Jacques Sanche, CEO Bucher Industries, im Interview

Jacques Sanche, CEO Bucher Industries, im Interview
Bucher-CEO Jacques Sanche. (Foto: Bucher)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Sanche, Bucher hat fünf Divisionen, aber eine sitzt im Tief. Haben die Bauern kein Geld mehr?

Jacques Sanche: Die Division Kuhn Group, weltweit führender Hersteller von spezialisierten Landmaschinen, war vom global weiter nachgebenden Markt für Landtechnik betroffen. Rekordernten führten zu einer Überproduktion, und aus einer stagnierenden Nachfrage resultierten hohe Lagerbestände. Weltweit führte dies zu sinkenden Einkommen der Landwirte und vor allem in Nordamerika zu einem besonders zurückhaltenden Investitionsverhalten. Im Vergleich zum Vorjahr sanken der Auftragseingang um 7 Prozent und der Umsatz um 13 Prozent. Trotz dieser erschwerten Bedingungen konnten wir eine Betriebsgewinnmarge von 8 Prozent erreichen.

Ich meine, es ist ja toll, dass die Aktivitäten von Bucher sich auf die grundlegenden Bedürfnisse der Menschen ausrichten, wie Essen, Trinken, Hygiene, aber was tun, wenn das Geld für dringend notwendige Investitionen beim Kunden fehlt? Liegt der Fehler bei der Politik?

Sicherlich können Entscheidungen in der Politik, wie die Aufhebung der landwirtschaftlichen Subventionen in Polen, einen Einfluss auf die Märkte und damit einhergehend auf unseren Geschäftsgang haben. Wir sind jedoch in zahlreichen Ländern der Welt tätig und dadurch sehr breit aufgestellt. Das relativiert die Auswirkungen einzelner staatlicher Massnahmen.

«Bucher Municipal behauptete sich im europäischen Markt für Kommunalfahrzeuge, in dem jedoch grössere Ausschreibungen weitgehend fehlten.»
Jacques Sanche, CEO Bucher Industries

Blickt man auf Buchers Auftragsbestand Ende 2016, immerhin 5,7 Prozent höher im Jahresvergleich, könnte man aber wieder optimistisch werden…

Bucher Industries ist teilweise auch im Projektgeschäft tätig, das naturgemäss eher schwankt. Um ein Beispiel dafür zu nennen: Die Geschäftseinheit Bucher Unipektin vertreibt Technologien und grössere Anlagen zur Herstellung von Fruchtsaft, Bier und Instantprodukten. Der Auftragseingang von Bucher Unipektin profitierte 2016 von einer lebhaften Nachfrage, besonders aus Deutschland, die sich im Auftragseingang niederschlug. Auch das Geschäft der Bucher Emhart Glass hängt von grösseren Projekten ab.

Irgendwann lassen sich Ersatz-Investitionen auf Kundenseite nicht mehr hinausschieben. Ist dieser Moment gekommen? Bei Bucher Municipal ging es im letzten Jahr umsatzmässig ja bergauf. Es wurden also wieder Reinigungs- und Müllentsorgungsmaschinen bestellt.

Bucher Municipal behauptete sich im europäischen Markt für Kommunalfahrzeuge, in dem jedoch grössere Ausschreibungen weitgehend fehlten. Im wichtigen Markt Grossbritannien führten die Unsicherheit bezüglich des Brexit-Entscheids und das schwächere Pfund zu einem langsameren Geschäftsverlauf. In diesem anspruchsvollen Umfeld steigerte die Division mit den Akquisitionen der Geschäfte Kanalreinigungsfahrzeuge und Müllpresscontainer den Auftragseingang um zwei Prozent und den Umsatz um ein Prozent und kompensierte den fehlenden Grossauftrag der Stadt Moskau über 30 Millionen Franken aus dem Vorjahr.

Führen eigentlich die immer milderen Winter zu weniger Nachfrage bei Schneepflügen und Streumaschinen?

Ja, für Europa ist das richtig. Aufgrund des erneuten milden Winters, waren die Kapazitäten im Bereich Winterdienstgeschäft nicht voll ausgelastet.

Bucher Hydraulics war ja sehr vielversprechend ins letzte Jahr gestartet. Dann nahm die Dynamik ab. Wird es jetzt wieder besser, dank steigender Preise?

Der Geschäftsverlauf von Bucher Hydraulics entwickelte sich 2016 ansprechend in einem anspruchsvollen Marktumfeld. Die Division steigerte den Auftragseingang um fünf und den Umsatz um drei Prozent. Die Betriebsgewinnmarge übertraf den hohen Wert des Vorjahrs und erreichte 11.9%. Die gute Leistung resultierte aus der erfolgreichen Zusammenarbeit mit den Kunden in den Segmenten Fördertechnik sowie in der Industrie- und Lifthydraulik. Weiter trug die starke Entwicklung im Nischensegment Hochspannungsschalter zum Umsatzwachstum bei. Im Segment Landtechnik konnte sich die Division jedoch dem rückläufigen Trend in der zweiten Jahreshälfte nicht mehr entziehen. Dennoch verzeichnete die Division in 2016 ein Wachstum von 2.4%. Bucher Hydraulics rechnet für 2017 mit einer Marktentwicklung wie im Vorjahr und erwartet ein leichtes Umsatzwachstum sowie eine Betriebsgewinnmarge in der Grössenordnung von 2016. Vor allem in China, Indien und Brasilien geht die Division von einem Umsatzwachstum aus. Mit Blick auf die Anwendungsbereiche befindet sich die Fördertechnik in Nordamerika bereits auf einem guten Niveau und könnte sich dank Neugeschäften noch etwas steigern.

«Das Wachstum in China sollte mittelfristig zu einer breiteren Mittelschicht führen, was für unsere Absatzmärkte wiederum interessant ist.»

Bei der seit Jahren sehr erfolgreichen Emhart Glass sank die Nachfrage nach Glasformungsmaschinen in China infolge der konjunkturellen Abschwächung und Überkapazitäten in der Glasbehälterindustrie. Kann man dort nicht mit Glasqualität punkten? Das Marktpotenzial für die Massenproduktion von Mehrweghartglasflaschen bezeichnet Bucher ja mittlerweile eher als klein.

Durch unser Joint Venture in Sanjin, China, beliefern wir chinesische Flaschenhersteller in der vom dortigen Markt gewünschten Qualität. Im Jahr 2016 wurden in China generell weniger Glasflaschen nachgefragt. Daher war auch Sanjin als Hersteller von Glasformungsmaschinen von einer erheblichen Marktschwäche betroffen. Diese Entwicklung machte Restrukturierungen notwendig. Grundsätzlich sind Hartglasflaschen für die Mehrweganwendung interessant. Leider ist jedoch das Marktpotenzial für Maschinen in diesem Bereich zu klein.

Ist das neue Wachstumsziel der chinesischen Regierung von 6,5% eher eine gute oder schlechte Nachricht?

Wachstum ist generell eine gute Sache. Es kommt jedoch auch darauf an, dass sich dieses nachhaltig entwickelt. Das Wachstum in China sollte mittelfristig zu einer breiteren Mittelschicht führen, was für unsere Absatzmärkte wiederum interessant ist. Mit dieser Entwicklung steigen die generellen Ansprüche an Lebensmittel und zudem wird auch die Urbanisierung voranschreiten. Dies könnte zum Beispiel auch den Bedarf für moderne landwirtschaftliche Maschinen und für Kommunalfahrzeuge steigern.

Kommen wir zum menschlichen Grundbedürfnis Trinken. Die in der Division Bucher Specials zusammengefasste Getränketechnologie läuft beständig. Welche Wachstumsraten erwarten Sie für Specials?

Die Nachfrage nach Anlagen für die Weinproduktion dürfte sich 2017 nicht wesentlich verändern. Beim Geschäft mit Getränketechnologien rechnen wir mit einer Umsatzsteigerung, das bleibt jedoch aufgrund des Projektcharakters volatil. Das Schweizer Handelsgeschäft mit Traktoren und Landmaschinen geht wegen des allgemeinen Rückgangs in der Landwirtschaft von einer leichten Umsatzabnahme aus. Hingegen rechnen wir in der Mobil- und Industrieautomation von Jetter mit einer positiven Umsatzentwicklung. Für das gesamte Geschäftsjahr rechnet Bucher Specials mit einer Steigerung des Umsatzes und der Profitabilität.

Insgesamt ist das organische Wachstum von Bucher begrenzt. Aber Sie verfügen über einen hohen Cash-Bestand von 61 Millionen Franken. Wo gibt es Arrondierungsmöglichkeiten?

Generell möchten wir uns kontinuierlich weiterentwickeln. So sind wir vor allem in den Divisionen Kuhn Group (spezialisierte Landmaschinen), Bucher Hydraulics (kundenspezifische Hydrauliksysteme) und Bucher Municipal (Kommunalfahrzeuge) stets offen für Akquisitionen. Im letzten Jahr haben wir zum Beispiel in der Division Bucher Municipal den dänischen Hersteller von Kanalreinigungsfahrzeugen JHL übernommen.

«Für das laufende Jahr rechnet Bucher Industries weiterhin mit ökonomischen Unsicherheiten.»

Übernahmen verliefen bei Bucher harmonisch, wie man bei der Jetter AG/Ludwigsburg gesehen hatte. Gibt es dafür ein Patentrezept?

Grundvoraussetzung hierfür ist die präzise Auswahl der Firmen sowie ein gut organisierter Integrationsprozess, bei dem gewisse Freiheiten der Ursprungsfirmen bestehen bleiben, diese sich aber dennoch weiterentwickeln.

Seit 2013 erodierte der Gewinn von Bucher sukzessive Richtung 100 Millionen Franken. Wo sollte er im 2020 wieder zu liegen kommen?

Die Geschäftsentwicklung 2016 von Bucher Industries war geprägt von einem fortgesetzten Rückgang im wichtigen Markt der Landtechnik. Dennoch unterschritt der Umsatz den Vorjahreswert lediglich um 4 Prozent, auch dank Akquisitionen. Die Betriebsgewinnmarge von 7.1% war durch die Umsatzabnahme bei den Landmaschinen sowie mit Einmalkosten bei den Kommunalfahrzeugen belastet und lag unter dem Zielwert von 10 Prozent. Durch die Eigenkapitalquote von 51 Prozent und die hohen liquiden Mittel bleiben die finanzielle Unabhängigkeit sowie die Chancen für weiteres Wachstum gesichert. Den Blick in das Jahr 2020 zu wagen, käme dem Blick in die Glaskugel gleich. Für das laufende Jahr rechnet Bucher Industries weiterhin mit ökonomischen Unsicherheiten. Insgesamt geht der Konzern aber für 2017 von einer leichten Umsatzsteigerung und einer verbesserten Betriebsgewinnmarge aus.

Zum Gesprächspartner:
Jacques Sanche aus Männdorf studierte BWL an der HSG. Am St. Galler Institut für Wirtschaftsinformatik hat er promoviert. Seinen Berufseinstieg machte er als Berater bei der Information Management Group, St. Gallen und bei der Boston Consulting Group, München, ehe er 1997 zur Walter Meier Holding stiess. Dort avancierte er zum stellvertretenden CEO. Im September 2007 wurde Jacques Sanche CEO der BELIMO Holding AG, Hinwil, und seit 2016 ist er CEO der Bucher Industries.

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