Lars Egger, CEO Espace Real Estate, im Interview

Lars Egger, CEO Espace Real Estate, im Interview
Lars Egger, Vorsitzender der Geschäftsleitung Espace Real Estate Holding AG. (Foto: Espace Real Estate)

von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Egger, das EBIT konnte im letzten Jahr markant gesteigert werden. Ist das der Basiseffekt?

Lars Egger: Die wesentliche Steigerung des EBIT ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Einerseits trug die Erhöhung des Liegenschaftserfolgs und der Erlös aus Verkauf von Liegenschaften dazu bei, andererseits beeinflusste der Erfolg aus Neubewertung das Ergebnis positiv. Auch der um Sondereffekte bereinigte Periodengewinn stieg markant um rund 15% und zeigt die operative Ertragskraft von Espace.

Der rein operative Periodengewinn beträgt 16.9 Mio. CHF. Damit ist Espace Real Estate solide unterwegs. Der durchschnittliche Zinssatz für die Finanzverbindlichkeiten konnte gegenüber dem Vorjahr erneut gesenkt werden und zwar um 12 Basispunkte auf nur noch 1,37% bei einer Laufzeit von etwa 5 Jahren. Hat es noch weiter Luft?

Der mit Fremdfinanzierungen belehnte Anteil auf Stufe Gesamtportfolio liegt per Stichtag deutlich unter der Amortisationsgrenze von 65%. In den nächsten Monaten stehen Neufinanzierungen und Refinanzierungen an, welche den Zinssatz für die Finanzverbindlichkeiten positiv beeinflussen werden. Grundsätzlich profitieren wir vom aktuellen Zinsniveau und entsprechend werden die Finanzierungen langfristig abgesichert. Gleichzeitig kombinieren wir verschiedene Laufzeiten und diversifizieren dadurch das Zinsänderungsrisiko.

Wie fast laufend starteten Sie ein umfassendes Sanierungs- und Neubauprogramm mit einem Volumen von fast 100 Millionen Franken. Gebaut wird vor allem in Zuchwil bei Solothurn. Wird in Solothurn nicht etwas arg viel gebaut?

Insbesondere die Wohnnutzung hat sich während der Pandemie als besonders krisenresistent erwiesen. Zahlreiche Menschen wünschen sich wieder mehr Platz zum Wohnen, weil sie entsprechend mehr Zeit zuhause verbringen. Die Corona-Pandemie hat aufgezeigt, dass viele Angestellte zukünftig einen Teil ihrer Arbeit von zuhause aus verrichten können und wollen, was die Nachfrage nach Wohnraum nachhaltig beeinflussen wird. Es sind insbesondere Regionen wie Solothurn, die von dieser zusätzlichen Nachfrage profitieren. Das Marktgebiet von Espace verfügt über ein grösseres Angebot an bezahlbarem Wohnraum als die Grossräume Bern, Basel oder Zürich und ist zentral gelegen.

«Das Marktgebiet von Espace verfügt über ein grösseres Angebot an bezahlbarem Wohnraum als die Grossräume Bern, Basel oder Zürich und ist zentral gelegen.»
Lars Egger, CEO Espace Real Estate

Wo verbessern Sie die Energieintensität und die Emissionsintensität Ihrer Gebäude?

Wir werden in den nächsten Jahren rund 220 Wohnungen umfassend sanieren. Dazu gehört auch die Verbesserung der Energieeffizienz und Wärmedämmung. Wir sehen es als unsere Pflicht, einen Beitrag zu den Pariser Klimaabkommen zu leisten.

Bis wann wollen Sie die Treibhausgasemissionen halbiert haben?

Bis 2030. Schon heute liegt der direkte CO2- Ausstoss des Portfolios von Espace im Mittel bei 10,6 kg/m2 und damit deutlich unter dem Durchschnitt des Schweizer Gebäudeparks von 15,0 kg/m2. Die Neubauten werden zunehmend nach dem Standard nachhaltiges Bauen Schweiz SNBS geplant und realisiert. Dadurch genügen sie den höchsten Nachhaltigkeitsansprüchen.

Der Leerstand konnte gegen fünf Prozent gedrückt werden. Geht es noch weiter runter, da Sie ja den prozentualen Anteil von Wohnimmobilien erhöhen?

Der Leerstand liegt derzeit bei 5.3% und wir haben uns zum Ziel gesetzt, den Leerstand unter 5% zu senken. Die Leerstandsquote bei den Wohnliegenschaften liegt heute bei 2.7%. Bei den kommerziellen Liegenschaften konnten wir in den ersten Monaten dieses Jahres neue Verträge für leerstehenden Flächen unterzeichnen, die im laufenden Geschäftsjahr wirksam werden und die Leerstandsquote positiv beeinflussen.

«Eine Ausweitung des bestehenden Marktgebietes ist eine strategische Handlungsoption, und entsprechende Opportunitäten werden laufend geprüft.»

Die Liegenschaften von Espace befinden sich in sechs Kantonen, wobei die Städte Bern, Biel, Solothurn und Olten den Schwerpunkt bilden. Könnte bald auch ein siebter Kanton hinzukommen?

Gemessen am Marktwert ist der Lebensraum zwischen den Städten Bern, Biel, Solothurn und Olten der geografische Schwerpunkt von Espace und bildet rund 85 % des Portfoliowerts ab. Diese Märkte kennen wir gut und profitieren von einem Wissensvorsprung am Markt. Eine Ausweitung des bestehenden Marktgebietes ist eine strategische Handlungsoption, und entsprechende Opportunitäten werden laufend geprüft.

Um den Dialog mit möglichen Mietern zu verbessern, wird die Digitalisierung beschleunigt. Was haben Sie da vor?

Die Corona-Krise wirkte wie ein Brennglas; die zunehmend kurzfristigen Raum-Bedürfnisse der Wirtschaft, flexible Arbeitsmodelle und der Trend Richtung «Remote Work» sind Entwicklungen, die nach einer neuen und innovativen Lösung verlangen. Aber die Immobilienbranche gilt bis anhin als traditionell, konservativ und starr, dabei bietet sie auf digitaler Ebene zahlreiche Chancen und Möglichkeiten. Den Vermietungsprozess von kommerziell genutzten Flächen in den virtuellen Raum zu verlagern, war für Espace die Antwort auf die sich fortsetzenden Trends. Wir werden den Vermietungsprozess zunehmend über unsere eigens entwickelte Online-Plattform fastspace.ch abwickeln. Damit erleichtern wir dem Mietinteressenten die Suche und gestalten den gesamten Prozess flexibler, effektiver und individueller. Als letzter Schritt bezahlt der Kunde den Betrag für seine Mietfläche per Kreditkarte und kann nach erfolgter Transaktion innert weniger Arbeitstage das Mietobjekt beziehen.

Bei Ihren Mietobjekten ist die maximale Grösse viereinhalb Zimmer. Eine bewusste Wahl?

Wir sind der Ansicht, dass die Bedürfnisse der Mieter einem stetigen Wandel unterzogen sind. Aus diesem Grund versuchen wir, diesen Trend aufzunehmen und unser Angebot flexibel anzupassen. Beispielsweise werden wir in unseren Neubauprojekten den Mietern die Möglichkeit bieten zusätzlich zu ihrem Basismietvertrag (etwa 4.5 Zimmer-Wohnung) weitere Zimmer (Joker-Zimmer) anzumieten und flexibel wieder zurückzugeben.

Wohnbauprojekte mit gemischter Nutzung wie Gemeinschaftsräumen und Dienstleitungen kommen immer mehr auf. Wird dieser Trend von Dauer sein?

Diese Entwicklung wird nachhaltig bleiben. Das entspricht einem starken Bedürfnis der Mieterinnern und Mieter. Wir bei Espace entwickeln derzeit mehrere Projekte mit gemischten Nutzungen und gemeinschaftlich genutzten Räumen. Zusätzlich werden wir dem sich fortsetzenden Trend von schnell wechselnden Raumbedürfnissen Rechnung tragen. Ein Beispiel ist die erwähnte Möglichkeit, dass Mieter als Erweiterung ihrer Wohnung zusätzlich einzelne Zimmer auf Zeit anmieten.

«Wir bei Espace entwickeln derzeit mehrere Projekte mit gemischten Nutzungen und gemeinschaftlich genutzten Räumen. Zusätzlich werden wir dem sich fortsetzenden Trend von schnell wechselnden Raumbedürfnissen Rechnung tragen.»

Wird es bald wieder weniger Homeoffice geben?

Nach unserer Einschätzung wird der Anteil an Home-Office nach der Pandemie mutmasslich etwas sinken. Allerdings gehen wir davon aus, dass Home-Office ein fester Bestandteil in der Arbeitswelt bleiben wird und entsprechend die Nachfrage nach Büroflächen in der kurzen Frist stagniert.

Die Espace Real-Estate-Aktie konnte in den letzten drei Jahren kräftig zulegen und wird jetzt nach dem Coronaabsturz wieder mit einem Aufpreis auf den Buchwert gehandelt. Welche Freiheiten erlaubt Ihnen das?

Der Aktienkurs widerspiegelt einerseits die erfolgreiche Entwicklung der letzten Jahre und andererseits das künftige Potential. Er ist das Spiegelbild der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens. Die soliden Kennzahlen und positive Geschäftsentwicklung sind eine gute Basis für die Gespräche mit unseren Kapitalgebern. Letztlich zeugt der Aktienkurs von der guten Reputation des Unternehmens und ist eine wirkungsvolle Marketingmassnahme – Kunden und Investoren setzen Vertrauen in die Organe und die Geschäftsleitung.

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