Levent Künzi, CEO & Co-Founder Properti AG, im Interview

Levent Künzi, CEO & Co-Founder Properti AG, im Interview
Levent Künzi, CEO & Co-Founder Properti AG

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Künzi, mit Ihrem Startup Properti bieten Sie Dienstleistungen rund um den Verkauf, die Vermietung, die Suche und die Bewirtschaftung von Immobilien an. Viele Prozesse mit vielen Beteiligten. Wie wollen Sie diese Komplexität bewältigen, mit der sich schon grosse Anbieter sehr schwer tun?

Levent Künzi: Richtig, wir bieten Dienstleistungen rund um den Verkauf, die Vermietung, die Suche und neu auch in der Bewirtschaftung von Immobilien an und fokussieren uns dabei weiterhin auf den Nischenmarkt von privaten Eigentümern.

Für effizientere Abläufe setzen wir auf ein Zusammenspiel aus Technologie, Fachkompetenz und Marketing, was uns die notwendige Zeit verschafft, um uns voll und ganz um die Bedürfnisse unserer Kunden zu kümmern. Dank unseren regional aufgestellten Immobilienexperten haben wir den zusätzlichen Vorteil, unseren Kundenstamm direkt vor Ort betreuen zu können, wobei die Komplexität in Zukunft durch unsere eigens entwickelte End-to-End Plattform bewältigt wird. Diese dient als Schnittstelle zwischen Maklern, Bewirtschaftern, Service-Dienstleistern und Kunden und bildet die notwendige Verbindung zum Ökosystem Wohnen.

«Für effizientere Abläufe setzen wir auf ein Zusammenspiel aus Technologie, Fachkompetenz und Marketing, was uns die notwendige Zeit verschafft, um uns voll und ganz um die Bedürfnisse unserer Kunden zu kümmern.» Levent Künzi, CEO & Co-Founder Properti AG

So bietet beispielsweise unser Kundenportal eine digitale 24/7-Einsicht in das gesamte Immobilienportfolio mit Informationen u.a. zu Mieteinnahmen, Finanzierungsmöglichkeiten, anfallenden Renovationen und Marktpreisen in Echtzeit. Unser Maklerportal wiederum ermöglicht unseren Immobilienexperten eine möglichst effiziente Abwicklung der individuellen Kundenbedürfnisse. Lead-Generierungen, Insertionen, digitale Besichtigungen, Immobilien-Bewertungen und die Erstellung nötiger Dokumentationen erfolgen dabei in automatisierter Weise.

Damit die Expertise unserer Makler und neu auch Bewirtschafter stets auf dem höchsten und neuesten Stand gehalten werden kann, haben wir hierfür eine interne E-Academy eingerichtet. An diese beiden Portale haben wir zusätzlich ein Weiteres für Service-Anbieter angeschlossen, welches den schweizweiten Zugang zu allen Dienstleistern im gesamten Ökosystem Wohnen gewährleistet, je nach Wunsch des Kunden, aufgesplittet auf die jeweiligen Regionen der Schweiz. So bieten wir allen Beteiligten eine individuelle und simplifizierte Lösung und verschaffen dem Kunden zusätzlich einen Überblick über alle relevanten Prozesse – zu jeder Zeit, an jedem Ort.

Die Immobilienbranche und vor allem die Makler sind mit wenigen Ausnahmen, wie zum Beispiel Moneypark, bis heute nicht durch einen übermässigen Digitalisierungsdrang aufgefallen. Wo sehen Sie spezielle Chancen, hier einen Unterschied zu machen, welche technologischen Entwicklungen werden die Digitalisierung der Branche beschleunigen?

Die Immobilienbranche ist seit vielen Jahren ein traditionelles Gewerbe mit sicheren Einkommensquellen. Ein finanzieller Gewinn ist immer da, ob man nun mit der Digitalisierung mitgeht oder nicht. Fakt ist allerdings, dass PropTech die Art und Weise, wie wir kaufen, mieten, verkaufen, vermieten und bewirtschaften, verändert. Das Wohnen hat einen grossen Einfluss auf das Leben unser aller – seit Beginn der Corona-Pandemie mehr denn je. Damit gewinnen das Ökosystem Wohnen und der Plattformgedanke immer mehr an Bedeutung.

Egal, ob es sich um die Finanzierung einer Immobilie handelt oder eine darüber hinaus abgeschlossene Versicherung, Ziel ist es, potenzielle Kunden mit einem vollumfänglichen Dienstleistungsangebot durch den gesamten Wohn-Life-Circle zu begleiten. Der Kunde kann alles von einer Plattform beziehen und verirrt sich nicht mehr im Chaos der Angebote und traditionelle Immobilienunternehmen können von den Lösungen, die PropTechs bieten, in mehrfacher Hinsicht profitieren.

Zum Beispiel erleichtern technologiebasierte Plattformen den Handel mit Immobilieneigentum und gewähren dem Kunden gleichzeitig eine 24/7-Einsicht. Darüber hinaus entwickelt sich die Position des Maklers in eine nie dagewesene Rolle eines vertrauenswürdigen und lokalen Fachexperten, der sich dank digitalisierter Prozesse, wie unseren virtuellen 360-Grad-Touren, unserem Einsatz von KI, Augmented Reality, Smart Data und Data-driven Marketing, voll und ganz auf die Kundenbedürfnisse fokussieren kann. Unter dem Aspekt des Plattformgedankens wollen wir mit Properti Bewegung in die Geschäftsfelder der Immobilienbranche einbringen, mit dem stetigen Ziel, die Prozesse innerhalb der Branche wirksam zu optimieren.

Ihre vielen Ansprechpartner (Mieter, Vermieter, Käufer, Makler, Bewirtschafter) sind auch bezüglich Online-Nutzung und Technologien mit völlig unterschiedlichen Tempi unterwegs. Wie schaffen Sie hier Abhilfe, damit alle Involvierten den grösstmöglichen Nutzen aus der Plattform ziehen können?

Ein grosses und wichtiges Anliegen unsererseits ist es, die Kundenbedürfnisse zu verstehen und dementsprechend das richtige Angebot zu vermitteln. Dabei sind wir uns dessen bewusst, dass die Kundenakquise, aber auch -betreuung heutzutage mehr Ausdauer und MultiChannel-Ausführungen erfordert als jemals zuvor. Durch die Kombination aus Technologie, Fachwissen und Marketing optimieren wir jedes Immobilienvorhaben für Verkäufer, Vermieter, aber auch Käufer und Mieter.

«Unser Streben zielt darauf ab, alle Prozesse von und zwischen Maklern, Kunden und Service-Anbietern auf einer Plattform einerseits zu vereinfachen und andererseits miteinander zu verknüpfen.»

Die technologischen Fortschritte helfen uns dabei die Erfahrungen und Anforderungen von Kunden in den Mittelpunkt des Immobiliensektors zu stellen. Dank einer Vielzahl von Online-Tools ist es beispielsweise möglich, die Traumimmobilie zu besichtigen, zu bewerten und zu kaufen, ohne auch nur die Couch zu verlassen. Unser Streben zielt allerdings auch darauf ab, alle Prozesse von und zwischen Maklern, Kunden und Service-Anbietern auf einer Plattform einerseits zu vereinfachen und andererseits miteinander zu verknüpfen. Ziel unserer eigens entwickelten Immobilienplattform ist es, die besten Talente der Branche mit Technologie zu verbinden und dabei die Suche, den Kauf, den Verkauf und das Angebot aller Dienstleister intelligent und nahtlos, je nach Kundenbedürfnis, individuell zu gestalten. Dabei stehen wir unseren Kunden mit unserem Fachwissen allerdings auch jederzeit persönlich zur Verfügung.

Funktionierende digitale Modelle sind bestens geeignet, mit bescheidenen Zusatzkosten skaliert werden zu können. Ist ein Wachstum ausserhalb der Schweiz in Ihrer Strategie vorgesehen und in welchem Zeitraum soll das stattfinden?

Ja, das ist definitiv vorgesehen. Ziel ist es, unsere Produkte erfolgreich in der gesamten Schweiz zu etablieren. Im nächsten Schritt streben wir eine Europa-Expansion an.

Sie werben damit, dass Ihr Angebot „transparent, flexibel und risikofrei“ sei. Vor allem letzteres bedarf einer Erklärung, da eigentlich fast nichts im Leben risikofrei ist.

Dank technologiegetriebenen Gedanken und einer klaren Vision wollen wir die Immobilienbranche nachhaltig verändern. Hierfür ist uns wichtig, dass der Kunde in der Vermarktung kein Risiko eingeht und schlussendlich selbst darüber entscheiden kann, ob Kosten entstehen oder nicht.

Heisst mit anderen Worten, jeder Kunde kann beim Verkauf immer noch selbst entscheiden, ob er verkaufen will oder nicht ohne jegliches finanzielle Risiko. Professionelle Bilder, Insertionen auf allen Schweizer Portalen und VR-Touren werden für die bestmögliche Vermarktung von unserer Seite kostenlos zur Verfügung gestellt – eine Provision wird erst bei erfolgreicher Vermittlung berechnet.

«Aktuell betreut unser rund 60-köpfiges Team an 5 Standorten über 800 Immobilien, wobei bereits über 840 Immobilien mit einem Vermittlungsvolumen von 112 Millionen Franken erfolgreich vermittelt wurden (Stand Mai 2021).»

Um einen passenden und langfristigen Mieter vermitteln zu können, werden alle Interessenten einem ausführlichen
Mieter-Check unterzogen. Dieser besteht aus einem ausführlichen Finanz-, einem Solvenz-, einem Referenz- und Arbeitgeber-Check. Als erstes und einziges Immobilienunternehmen profitiert der Eigentümer bei Properti auch von der 5-Jahres-Mieter-Garantie. Springt dem Eigentümer ein durch Properti vermittelten Mieter innerhalb von 5 Jahren ab, suchen wir einen neuen Mieter, immer nach demselben Mieter-Check-Schema. Somit ist die Zusammenarbeit völlig risikofrei; beim Verkauf entstehen 2% des Verkaufspreises als Provision nur bei erfolgreichem Abschluss und mit einer Nettomonatsmiete bei der Vermietung haben wir mit Abstand die fairsten Konditionen.

Die Pandemie hat in einigen Bereichen wie den Videokonferenzen, dem Home Office oder Remote Office oder Distance Learning einen regelrechten Boom ausgelöst. Wie hat sich die aussergewöhnliche Situation bei Properti ausgewirkt, wie in Ihren Geschäftssegmenten?

Rückblickend war einer unserer grossen Geschäftsvorteile, dass wir Properti im November 2019, und somit kurz vor Beginn der Pandemie, gegründet haben und bereits damals digital sehr gut aufgestellt waren. So konnten wir Besichtigungen mittels unserer virtuellen 360-Grad-Touren, aber auch Erstgespräche mit unseren Kunden, problemlos digital durchführen und somit viel effizienter starten als im Vorfeld angenommen. Auch das Fachwissen unserer Immobilienexperten konnte während der Pandemie dank unserer E-Academy mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet und obendrein skaliert werden. Man beachte, dass Properti trotz Pandemie von starkem Wachstum geprägt ist. Aktuell betreut unser rund 60-köpfiges Team an 5 Standorten über 800 Immobilien, wobei bereits über 840 Immobilien mit einem Vermittlungsvolumen von 112 Millionen Franken erfolgreich vermittelt wurden (Stand Mai 2021). Wie sagt man so schön: Zur richtigen Zeit, am richtigen Ort.

In einigen teuren Metropolregionen konnte man beobachten, dass durch Fernarbeit und Home Office plötzlich der Wegzug in günstigere Regionen eine Option wurde und Menschen wohl auch in Zukunft nicht mehr jeden Tag ins Büro gehen werden. Welche Entwicklungen sehen Sie in der Schweiz?

Die Menschen sind zwar ermüdet von Homeoffice und Fernarbeit, dennoch ist die Remote-Arbeit von Zuhause aus nicht mehr wegzudenken. Wir sehen eine Entwicklung, bei der viele Menschen eine grössere Wohnung oder ein Haus mit mehr Zimmern beziehen und auch Einfamilienhäuser viel mehr geschätzt werden als je zuvor.

Der Trend vom Wegzug aufs Land hat zugenommen, und zwar aus folgenden Punkten: Die Mietzinse in den Städten steigen jährlich, weswegen ein Immobilienkauf in der Stadt für viele unmöglich ist. Die Preise in den ländlichen Regionen hingegen, ganz egal ob Kauf oder Miete, passen besser ins Budget und liefern mehr Freiheiten. Zusammengefasst sehen wir, dass der Platzmangel sich nach 1.5 Jahren Home Office am Esstisch bemerkbar macht und die Nachfrage nach grösseren Objekten steigt.

Welches sind die wichtigsten Projekte, die Sie mit Properti in den nächsten zwei Jahren umsetzen wollen?

Unser Ziel ist es, unsere eigens entwickelte End-to-End-Plattform in der gesamten Schweiz zu etablieren – weiterhin mit dem Fokus auf den Nischenmarkt von privaten Eigentümern. Im laufenden Jahr wollen wir das Portfolio durch weitere Dienstleistungen und technologische Anwendungen, die aktuell in der Schweiz fehlen, erweitern, wobei wir aktuell den Schritt in die Immobilienbewirtschaftung gewagt haben – mit verschlankten Prozessen bieten wir hier angewandte Lösungen für die Immobilienentwicklung und deren Verwaltung für den privaten Eigentümer in einem lukrativen Abo-Modell an, was es so in der Schweiz noch nicht gibt.

Sie waren zuvor einige Jahre Geschäftsführer bei einem klassischen Makler. Was waren für Sie die grössten Schwierigkeiten beim Wechsel zum Startup-Unternehmer, worin sehen Sie die grössten Vorteile Ihrer jetzigen Position?

Der grösste Vorteil, der sich uns bietet, ist sicherlich der Aspekt, sich vom klassischen Denken zu verabschieden und sich mit einem frischen, jungen Mindset an innovative Wege heranzuwagen, wie der Umsetzung des Plattform-Gedankens. Die Digitalisierung ist in den vergangenen Jahren in vielen Industriezweigen angekommen, welche die Technologie zur Steigerung ihrer Produktivität nutzen konnten – die Immobilienbranche gehörte bis vor Aufkommen moderner PropTech-Unternehmen fatalerweise nicht dazu.

«Wir sehen aktuell ein riesiges Marktpotenzial nicht nur in der Schweiz, sondern auch in der gesamten Immobilienwirtschaft Europas.»

Viele klassische Makler haben meiner Meinung nach gar nicht verstanden, wieso der Wandel stattfindet. In erster Linie geht es doch darum, Informationstechnologien effektiv mit ökonomischen Aspekten zu verbinden. Heisst im Klartext, dass viele Prozesse, bei welchen Kunden heute auf Probleme stossen, in Zukunft durch die Nutzung von innovativen Technologien vereinfacht werden sollen. Ich habe damals realisiert, dass die Immobilienbranche im Allgemeinen immer weniger kundenorientiert vorgegangen ist. Und, obwohl die Digitalisierung in diesem Bereich viele wertvolle Chancen der Veränderung eingebracht hat, wurden diese von den klassischen Maklern in der Branche nicht wahrgenommen. Für jemanden wie mich, der mit der Digitalisierung aufgewachsen ist, war es nur eine Frage der Zeit, auf diese technologischen Fortschritte einzugehen, auch wenn dies bedeutet gewisse Risiken einzugehen.

Viele Startup-Unternehmer sehen als grösste Chance einen Exit mit Verkauf an ein grösseres Unternehmen. Was ist Ihre Langzeit-Strategie mit Properti?

Wir sehen aktuell ein riesiges Marktpotenzial nicht nur in der Schweiz, sondern auch in der gesamten Immobilienwirtschaft Europas. Wichtig ist, dass wir mit unseren Produkten und Dienstleistungen die Branche nachhaltig verändern und stets einen Mehrwert für unsere Kunden bieten, denn der Kunde ist und bleibt König.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen die aus?

Der einzige Wunsch meinerseits wäre es, dass die “Old Player” jungen Unternehmen beziehungsweise jungen Unternehmern die Chance geben, sich mit ihrer innovativen und mutigen Denkweise auf dem Markt zu etablieren – etwas, das meines Erachtens für die Zukunft der gesamten Branche unabdingbar ist.

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