Jan Eckert, CEO Schweiz von JLL, im Interview

Jan Eckert, CEO Schweiz von JLL, im Interview
Jan Eckert, CEO Schweiz von JLL (Bild: JLL)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Eckert, Grossunternehmen profitieren schon seit längerer Zeit von finanztechnisch interessanten Optionen wie “sale and lease back” zur Liquiditätsbeschaffung, Finanzierung von Investitionen und Akquisitionen, oder zum Schuldenabbau. Wie sieht das für KMU aus, welche Möglichkeiten bieten sich diesen?

Jan Eckert: Selbstverständlich können auch KMU von “Sale and Lease Back” (SLB) Transaktionen profitieren, sofern sie im Besitz der Betriebsimmobilien sind. Gerade in den letzten zwei Jahren führte JLL ausserordentlich viele SLB Transaktionen für KMU’s durch.

«Auf der Nachfrageseite gibt es immer mehr Anleger, welche solche Sale and Lease Back (SLB) Investitionen suchen. Die Volumina haben sich in den letzten drei Jahren mehr als verdoppelt.» Jan Eckert, CEO Schweiz von JLL

Der Markt dafür ist heute deutlich weiterentwickelt und lässt es zu, solche Geschäfte mit verschiedenen Optionen zu strukturieren. Die Angebote können unterschiedliche Varianten von Vertragsstrukturen, Mietpreisen und demzufolge Transaktionspreisen aufweisen. Schlussendlich kann die passende Option ausgewählt werden. KMU’s erhalten dadurch eine sehr interessante Alternative zur üblichen Bankfinanzierung.

Auf der Nachfrageseite gibt es immer mehr Anleger, welche solche SLB Investitionen suchen. Die Volumina haben sich in den letzten drei Jahren mehr als verdoppelt, dabei variieren die einzelnen Transaktionen zwischen 20 Mio. Franken bis hin zur Milliardenschwelle.

Die Pandemie dürfte bei vielen Banken zu noch mehr Zurückhaltung bei KMU-Finanzierungen, vor allem in Sektoren, welche durch die Pandemie gebremst wurden, führen. Sehen Sie hier für JLL zusätzliche Chancen oder orientieren Sie sich eher am Risikoverhalten der Banken?

Für SLB Transaktionen eignen sich in erster Linie solide Unternehmen mit starken Bilanzen und stabilen Ertragsstrukturen. Als Sanierungsinstrumente sind sie hingegen weniger geeignet. Die Motivation sollte daher vor allem darin liegen, Liquidität zu generieren, Sicherheitspolster zu schaffen oder Wachstumsstrategien zu finanzieren.

«Für SLB Transaktionen eignen sich in erster Linie solide Unternehmen mit starken Bilanzen und stabilen Ertragsstrukturen. Als Sanierungsinstrumente sind sie hingegen weniger geeignet.»

Die Sensitivität zur Bonität von Unternehmen hat allerdings nicht nur bei Banken zugenommen, sondern auch bei Immobilieninvestoren, welche sich mittlerweile viel stärker mit den Geschäftsmodells ihrer Mieter auseinandersetzen. Für JLL sehe ich durchaus grosse Chancen, weil wir die Bedürfnisse der Investoren sehr genau kennen. Wir sind daher in der Lage, Transaktionen in Zusammenarbeit mit den Unternehmen so zu strukturieren, dass die gewichtigen Parameter erfüllt sind.

JLL ist in den Bereichen Immobilienbewertung, Immobilientransaktionen, Vermietung und seit 2017 mit JLL SPark auch im Technologiebereich (PropTech, Digitalisierung) tätig. Wo haben Sie in der Schweiz den Schwerpunkt, wo investieren Sie am meisten in den kommenden zwei Jahren?

Wir sind in der Schweiz hauptsächlich in den Bereichen Transaktionsmanagement, Bewertung und Vermietung bzw. Vermittlung von kommerziellen Flächen tätig. In den nächsten Jahren wollen wir das starke, organische Wachstum der vergangenen Periode fortsetzen.

Zusätzlich bauen wir unsere Kompetenzen weiter aus, unter anderem mit Strukturierungen von Sale and Lease Back Transaktionen sowie mit Beratungen zu Arbeitsplatzkonzepten und -strategie. Im Weiteren wollen wir auch technologisch die nächsten Schritte vorwärts gehen, um sowohl interne Prozesse zu optimieren als auch den Kunden bessere Lösungen anbieten zu können.

Sie wollen noch vermehrt in der Beratung tätig werden mit Themen wie Flächennutzung oder Arbeitsplatzkonzepten. Was heisst das für das Profil Ihrer Mitarbeitenden, die mehrheitlich einen Hintergrund im Banking und in der Wirtschaftsprüfung haben?

Es ist zutreffend, dass viele unserer Mitarbeitenden eine ökonomische Ausbildung absolviert haben und Erfahrungen in der Finanzindustrie aufweisen. Wir verfügen aber auch über Mitarbeitende mit Abschlüssen in Immobilienökonomie, Immobilientreuhand, Bauingenieurswesen, Architektur, Wirtschaftsprüfung, Corporate Finance oder Wirtschaftsgeographie, und sind damit durchaus breit aufgestellt.

Unabhängig vom Hintergrund ist es elementar, dass unsere Mitarbeitenden gut zuhören können, um die individuellen Bedürfnisse der Kunden verstehen zu können. Dies ist zentral, um diejenige Beratung zu erbringen, welche den Kunden unterstützt, seine Ziele zu erreichen.

Momentan haben Sie rund 60 Mitarbeitende in Zürich und Genf. Wie viele sollten es in einem Jahr sein und welche Fähigkeiten müssen Menschen mitbringen, um bei JLL erfolgreich zu sein?

JLL ist weltweit und vor allem auch in der Schweiz eine Wachstumsgeschichte. Wir erfuhren hier bei uns ein starkes organisches Wachstum, ein Ende ist nicht absehbar. Nichtsdestotrotz ist uns die Qualität wichtiger als die Quantität. Unseren Nachwuchs rekrutieren wir aus verschiedenen universitären Bereichen. Dabei kommen längst nicht mehr nur betriebswirtschaftliche und ökonomische Ausbildungen in Frage, auch andere Disziplinen haben an Bedeutung gewonnen und können für uns interessant sein.

Entwicklungen wie Home Office, Desk Sharing oder Co-Working dürften zu einer Verschiebung der Nachfrage nach Büroflächen führen. Welche Entwicklungen sehen Sie hier und wie wirken sich diese auf Ihr Geschäft aus?

In der Tat entstanden für Eigentümer und Mieter neue Fragen. Die Antworten sind jedoch je nach Branche, Firmengrösse oder Unternehmenskultur unterschiedlich. Wir sind dank unserer Dienstleistungspalette auf verschiedenen Seiten am Puls des Geschehens und können unsere Kompetenz mit interdisziplinären Teams optimal einbringen und mögliche Lösungsansätze aufzeigen.

«Von Ausnahmen abgesehen gehen wir davon aus, dass quantitativ der Netto-Effekt auf die Flächennachfrage überschaubar sein wird.»

Von Ausnahmen abgesehen gehen wir davon aus, dass quantitativ der Netto-Effekt auf die Flächennachfrage überschaubar sein wird. Es gibt Unternehmen, die den Flächenkonsum pro Kopf weiter optimieren. Diese Entwicklung hat allerdings lange vor der Pandemie eingesetzt. Trotz räumlichen Optimierungen wächst ein Teil dieser Firmen. Gerade bei Tech-Unternehmen überwiegt dieser Faktor oft, und es werden zusätzliche Flächen angemietet.

Qualitativ erwarten wir einen grösseren Wandel, die Anforderungen an die Gestaltung der Büros und Veränderung der Arbeitsplatzkonzepte dürften von der Tragweite gewichtiger ausfallen.

Aktuell sehen wir eine steigende Inflation, vor allem in den USA, etwas weniger in Europa und nochmals abgeschwächt in der Schweiz. Welchen Einfluss hat dies auf den Immobilienmarkt und die Finanzierungsseite von neuen Objekten?

Gegenwärtig sehen wir in der Schweiz noch keinen markanten Einfluss. Die Inflation ist zwar etwas gestiegen, allerdings immer noch unter einem Prozent, und die Prognosen gehen für die nächsten zwei bis drei Jahre davon aus, dass sie unter dieser Schwelle bleiben wird.

Die grösste Sensitivität zeigen Immobilien auf Zinsveränderungen. Bleiben diese wie bisher auf tiefem Niveau und sollte die Teuerung parallel zunehmen, dann dürfte die Attraktivität von Immobilienanlagen zusätzlich steigen, insbesondere wenn die Cashflows an die Inflation gekoppelt sind. Die höhere Teuerung amortisiert dann indirekt die Schulden. Unter diesen Rahmenbedingungen bleibt der Druck auf die Anlageklasse hoch.

Welches sind aus Ihrer Sicht die innovativsten Neuerungen, welche Ihr Geschäft in nächster Zukunft entscheidend beeinflussen werden?

Da gibt es diverse. JLL hat beispielsweise eine digitale Vermietungsanwendung entwickelt, die den gesamten Lead-to-Deal-Prozess abdeckt. Die Software kombiniert nahtlos Objekt- und Kundendaten, Portfolioübersichten und eine Vielzahl von kundenorientierten Funktionalitäten. Wir versprechen uns von dieser Anwendung sehr viel. Auch ausserhalb von JLL entstehen interessante Produkte mit grossem Potenzial, wir verfolgen diese Entwicklungen sehr aufmerksam.

«Die Inflation ist zwar etwas gestiegen, allerdings immer noch unter einem Prozent, und die Prognosen gehen für die nächsten zwei bis drei Jahre davon aus, dass sie unter dieser Schwelle bleiben wird.»

Bei vielen Prozessen sind wir digital aber auch schon weit fortgeschritten. Das kompetitive Marktumfeld zwingt uns, innovativ zu sein, und unsere Produktivität laufend zu steigern. Dies tönt wenig spektakulär, führt aber dazu, dass wir uns seit Jahren bei der Bewertung, Vermietung oder gerade auch bei Bieterfahren von Transaktionen digital weiterentwickelt haben.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?

Für unsere Gesellschaft wünsche ich mir, dass wir zeitnah aus der Pandemie kommen. Für JLL wünsche ich mir, dass wir den Wachstumskurs fortsetzen können, und dabei sowohl ein harmonisches als auch innovatives Team bleiben.


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