Jürg Werner, CEO Metall Zug Gruppe im Interview

Jürg Werner, CEO Metall Zug Gruppe. (Foto: Metall Zug)

Interview von Annina Haller und Christoph Hilber, Unternehmerzeitung, P-Connect

Herr Werner, waschen Sie gerne Geschirr? Oder eben gerade nicht?

Jürg Werner: Ich glaube, das ist eine der Tätigkeiten, die niemand wirklich gerne macht. Und genau deswegen stellen wir ja auch unsere Haushaltgeräte her. Aber ich habe am (ab)waschen natürlich ein professionelles Interesse: Meine Frau und ich testen zu Hause jeweils die Geräte in einem sehr frühen Prototypen-Stadium auf Herz und Nieren.

Das ist ja hervorragend, wenn der VRP auch gleich ein Tester der Maschinen ist!

(Lacht) Ja, und meine Frau auch: Sie ist eine der kritischsten Testerinnen im Netzwerk. Wir haben ein Consumer-Panel, in dem die Geräte getestet werden. Wir wollen die Erwartungen erfüllen. Mit meinem technisch-industriellen Hintergrund betrachte ich die Geräte zusätzlich auch aus dieser Sicht.

Wo liegt denn die Innovationskraft bei Haushaltgeräten? So viel Neues kann doch gar nicht gemacht werden…

In den letzten zwanzig Jahren haben wir viele Innovationen hervorgebracht. Diese gehen in Richtung Gebrauchstauglichkeit, Energieeffizienz und natürlich neue Geräte, wie zum Beispiel den Combi-Steamer, den wir Ende 2000 auf den Markt gebracht haben. Das war damals etwas völlig Neues! Oder den Refresh Butler als neueres Beispiel, mit dem man Anzüge auffrischen kann: Rauch- oder Fettdüfte werden mit Luft, Dampf und Photokatalyse zerlegt und Tragfalten geglättet.

«Wir haben den Combi Steamer so weit entwickelt, dass Sie auch eine Kugel Glace im Blätterteig hineinstellen können. Der Blätterteig wird dann knusprig und die Glace bleibt gefroren!» Jürg Werner, CEO Metall Zug Gruppe

Wie schützen Sie sich vor internationaler Konkurrenz? Interessante Technologien werden schnell kopiert…

Bei unseren Geräten geht es um Schweizer Markenprodukte. Der Kunde möchte natürlich das Original, die Marke. Trotzdem müssen wir führend bleiben. Wir müssen neue Ideen haben und Bestehendes weiterentwickeln. Beim Combi-Steamer sind wir technologisch marktführend und haben ihn stetig weiterentwickelt. Wir haben ihn so weit entwickelt, dass Sie auch eine Kugel Glace im Blätterteig hineinstellen können. Der Blätterteig wird dann knusprig und die Glace bleibt gefroren! Wir sind führend in unserer Technologie.

Dann sind Sie auch ein Hobbykoch?

Nein, ich bin kein guter Koch. Aber wir arbeiten mit sehr guten Köchen zusammen: Mit Andreas Caminada, Tanja Grandits und Stefan Meier hier aus Zug. Das sind alles Köche, die hoch angesehen sind und mit unseren Geräten kochen, auch in ihren Küchen.

Dann stellen diese Profiköche auch Anforderungen an neue Geräte?

Ja klar, wir erhalten von ihnen immer wieder Rückmeldungen. Das ist eine wirkliche Zusammenarbeit, nicht nur eine aus PR-Zwecken. Wir haben nur Partner, die auch wirklich mit unseren Geräten arbeiten und sie anwenden. Sie kennen die Anforderungen an die Bearbeitung von Nahrungsmitteln am besten. Und nur so können wir auch die bestmöglichen Geräte herstellen. Mit den Spitzenköchen haben wir zudem spezielle Rezepte und Tipps für die Vacuisine-Funktion unseres Combi-Steamers entwickelt.

Wurde die Idee des Technologie-Clusters Zug aus diesem Innovationsgedanken geboren?

Primär soll der Technologie-Cluster Raum geben zum Atmen und Wachsen, das natürlich besonders für V-Zug, aber auch für die Metall Zug AG. Wir wollen verstärkt Synergien nutzen. Insgesamt wollen wir ein Umfeld schaffen, das technologisch interessant ist für uns, für Zug und für die Schweiz. Gleichzeitig soll der Cluster auch international von Bedeutung und weltoffen organisiert sein.

«Wir haben mit Dingen zu tun, die Hand und Fuss haben, die man anfassen kann. Produkte im Finanzbereich sind da weitaus theoretischer.»

Lohnunterschiede zwischen Management und Angestellten ist immer wieder ein Thema in der Schweiz. Ist dieser Unterschied in der Industrie kleiner als beispielsweise in der Finanz-Branche?

Ich glaube schon, dass die Industrie geerdeter und realitätsnaher ist. Wir haben mit Dingen zu tun, die Hand und Fuss haben, die man anfassen kann. Produkte im Finanzbereich sind da weitaus theoretischer. Darum ist unser Geschäft quasi bodennah – auch wenn High-Tech drin steckt.

Sie sind auch im Unternehmen geerdet: Seit fast zwanzig Jahren sind Sie dabei. Seit 2012 sind Sie VRP, wo Sie vorher CEO waren. Was ändert sich, wenn man plötzlich Chef des Chefs wird?

Es ist schon anders, denn man ist nicht mehr operativ tätig. Man muss den Nachfolgern Ihre Freiheit lassen und deren persönlichen Stil akzeptieren. Auch wenn man die kritischen Stellen immer im Blick behalten sollte, muss man bewusst einen Schritt zurücktreten.

Sie trauen sich aber immer noch, persönlich in die Produktion zu gehen?

Absolut! Das ist mir ein grosses Anliegen: Man sollte sich immer Informationen über verschiedene Stufen holen können. Auch ich als VRP muss mich direkt bei den Mitarbeitern informieren können. Aber Handlungen und Anweisungen sollten über die Linie laufen.

Mit Metall Zug pflegen Sie den Ansatz «Economies of Diversity». Was verstehen Sie darunter genau?

Metall Zug ist eine konzernähnliche Gruppengesellschaft. Jedes unserer drei Unternehmen – V-Zug, Belimed und Schleuniger Holding – tritt eigenständig am Markt auf. Aus der Diversität dieser Unternehmen schöpfen wir Verbesserungs- und Innovationspotenzial, indem wir Lösungen gegenseitig anwenden.

«Unser internes Hightech-Know-how ist ein grosser Vorteil.»

Nutzen Sie auch Technologien anderer Industrien hier in Zug, zum Beispiel Elektronik?

Nein, das machen wir alles selber, schon lange. Seit 1992 haben wir das «Zug-Auge», eine optoelektronische Verbindung, sodass man mit unseren Geräten kommunizieren kann. Lange vor unseren Mitbewerbern haben wir Elektronik auf breiter Basis in unsere Geräte eingebaut. Es laufen hochkomplizierte technische Prozesse ab, von denen der Benutzer gar nichts mitkriegt. Unser internes Hightech-Know-how ist ein grosser Vorteil.

Sie sind im Industrial Advisory Board des Departements Maschinenbau und Verfahrenstechnik an der ETH Zürich. Welches Know-how bringen Sie dort ein?

Ich kann dort sicherlich die praktische Sicht des Unternehmers einbringen. Die Anliegen der Umsetzung näherzubringen, finde ich wichtig.

Und welches Know-how können Sie für sich einholen?

Ich sehe dort, was bei den einzelnen Professoren oder in den Labors gerade aktuell ist. Der Kontakt mit der ETH gibt mir Anregungen und Ideen. Die Idee zum Refresh Butler kam mir aber, als ich ein Heft der Empa gelesen habe. Dort erfuhr ich von Wandfarben, die die Raumluft mittels Photokatalyse reinigen. So bin ich auf den Geschmack gekommen.

Was raten Sie anderen potentiellen Verwaltungsräten?

Eine gewisse Nähe zum Thema ist wichtig. Man kann nicht schwimmen, ohne nass zu werden. Um gute Entscheidungen zu treffen, muss ich die Materie verstehen. Man muss aber auch Kernkompetenzen seines Unternehmens kennen. Bei der V-Zug sind dies beispielsweise Qualität, Innovationskraft und Markenstärke. Wenn man die Stärken des Unternehmens stets vor Augen hat, und nicht nur das kurzfristige Optimieren der Zahlen, kann man für nachhaltigen Erfolg sorgen.

«Wir wollen möglichst jeden Fehler verhindern und nicht möglichst viel Umsatz damit generieren.»

Sie sorgen also für nachhaltige Qualität?

Genau. Wir führen z.B. unseren Kundendienst nicht primär profitorientiert. Dies, weil jeder Kundendienstfall einer zu viel ist. Wir wollen möglichst jeden Fehler verhindern und nicht möglichst viel Umsatz damit generieren. Die Erfahrung im Kundendienst nutzen wir, um unsere Produkte noch besser zu machen.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie verändern wollen?

Was uns momentan am meisten plagt, ist diese ganze Regulierungswut. Wir müssen davon wegkommen, jeden Fehler in ein Gesetz zu giessen. Ich finde es keine gute Idee, Kultur und gesunden Menschenverstand durch rigide Gesetze ersetzen zu wollen.

Der Gesprächspartner:
Jürg Werner ist seit dem 1. Juni 2012 CEO der Metall Zug AG. Seit September 2013 ist er zudem Verwaltungsratspräsident der V-Zug AG, die er zuvor als CEO geführt hat.

 

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