Johann Kaufmann, Group CEO Outdoor Switzerland AG, im Interview

Johann Kaufmann, Group CEO Outdoor Switzerland AG, im Interview
Johann Kaufmann, Group CEO Outdoor Switzerland AG. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com : Herr Kaufmann, 2020 war der internationale Markt komplett zum Erliegen gekommen. Haben denn in Ihrer Branche jetzt die Kunden ähnlich wie in der Industrie einen Nachholbedarf?

Johann Kaufmann: Der Erlebniswert Natur/Outdoor hat in der Pandemie vor allem auf dem Schweizer Markt spürbar an Bedeutung gewonnen. Raus in die Natur zu gehen, frei zu atmen und sich frei zu bewegen ist die neue Lebensqualität. Wir sind überzeugt, dass der Nachholbedarf auch international vorhanden ist. Wann, ist ein Blick in die Kristallkugel.

Wieso ging aber der Umsatz viel stärker als die Gästezahlen zurück?

In der zweiten Hälfte 2020 hatten wir fast ausschliesslich Gäste aus dem Schweizer Markt. Der Bedarf an frischer Luft, gleich nach der Öffnung aus dem Lockdown, hat uns selbst überrascht. Wir hatten viele Gäste, die kurze Abenteuer wie den Steg in die Gletscherschlucht Grindelwald oder den Adventurepark Interlaken besucht haben. Diese Angebote sind natürlich nicht gleich umsatzstark wie ein Raftingerlebnis oder eine Bergtour. Darum der stärkere Umsatzrückgang im Verhältnis zu unseren Gästezahlen.

«Der Erlebniswert Natur/Outdoor hat in der Pandemie vor allem auf dem Schweizer Markt spürbar an Bedeutung gewonnen.»
Johann Kaufmann, Group CEO Outdoor Switzerland AG

Trotz dem Gewinneinbruch mussten Sie für 2020 fünfmal mehr Steuern zahlen. Wieso das?

Unsere zwei operativen Hauptfirmen sind unterschiedlich ausgerichtet. Während Outdoor-Interlaken Angebots- und Standortgebunden stark vom internationalen Markt abhängig ist, widerspiegelt grindelwaldSPORTS den klassischen Schweizer Markt. Durch das sehr gute Jahr im Schweizer Markt sind auch entsprechende höhere Steuern in der Tochtergesellschaft angefallen.

Die Outdoor Switzerland AG hat drei grosse Tochtergesellschaften. Wieso gehört denn die Bungy-Anlage zur Alpine Raft GmbH?

Der Bungybetrieb am Stockhorn war Teil des Angebotes der Alpin Raft GmbH bei deren Übernahme. Es ist klar, dass der Betrieb entsprechend in der Gesellschaft bleibt.

Wie wird der «Angebotsdschungel» ab Herbst 2021 vereinfacht werden?

In dem wir alle unsere Angebote einheitlich unter einem Namen auf einer Plattform präsentieren.

Outdoor Switzerland konnte zwei Drittel der Anteile der Jetboat Interlaken AG kaufen, eine willkommene Ergänzung im Wasser- und Softadventure-Segment. Gibt es auf dem Brienzer und Thuner See Auflagen?

Wir erfüllen alle üblichen Auflagen, die Motorbootaktivitäten betreffen.

Während die Gipfeltouren etwas zurückgingen, erfreuten sich die Ausbildungskurse sowie die Gletscherwanderungen grosser Beliebtheit. Werden die Leute braver?

Im Gegenteil. Wir haben viele junge Wanderer, welche der Schritt zum Bergsteigen fasziniert und entsprechend Ausbildungskurse buchen. Die Nachfrage nach den Gipfeltouren ist ungebrochen. Allerdings spielt hier Wetter und Verfügbarkeit von Bergführern und Hüttenplätzen mitunter eine Rolle. Gipfeltouren können nur bei guten Verhältnissen durchgeführt werden. Die Hüttenplätze waren durch Covid um rund ein Drittel eingeschränkt. Gerade an den Wochenenden konnten wir der Nachfrage oft nicht nachkommen.

«Die Nachfrage nach den Gipfeltouren ist ungebrochen.»

Wie sieht es beim Canyoning aus. Ist das Saxetenbach-Unglück vor 22 Jahren überhaupt noch im Hinterkopf?

Unbestritten. Obwohl der tragische Unfall lange vor meiner Zeit war, beschäftigen uns die Erkenntnisse von damals und den vergangenen 22 Jahren im Safety-Management täglich.

Für passive Sicherheit wird alles getan. Wie sieht es aktiv bei Ihren Kunden aus?

Je schwieriger die Aktivität, desto intensiver die Beratung der Kunden. Schlussendlich müssen wir uns aber auf die Selbsteinschätzung der Kunden verlassen können. Dies klappt in den meisten Fällen sehr gut. Unsere Produkteberater in den Büros, sowie unsere Guides an der Front werden in dieser Thematik entsprechend geschult.

«Je schwieriger die Aktivität, desto intensiver die Beratung der Kunden. Schlussendlich müssen wir uns aber auf die Selbsteinschätzung der Kunden verlassen können.»

Es ist vielleicht noch etwas früh, aber haben Sie nach der erfolgten Übernahme der Eventfirma Eiger Vision Projekte für grössere Veranstaltungen?

Wir haben einige Anfragen für grössere Events bekommen. Im Grossen und Ganzen wird aber noch verhalten geplant, was auch verständlich ist.

Outdoor Switzerland hat nur sieben Prozent Kleinaktionäre. Wünschen Sie da mehr Breite?

Grundsätzlich wünschen wir uns Aktionäre, welche Outdoor leben und selbst oft in der Natur unterwegs sind. Dann verstehen sie unsere Materie besser. Outdoor ist eine Passion, auch in geschäftlichen Belangen. Ich könnte mir nebst Kleinaktionären auch durchaus vorstellen, im Zuge einer Synergienutzung grössere Partnerschaften einzugehen.

Ein Argument für Ihre Aktie ist sicherlich die Naturaldividende. Aber die Gültigkeitsdauer von einem Jahr finde ich etwas knapp…

Eben nicht knapp. Eine Naturaldividende bekommt, wer aktiv an unserer GV teilnimmt. Wir wünschen uns Aktionäre, die unser Business verstehen. Nur so können wir uns strategisch bestmöglich entwickeln. Unser Portfolio an Aktivitäten ist gross, es gibt jedes Jahr etwas zu entdecken. Aber Hand aufs Herz: sollte die Gültigkeitsdauer terminlich einmal nicht passen, werden wir sicher ein Auge zudrücken.

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