren kreierten Ideen zu degustieren und mitzubeurteilen. Oft werden für eine Neuheit 20 – 30 solche Produktideen vorab kreiert.

Kambly lanciert pro Jahr dann aber nur zwei bis drei Neuheiten. Am besten läuft aber vor allem in der Schweiz seit eh und je das klassische Bretzeli. Sind die Schweizer zu konservativ für Produktoffensiven?

Unser Geschäft basiert einerseits auf dem traditionellen Kern und andererseits auf überraschenden Neuheiten. Ohne diese Innovationen gäbe es Kambly im heutigen Sinne nicht mehr. Wir leben von einem guten Mix treuer, loyaler Wiederkäufer einerseits und inspirierten, begeisterungsfähigen Neueinsteigern andererseits.

Welche Rolle spielt die Interkambly Development Ltd. in Zug?

Innovation und Produktentwicklung ist eine der Kernkompetenzen von Kambly. Über die Interkambly Development Ltd. verwerten wir immaterielle Rechte, namentlich Rezepte, Patente, Verfahren oder Know-how, zum Beispiel indem Lizenzen für von uns entwickelte Produkte an andere Hersteller gegeben werden.

Kambly ist weltweit in über 50 Ländern vertreten. Welches sind denn esskulturell die grössten Unterschiede und Herausforderungen?

Kambly stellt eine Vielfalt von Feingebäckspezialitäten her. Die Zusammensetzung des Sortiments variiert je nach Markt. So werden zum Beispiel in Frankreich eher raffinierte, gefüllte, cremige, schokolatierte und dekorierte Biscuits geschätzt, während in Ostasien eher unschokolatierte Produkte wie Butter- oder Mandelspezialitäten bevorzugt werden.

In der Schweiz wird jedes zweite Biskuit von der Migros verkauft und jedes Vierte von Coop, jeweils als Eigenmarke. Coop ist ausserdem bei den Lieferanten gefürchtet für seine Listing-Gebühren. Wie setzen Sie sich dagegen durch?

Kambly und Coop arbeiten seit über einem Jahrzehnt sehr eng zusammen. So produziert Kambly mit der Übernahme der damaligen Coop Fabrik in Lyss seit 1999 auch viele Coop Spezialitäten im Biscuitssegment. Auf dem gemeinsamen Weg suchen wir laufend gemeinsame Lösungen, um unsere Konsumenten im Coop-Kanal zu überraschen und zu begeistern.

«Wir beschaffen unsere Rohstoffe am liebsten in der Region oder dann in der Schweiz; erst in letzter Stufe kaufen wir im Ausland ein.»

Kambly bietet auch Bio-Gebäck an. Wird dies bloss eine Randerscheinung oder ökologische Konzession bleiben?

Im Vordergrund steht bei Kambly der Produktgenuss. Zum 20-Jahre-Jubiläum von Coop Naturaplan hat Kambly im Co-Branding ein Bio-Gebäck lanciert. Grundsätzlich entspricht dies der generellen ethischen Haltung von Kambly, wobei bei uns nicht nur der Rohstoffanbau alleine im Vordergrund steht, sondern die gesamte Rohstoffgewinnung, immer unter der Prämisse, dass wir den besten Rohstoff für unsere Produkte einsetzen können. Wir beschaffen unsere Rohstoffe am liebsten in der Region oder dann in der Schweiz; erst in letzter Stufe kaufen wir im Ausland ein.

Getreide, Butter, Schokolade, Zucker, Nüsse. Bei welchem der vielen Agrorohstoffe ist Kambly beim Einkauf am empfindlichsten auf Preiserhöhungen?

Butter, Kakao, Nüsse und Mandeln sind unsere teuersten Rohstoffe. Während der Butterpreis – auf weltweit höchstem Niveau – hauptsächlich durch die Landwirtschaftspolitik beeinflusst wird, sind die anderen Rohstoffe stark abhängig vom Ernte-Angebot und der Nachfrage. Die Schwankungen haben in den letzten fünf, sechs Jahren stark zugenommen, mit einer langfristig steigenden Preistendenz.

Wieviel Prozent Ihres Umsatzes machen Sie eigentlich mit Ihren firmenspezifischen Spezialdosenangeboten?

Gebäckmischungen sind gleichbedeutend mit der Präsentation edler Vielfalt und deshalb strategisch wichtig. Dabei sind saisonale Geschenkformate oder kundenindividuelle Spezialangebote von besonderer Bedeutung. Über konkrete Zahlen spricht man bei uns nicht.

Ihr Oltener Konkurrent Wernli hat mit private label Exporten zu Aldi Deutschland kein glückliches Händchen gehabt. Wie „giftig“ ist das Geschäft mit hard discountern?

Kambly bewegt sich aufgrund der Strategie und der Positionierung nicht in diesem Feld. Aus den schlanken Strukturen, den einfachen Abläufen und der minimalen Sortimentsbreite bei höchster Rotation lässt sich ableiten, dass es sich hier um ein äusserst kompetitives Umfeld handelt.

Kamblys Ziel ist es, zwei Drittel des Umsatzes im Export zu machen. Wann denken Sie, wird es so weit sein?

Unsere Vision heisst, die weltweit führende Marke im Premium-Gebäck zu sein. In dem Sinne ist das Ziel vor Augen. Die Erreichbarkeit hängt von vielen verschiedenen, teilweise exogenen Einflüssen ab. Als Eigentümer-geführte Familienunternehmung in der dritten Generation ist der Weg das Ziel.

Zur Person:
Hans-Martin Wahlen, geb. 1961, wohnt in Hilterfingen, ist verheiratet und hat zwei Söhne. Er startete seine Karriere in der Lebensmittelindustrie als Einkaufsleiter bei ToniLait (1993-1995). Von 1996 – 1999 war er bei Toni Milch, Ostermundigen, Standortleiter im Produktionsbetrieb. 2000 leitete er die Gossauer Produktionsbetriebe von Swiss Dairy Food, ehe er 2001 zu Kambly wechselte, wo er bis 2006 als Mitglied der Geschäftsleitung und Stellvertreter des CEO ebenfalls der Produktion vorstand. Seit 2006 ist er Vorsitzender der Geschäftsleitung und seit 2011 auch Delegierter des Verwaltungsrates.

Zum Unternehmen:
Kambly ist mit 435 Mitarbeitern der umsatzstärkste Gebäckhersteller und führende Exporteur der Schweiz und in Frankreich die führende Marke im Premium-Segment. Gut die Hälfte des konsolidierten Umsatzes von über 160 Millionen Franken erfolgt im Ausland. Kambly ist in über 50 Ländern auf allen 5 Kontinenten vertreten und gilt im Premium-Segment edlen Feingebäcks weltweit als Qualitäts- und Innovationsführer.  

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