Jean-Daniel Laffely, CEO Vaudoise Versicherungen, im Interview

Jean-Daniel Laffely, CEO Vaudoise Versicherungen, im Interview
Jean-Daniel Laffely, CEO Vaudoise Versicherungen. (Foto: Vaudoise)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Laffely, Motorfahrzeugversicherte erhalten für 2024–2025 Prämienrückerstattungen im Umfang von 37 Millionen zurück. Das sind 10 Prozent der Prämien. Wäre so etwas auch ein Modell für manch’ andere Versicherungsbereiche?

Bei der Vaudoise gibt es auch in anderen Versicherungssparten Prämienrückerstattungen. Jedes zweite Jahr erhalten unsere Versicherten in der Sach- / Haftversicherung eine Prämienrückerstattung. Hier sogar in der Höhe von zwanzig Prozent. Vom 1.7.2024 bis zum 30.6.2025 sind es, wie von Ihnen erwähnt, die KfZ-Versicherten, die eine Prämienrückerstattung von 10% erhalten. Dabei profitieren bei der Vaudoise sowohl die Privatkunden als auch Firmenkunden von diesen Prämienrückerstattungen.

Die geleisteten Entschädigungen für Elementarschäden haben sich im vergangenen Jahr auf über 38 Millionen Franken mehr als verdoppelt, im Vergleich zu 2022. Ist das aufgrund der Klimakrise nun der Normalzustand?

Tatsächlich waren die Schadenbelastungen in den letzten drei Jahren deutlich höher als der 10-jährige Durchschnitt. Im Jahr 2021 haben Naturereignisse sogar mehr als 60 Millionen Franken an Schäden bei den Vaudoise-Versicherten verursacht. Kumuliert über drei Jahre belaufen sich die Naturschäden auf rund 120 Millionen Franken. Ein direkter Zusammenhang mit der Klimakrise ist schwer zu belegen, aber wir können nicht ausschliessen, dass dieses erhöhte Niveau der Häufigkeit wie auch der Heftigkeit der von Naturereignissen verursachten Schäden das «New Normal» für die Versicherungsbranche darstellt.

Ist das mit ein Grund für das ESG-Engagement der Vaudoise?

Die steigende Schadenbelastung aufgrund von klimatischen Ereignissen, insbesondere die Hagelunwetter in den letzten Jahren, sind natürlich wichtige Faktoren, aufgrund derer wir Nachhaltigkeit aus Sicht der Risiken betrachten, mit denen wir im Rahmen unserer Tätigkeit als Versicherer konfrontiert sind. Das Management von ESG-Risiken und insbesondere des Klimarisikos nimmt daher einen wichtigen Platz in unserem Nachhaltigkeitsprogramm ein. Unser Engagement für Nachhaltigkeit beschränkt sich jedoch nicht auf das Risikomanagement, sondern umfasst eine Reihe von Massnahmen, die wir im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie ergreifen. Die seit 2020 bestehende Strategie ergab sich ganz natürlich aus unserem Geschäftsmodell und unseren starken Unternehmenswerten, die wir seit 1895 leben.

«Das Management von ESG-Risiken und insbesondere des Klimarisikos nimmt einen wichtigen Platz in unserem Nachhaltigkeitsprogramm ein.»
Jean-Daniel Laffely, CEO Vaudoise Versicherungen

Dafür gibt es bei Ihnen eine Art Kreismodell?

Nicht nur. Wir setzen uns dafür ein, unsere positiven Auswirkungen zu verstärken und die Erwartungen unserer Anspruchsgruppen zu erfüllen, rund um fünf Säulen: Die Säule als engagierter Versicherer, der sich für unsere Kundinnen und Kunden einsetzt, um ihnen qualitativ hochstehende Produkte und Dienstleistungen anzubieten und dabei Nachhaltigkeitsaspekte vermehrt zu berücksichtigen. Als verantwortungsvoller Investor achten wir auf die Einbindung von ESG-Kriterien bei all unseren Anlagen. Die nächste Säule motivierender Arbeitgeber setzt die Mitarbeitenden und ihre Bedürfnisse ins Zentrum. Bei der Säule Corporate Citizen geht es um unser soziokulturelles Engagement für die Schweizer Gesellschaft. Und schliesslich noch die Achse als umweltbewusstes Unternehmen, bei der wir uns für ein klimabewusstes Ressourcenmanagement mit Schwerpunkt auf die Reduktion unseres CO 2 -Fussabdrucks stark machen.

Die augenblickliche Schaden-Kosten-Quote von 96,6% ist sicher noch zu verbessern?

Auf jeden Fall, auch wenn wir das Ergebnis als akzeptabel betrachten, sind die Elementarschäden ein wichtiger Grund für diese Entwicklung, aber auch andere Faktoren haben im Bereich Motorfahrzeugversicherung eine Rolle gespielt, wie steigende Reparaturkosten oder die Rückkehr zur Normalität bei den Personenversicherungen.

Wie kam es zu den um rund 8,7 % tieferen Ertragssteuern?

Um unsere Steuerquote zu verstehen, muss man berücksichtigen, dass die Prämienrückerstattungen, die wir unseren Kunden zahlen, den steuerpflichtigen Gewinn reduzieren. Das macht unsere Steuerquote im Vergleich zum konsolidierten Gewinn der Gruppe scheinbar niedrig, aber sie ist eigentlich ganz normal. Von Jahr zu Jahr gibt es verschiedene Faktoren, die die Ertragssteuern beeinflussen. Ein grosser Faktor hängt mit dem Betrag der Prämienrückerstattungen zusammen. Wie schon erklärt, wechseln wir alle zwei Jahre zwischen den Sparten, die von den Prämienrückerstattungen profitieren, und damit ändert sich auch der absolute Betrag, der dann mal mehr und mal weniger den steuerpflichtigen Gewinn senkt. Es ist etwas technisch, aber keine Zauberei.

Im Lebengeschäft musste die Vaudoise bei den gebuchten Prämien im Vergleich zum ausgezeichneten Jahr 2022 einen Rückgang von 3,2 Prozent auf 250 Millionen Franken hinnehmen. Wird das Produkt vor dem inflationären Hintergrund zunehmend unattraktiv?

Nein, es handelt sich lediglich um einen Managemententscheid, weniger Volumen für Produkte mit Einmalprämien dem Markt zur Verfügung zu stellen.

Im weit bedeutenderen Nicht-Lebengeschäft konnten Sie die Prämieneinnahmen um rund fünf Prozent steigern. Welche weiteren umsatzsteigernden Produkte sind angedacht?

Neben dem Wachstum der genannten Branchen (Unfall/Krankheit, Haftpflicht/Sachversicherung, Motorfahrzeug) ist es wichtig, das Wachstum der Tierversicherungsbranche zu erwähnen, da wir mit unserer Mehrmarkenstrategie Marktführer sind. Im Jahr 2023 ist Animalia zweistellig gewachsen, was vor allem auf die Online-Abschlüsse, die Leistung des Vertriebs der Vaudoise und vieler Geschäftspartner zurückzuführen ist. 2023 war für Epona ein positiver Wendepunkt. Durch die 2022 eingeleiteten und 2023 verstärkten Massnahmen konnte das Portefeuille saniert und ein Teil der Inflation der Tierarztkosten aufgefangen werden. Seit November 2023 gehört Epona zu 100% zur Gruppe Vaudoise Versicherungen. Dadurch kann die Entwicklung interner Synergien vorangetrieben werden.

«Durch die 2022 eingeleiteten und 2023 verstärkten Massnahmen konnte das Portefeuille saniert und ein Teil der Inflation der Tierarztkosten aufgefangen werden.»

Die annualisierte Kapitalrendite liegt bei der Vaudoise bei zwei Prozent. Das ist mehr als auch schon, aber doch eigentlich nicht viel?

Die von Ihnen erwähnte Kapitalrendite ist die Rendite laut der Erfolgsrechnung unter Anwendung des Rechnungslegungsstandards Swiss GAAP FER. Die ökonomische Rendite unseres Anlageportfolios betrug 5.5% für 2023. Der Unterschied erklärt sich aus der Anwendung des Niederstwertprinzips für die Bewertung von Aktien und Immobilien und dem Amortized Cost Prinzip für festverzinsliche Anlagen. Für die Berechnungen der erwähnten zwei Prozent werden Kursschwankungen in den meisten Fällen folglich nicht berücksichtigt.

Ende April hat die Vaudoise die Prevanto AG erworben, welche in der Beratung von öffentlichen und privaten Vorsorgeeinrichtungen in der Schweiz aktiv ist. Diese Übernahme ergänzt jene von Pittet Associés SA im Jahr 2019. Die Vaudoise-Gruppe ist jetzt Marktführerin in aktuarieller Beratung von Vorsorgeeinrichtungen. Was macht dieses Segment so interessant?

Die Möglichkeiten für externes Wachstum im Versicherungsmarkt liegen praktisch bei null. Deshalb haben wir eine Komplementaritätsstrategie definiert, als Teil unserer Strategie der Ertrags-Komplementarität, die auf Beratungs- und Aktuariatskompetenzen und unsere nationale Präsenz setzt.

«Wir können uns durchaus vorstellen, neben den existierenden Engagements an der Berninvest und unserer Minderheitsbeteiligung an Procimmo noch weitere Beteiligungen zu tätigen.»

Die sehr hohe Solvenzquote SST von 334% erlaubt Ihrer Gruppe auch grössere Engagements. Was würde noch zu Ihnen passen?

Neben der genannten Strategie sind wir aktiv im Immobilien Assetmanagement für Dritte ausserhalb des Versicherungsbereichs. Wir können uns durchaus vorstellen, neben den existierenden Engagements an der Berninvest und unserer Minderheitsbeteiligung an Procimmo noch weitere Beteiligungen in diese Richtung zu tätigen. Ansonsten setzen wir auf die Verwaltung unserer Aktiven und auf das Management von Versicherungsrisiken.

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