Jean-Daniel Laffely, CEO Vaudoise Versicherungen, im Interview

Jean-Daniel Laffely, CEO Vaudoise Versicherungen, im Interview
Jean-Daniel Laffely, CEO Vaudoise Versicherungen. (Foto: Vaudoise)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Laffely, die Vaudoise-Gruppe beteiligte sich Ende Jahr mit 20 Prozent an der SEG Suisse Estate Group AG, deren Tochtergesellschaft Procimmo AG einen Immobilienbestand von 3,5 Milliarden Franken verwaltet. Ist Ihre Versicherung jetzt eine Immobilienholding?

Jean-Daniel Laffely: Ein Versicherer ist in der Regel auch im Asset Management tätig und unser Unternehmen insbesondere im Immobilienbereich. So ist die Vaudoise seit 2017 Eigentümerin von Berninvest und Vaudoise Investment Solutions, die über CHF 2,6 Milliarden verwalten. Dabei muss zwischen dem Immobiliengeschäft auf eigene Rechnung, das CHF 1,5 Milliarden ausmacht und der Immobilienverwaltung für Dritte (Fee Business) unterschieden werden. Mit unserer Beteiligung an der SEG können wir unsere strategische Entwicklungsachse im Fee Business weiter stärken.

Versicherungen haben also das Luxusproblem, die Prämiengelder ihrer Kunden bis zum allfälligen Leistungsfall gewinnbringend anzulegen. Wie macht das die Vaudoise?

Sie spielen hier auf die damalige Devise von Warren Buffett an, aber mit den Negativzinsen ist die Gleichung etwas komplizierter. Von einem Luxusproblem kann also keine Rede sein. Was den Cashflow betrifft, so kann zwischen dem Prämieninkasso im Januar und der Leistungsauszahlung im Laufe des Jahres keine positive Rendite erzielt werden. Zwischen dem Inkasso einer Prämie eines Versicherungsvertrags und der Leistungsauszahlung liegt je nach Versicherungsbranche eine mehr oder weniger lange Zeitspanne. Das berücksichtigen wir bei der Festlegung eines Tarifs, den wir um die erwartete Rendite senken.

Mit der Übernahme der Epona setzt die Vaudoise noch mehr auf Tierversicherungen. Ist das tatsächlich so lukrativ? Vielleicht auch eine Folge der Coronapandemie?

Wir rechnen mit Wachstumspotenzial in diesem Sektor. Die Pandemie hat diese Einschätzung bestätigt. In den letzten zwei Jahren hat sich die Beziehung zwischen Mensch und Haustier intensiviert. Der Markt muss jedoch noch reifen. Gegenwärtig ist er nicht lukrativ, und es muss ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis erreicht werden. Optimierbar ist auch der Einsatz von Technologien mit künstlicher Intelligenz. Mit Animalia, unserer anderen Tierversicherung, bearbeiten wir 100’000 Rechnungen jährlich. Diese Entwicklung erwarten wir auch bei Epona.

«In den letzten zwei Jahren hat sich die Beziehung zwischen Mensch und Haustier intensiviert. Der Tierversicherungsmarkt muss jedoch noch reifen. Gegenwärtig ist er nicht lukrativ.»
Jean-Daniel Laffely, CEO Vaudoise Versicherungen

Aber warum braucht es zwei?

Mit zwei starken Marken in diesem Sektor in der Schweiz – Animalia feiert dieses Jahr ihr 20-Jahr-Jubiläum, und Epona besteht schon seit über 120 Jahren – stärkt die Vaudoise Gruppe ihre führende Position in der Tierversicherung. Damit stellen wir die Werte unseres Unternehmens – nah, vertrauenswürdig, menschlich – in den Vordergrund und unterstützen Tierbesitzerinnen und -besitzer in einem Bereich, der ihnen sehr am Herzen liegt.

Ihre Agenturdichte ist in Graubünden, dem Tessin und dem Oberwallis noch recht dünn. Wird das schnell ändern?

Das Vertriebsnetz der Vaudoise umfasst rund 115 Verkaufsstellen in der Schweiz. Dabei liegt der Fokus auf der Effizienz und der Nähe zu den Kundinnen und Kunden. Ausserdem entspricht die Dichte unseres Agenturnetzes der Bevölkerungsdichte in den verschiedenen Sprachregionen. Die Vaudoise ist in dieser Hinsicht sehr gut vertreten und ist nah bei ihren Kundinnen und Kunden, um sie direkt bei sich zuhause zu besuchen. Wir ziehen die Eröffnung neuer Agenturen stets in Erwägung. Wichtig dabei ist, dass die fachliche Kompetenz vor Ort gegeben ist. Sollte sich also die Gelegenheit für eine Agentureröffnung bieten, dann würden wir diese natürlich nutzen. Nehmen wir das Beispiel Tessin, wo ich zwei Jahre gelebt habe. Dort sind wir mit vier Agenturen vertreten, und zwar in Lugano, Bellinzona, Locarno und Mendrisio. Diese Aufteilung erscheint mir sehr angemessen, um unseren Kundinnen und Kunden im ganzen Kanton persönlich zur Seite zu stehen.

«Die Dichte unseres Agenturnetzes entspricht der Bevölkerungsdichte in den verschiedenen Sprachregionen.»

Im Moment kann man bei Ihnen eine 10jährige Festhypothek zu 1,11 Prozent bekommen. Wie hoch ist die Beleihungsgrenze?

Dieses Thema ist sehr aktuell. Nach den letzten starken Erhöhungen des Swap-Satzes ist der feste Zinssatz für 10 Jahre ab 1,36 % möglich. Dies entspricht unserem Vaudoise-Satz, wir profitieren aber auch von einer Hypothekarbörse (Credex), wo die Zinssätze je nach Risikoprofil des jeweiligen Dossiers tiefer sein können. Der maximale Belehnungssatz beträgt 80 %.

«Nach den letzten starken Erhöhungen des Swap-Satzes ist der feste Hypothekarzinssatz für 10 Jahre ab 1,36 % möglich.»

Mit der Dividende schlägt Ihre Aktie jede Obligation. Ist die 20 CHF-Marke bald fällig?

Tatsächlich handelt es sich um CHF 3.– für die Namenaktien A, plus CHF 40 Millionen für die Gewinnweitergabe an die Kunden und CHF 16.– für die Namenaktien B. Unser Verwaltungsrat wird demnächst basierend auf den Ergebnissen 2021 den Antrag für die Generalversammlung 2022 ausarbeiten.

Wieso stieg denn im letzten vollen Geschäftsjahr der Aufwand für Kapitalanlage durch Wertminderungen um rund 170 Millionen auf 285 Millionen Franken?

Die Börsenmärkte sind im ersten Quartal 2020 eingebrochen und stiegen in der Folge wieder an. Da wir auf unseren Anlagen Monatsabschlüsse machen, hat sich das sehr stark negativ ausgewirkt. Bei den Anlageerträgen wirkt sich dieser gleiche Effekt jedoch umgekehrt aus. Diese stiegen von CHF 345 Millionen auf CHF 467 Millionen (CHF 35 Millionen bis CHF 172 Millionen auf Wertberichtigungen).

Die Schaden-Kosten-Quote liegt bei sehr guten 92,6%. Da die Verwaltungskosten in etwa gleich hoch blieben war, hatten Sie also in letzter Zeit wieder eine sehr gute Schadensbilanz?

Sie beziehen sich hier auf die Jahresrechnung 2020. Wir konnten in den letzten Jahren die Branchen, deren Rentabilität sich verschlechtert hat und jene, deren Rentabilität sich verbessert hat, in einem relativen Gleichgewicht halten. Insgesamt verzeichnen wir also eine gewisse Stabilität. Naturereignisse wie im Jahr 2021 schlagen sich ebenfalls in die Ergebnisse nieder. Am 30. Juni 2021 lag die Bruttoschadenbelastung bei CHF 323,1 Millionen, ein Jahr zuvor betrug sie CHF 317,8 Millionen. Gründe dafür sind das Prämienwachstum und die Hagelereignisse vom vergangenen Juni. Hier ist anzumerken, dass sich ein Teil der Elementarschäden und Hagelereignisse im 2. Halbjahr ereignet hat. Die Verwaltungs- und Abschlusskosten verzeichnen einen Anstieg und belaufen sich auf CHF 127,1 Millionen im Vergleich zum Vorjahr (CHF 115,3 Millionen).

Das Lebensversicherungsgeschäft entwickelt sich nach einem Taucher 2019 wieder sehr positiv, liegt das am anhaltenden Negativzinsumfeld?

Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass wir unsere Produkte mit Einmalprämie gemäss Marktbedingungen vermarkten können. Dies hängt von den Zinssätzen und den Anleihen-Spreads ab. 2020 fiel somit günstiger aus als 2019. Wir haben damit besser auf die Kundenbedürfnisse reagiert, insbesondere hinsichtlich der Pandemie.

Welche langfristigen Ziele verfolgt die Vaudoise mit Ihrer Beteiligung an der FimPlus AG und FimPlus Management, dem Spezialisten für Leibrenten?

Das FIM+-Modell kann an Leibrenten oder andere Modelle gekoppelt werden und ermöglicht es, das Baurecht einem breiteren Publikum an Privatpersonen zugänglich zu machen. Dieses Modell ist zukunftsorientiert, und wir erforschen, wie der Markt darauf reagiert. Sein Erfolg hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von den Marktbedingungen und den Besteuerungsregeln.

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