Markus Boss, Vorsitzender Geschäftsleitung Regiobank Solothurn, im Interview

Markus Boss, Vorsitzender Geschäftsleitung Regiobank Solothurn, im Interview
Markus Boss, Vorsitzender Geschäftsleitung Regiobank Solothurn. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Boss, das Marktgebiet Egerkingen-Gäu in Ihrer Heimatregion entwickelt sich ausgezeichnet. Liegt das an der verkehrsgünstigen Lage?

Markus Boss: Die Region Egerkingen-Gäu wird oft als «Wachstumsmotor» des Kantons Solothurn bezeichnet. Dies hängt wesentlich an der guten Verkehrsanbindung an die Autobahn. Die überdurchschnittlich positive Entwicklung unserer Geschäftsstelle in Egerkingen – notabene unserer jüngsten Geschäftsstelle – hängt zwar damit zusammen, hat aber noch wesentlich andere, wichtigere Gründe.

Wir sind seit vielen Jahren im Marktgebiet Egerkingen-Gäu massiv am Wachsen. Um das Wachstum bewältigen zu können und unsere gewohnte Beratungs- und Servicequalität aufrechterhalten zu können, vergrösserten wir unseren Personalbestand deutlich mit einem schlagkräftigen und in der Region hervorragend verankerten Team. Dies, sowie unser Image als leistungsfähige, sichere und solide Bank sind Gründe für die ausgezeichnete Entwicklung. Aufgrund vieler neuer Firmenkunden haben wir zudem die Betreuung der Firmenkunden aus dem Raum Egerkingen-Gäu von Solothurn nach Egerkingen verlagert. Auch dies wirkt sich positiv aus.

Solothurn wird immer mehr nicht nur als Durchgangsverkehrsregion wahrgenommen, sondern auch als sehr lebenswert. Bietet das jetzt einen Schutz vor fallenden Immobilienpreisen?

Wir schätzen das Risiko deutlich sinkender Immobilienpreise in unserer Region tatsächlich als klein ein. Obschon unsere Region eine hohe Wohnqualität bietet, stiegen die Preise in den vergangenen Jahren weniger stark als in anderen Regionen der Schweiz. Eine mögliche Preisreduktion wird den Raum Solothurn somit auch weniger betreffen. Weitere Gründe für stabile oder sogar moderat weiter steigende Immobilienpreise sind die allgemeine Entwicklung am Immobilienmarkt sowie das Verhalten der Menschen. Es gibt bekanntlich in vielen Regionen der Schweiz bereits einen Wohnungsmangel, weil in letzter Zeit weniger Wohnungen gebaut wurden.

«Wir schätzen das Risiko deutlich sinkender Immobilienpreise in unserer Region als klein ein.»
Markus Boss, Vorsitzender Geschäftsleitung Regiobank Solothurn

Vor allem in den Zentren ist die Situation angespannt…

Somit weichen vor allem Familien in andere Gebiete aus. Hier kann Solothurn aber als attraktive Wohnregion punkten. Der öffentliche Verkehr wird zudem immer leistungsfähiger, neuerdings verkehrt beispielsweise die RBS alle 15 Minuten zwischen Solothurn und Bern. Dadurch kommt unsere Region auch dann als Wohnstandort in Frage, wenn der Arbeitsplatz in einer Grossstadt liegt – und Homeoffice und virtuelle Meetings fördern dies ebenfalls.

Die Erhöhung der Zinskosten hatte bis anhin noch keinen allzu grossen Einfluss auf den Wohneigentumsmarkt. Dies zeigt sich in den neusten Zahlen im vorliegenden Regiobank Eigenheimindex. Ist jedoch davon auszugehen, dass sich die veränderten Marktbedingungen in naher Zukunft auf die Nachfrage und die Preisentwicklung von Wohneigentum auswirken werden?

Hier eine Prognose zu machen ist schwierig. Wir stellen bei unseren Kunden bisher tatsächlich kein deutlich geändertes Verhalten oder überdurchschnittlich oft auftretende Schwierigkeiten fest. Viele Hypothekarschuldner schlossen vor Jahren eine günstige Festhypothek ab, die noch läuft. Fällige Hypotheken werden aktuell häufig in Saron-Hypotheken umgewandelt, die aufgrund der momentanen Zinssätze ebenfalls noch tief sind. Dass es in Zukunft vereinzelt zu Schwierigkeiten kommen kann, die Zinsen und die Amortisationen zu bezahlen, ist nicht auszuschliessen. Bei den Renditeobjekten wird entscheidend sein, wie sich die Nachfragesituation entwickelt. Momentan gehen die Leerwohnungsbestände eher zurück.

Heisst das etwa, alles in Butter?

Zwei Schwierigkeiten stellen wir schon fest. Erstens spüren wir bei möglichen Investitionen aufgrund der Unsicherheiten eine grössere Zurückhaltung. Kundinnen und Kunden stellen beispielsweise Renovationen zurück oder potenzielle Käufer von Liegenschaften warten zu. Zweitens sind Kostenüberschreitungen bei Bauten zunehmend problematisch. Aufgrund der Inflation und der deshalb steigenden Preise für Material – oder teilweise fehlt dieses sogar – sind viele Bauherren mit teils deutlichen Mehrkosten konfrontiert. Dazu kommt, dass aufgrund der steigenden Zinssätze auch die Kapitalisierungssätze steigen und so die Verkehrswerte vor allem bei den Renditeliegenschaften tendenziell sinke. Und damit ist eine Nachfinanzierung meistens nicht möglich ist.

«Aufgrund der Inflation und der deshalb steigenden Preise für Material – oder teilweise fehlt dieses sogar – sind viele Bauherren mit teils deutlichen Mehrkosten konfrontiert.»

Im gerade abgeschlossenen Geschäftsjahr 2022 wuchsen die Kundengelder um über sieben Prozent oder 169,2 Millionen. Auch die Ausleihungen stiegen neunstellig. Wie erklärt sich dieser Zulauf trotz den gerade angesprochenen angespannten Finanzmärkten?

Gerade in anspruchsvollen und unsicheren Zeiten entwickeln sich regionale und seriöse Firmen überdurchschnittlich gut. Dies gilt nicht nur für Banken, sondern für die meisten Branchen. Wir konnten deshalb von den angespannten Finanzmärkten eher profitieren, vor allem, was unser Bilanzgeschäft angeht. Die Nachfrage nach Hypotheken und Firmenfinanzierungen war unverändert hoch. Bei den Firmenfinanzierungen stellten wir sogar eine überdurchschnittliche Zunahme des Beratungsbedarfs fest. Wir konnten unsere Kunden dank der seit Jahren gelebten Kundennähe rasch und unbürokratisch unterstützen. Das Vertrauen unserer Kunden ist hoch, deshalb wurde viel neues Kapital zu uns transferiert. Ein Teil davon betrifft die Umschichtung aus Wertschriftenanlagen. Die unsichere Börsenlage veranlasste vereinzelte Kunden, mehr Liquidität auf den Konti bei uns zu halten. Deshalb reduzierten sich die bei uns deponierten Werte.

«Bei den Firmenfinanzierungen stellten wir 2022 eine überdurchschnittliche Zunahme des Beratungsbedarfs fest. «

Nachdem Sie die Filiale Egerkingen erneuert haben, wird nun die in Biberist umfassend modernisiert. Was kostet so etwas inklusive Solaranlage?

Je nach Zustand der Liegenschaft erneuern wir nicht nur die von der Bank benützten Räumlichkeiten, sondern die ganze Liegenschaft oder Teile davon wie Fassade, Dach, Heizung. Während wir unseren Hauptsitz umfassend sanierten und erneuerten, war der Erneuerungsbedarf in Egerkingen kleiner. Auch in Biberist beschränken wir uns hauptsächlich auf den Bankteil. In beiden Fällen geht es darum, eine Kundenerlebniswelt zu schaffen. Wir halten dabei – im Gegensatz zu einigen unserer Mitbewerber – am traditionellen Schalter fest, bieten aber auch Zonen mit Automaten und für die digitale Betreuung an. Zudem statten wir die Geschäftsstellen mit den neusten Sicherheitsstandards aus. Die Kosten für die Erneuerung der Geschäftsstelle Egerkingen beliefen sich auf CHF 1,1 Millionen, das Budget für Biberist beträgt 650 Tausend (inkl. einem nötig werdenden Provisorium). Dazu kommen die Kosten für die Photovoltaikanlage in der Höhe von 50 Tausend Franken.

Die Werte der Kundendepots, wie bereits angesprochen, mussten im Detail mit einem Abschlag von rund 10% der Börsenbaisse Tribut zollen. Ich nehme an, die nahmen es dennoch gelassen…

Wir erlebten tatsächlich eines der anspruchsvollsten Börsenjahre seit langem. So gingen die meisten Börsenindizes zurück und – anders als üblich – auch die Kurse der Obligationen fielen deutlich. Dies aufgrund der steigenden Zinssätze. Die Gründe für diese Unsicherheiten sind zwar vielschichtig, aber die beiden Haupttreiber sind die Nachwirkungen von Corona und der Ukrainekrieg. Viele Kunden erklärten im Rahmen der Profilierung, dass sie bei sinkenden Kursen nicht verkaufen und die Erholung abwarten wollen. Die allermeisten Anleger haben auch so reagiert. Es gab jedoch auch Ausnahmen; Leute, die Angst kriegten und die Anlagen verkauften. Dabei gibt es beide Fälle: Anleger, die einen in den Vorjahren erzielten Kursgewinn nun ins Trockene bringen wollen und solche, die trotz Verlust aussteigen. Eine fundierte, ehrliche und objektive Beratung ist wichtig. Wir pflegen einen intensiven Kontakt mit unseren Anlagekunden und konnten gemeinsam gute Lösungen finden.

Auch die Regiobank Solothurn hat ab ersten Januar deutlich höhere Sparzinsen für Jugendliche. Merken Sie schon einen Run auf die Jugendsparkonten und -Pakete?

Wir haben ab 1.1. die Konditionen der meisten Konto- und Sparprodukte erhöht. Es ist Tradition, dass das Jugendsegment von höheren Zinssätzen profitiert. Deshalb hat sich das Kundenverhalten nicht wesentlich verändert. Bei der jungen Generation zählen zusätzliche Werte, wie Spesen, Gratis-Kreditkarten, Image, Nachhaltigkeit. Zufluss stellen wir hingegen vor alem. bei Festgeldern und bei Kassenobligationen fest. Firmenkunden mit hoher Liquidität nutzen die höheren Konditionen vermehrt aus. Der Konkurrenzkampf zwischen den Akteuren der Finanzindustrie verschiebt sich momentan weg von den Ausleihungen hin zu den Kundengeldern. Einige Banken bieten bereits sehr hohe Zinssätze an, um zusätzliches Kapital anzuziehen. Wir bewegen uns bei den Konditionen im Mittelfeld. Das Wachstum bisher war zwar weniger hoch als im Vorjahr, jedoch im Rahmen unseres Budgets.

«Der Konkurrenzkampf zwischen den Akteuren der Finanzindustrie verschiebt sich momentan weg von den Ausleihungen hin zu den Kundengeldern.»

Was soll die Sonderverzinsung von 0,3% ab 15 Regiobank-Aktien genau bringen?

Wir belohnen damit das Commitment unserer Kundschaft zu unserer Bank. Wir freuen uns für alle Kundinnen und Kunden, die gleichzeitig Eigner, sprich Aktionär unserer Bank. sind. Dadurch steigt die Kundenbindung deutlich. Die Regiobankaktien werde an der OTC-X gehandelt und sind dort einer der liquidesten Titel. Trotzdem ist der Umschlag im Verhältnis zu unseren 250 000 Aktien klein. Die meisten unserer über 6000 Aktionärinnen und Aktionäre halten die Regiobank-Aktien langfristig.

Die Hausse der Hypothekarzinsen hat eine Pause eingelegt. Bleibt das so?

Dies ist eine anspruchsvolle Frage – und ich kann keine wirklich verlässliche Antwort darauf geben. Sehr viele Faktoren beeinflussen die Höhe des Hypothekarzinses. Aufgrund der absehbaren Entwicklung einiger dieser Elemente könnte man erwarten, dass der Zins steigt, andere Faktoren tendieren eher nach unten. Das aus meiner Sicht wahrscheinlichste Szenario ist, dass sich die Zinskurve und damit die Zinssätze für Festhypotheken im 2023 nochmals leicht erhöhen und dann ab 2024 stabil bleiben oder sogar wieder leicht rückläufig werden – dies alles innerhalb einer Bandbreite von 0,5 %.

Was beutet das für die neuen Saron-Hypotheken?

Bei den Saron-Hypotheken scheint das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht zu sein. Die Schweizerische Nationalbank SNB wird den Leitzins nochmals erhöhen, was sich unmittelbar auf den Saron-Zinssatz durchschlagen wird. Wir glauben nicht, dass die SNB die Leitzinsen im 2024 schon wieder senken wird. Die Hypothekarschuldner mit Saron-Hypotheken müssen sich somit auf eine höhere Zinsbelastung einstellen. Die Saron-Zinssätze sind aber auch nach der absehbaren Erhöhung nicht teurer als die Zinssätze von Festhypotheken mit mittlerer Laufzeit.

Bei den Freizügigkeitskonten der 2. Säule und den Vorsorgekonten der Säule 3a arbeitet die Regiobank Solothurn mit der Rendita zusammen. Sind die Vorsorgefonds mit maximalem Aktienanteil (75% für die 2. Säule und 95% für die 3. Säule) jetzt die grossen Renner?

Nein, leider bisher nicht. Unsere Kundinnen und Kunden sind betreffend Vorsorgegelder sehr konservativ. Der grösste Teil der Gelder liegt auf Konti und profitiert von einem Vorzugszins. Anlagen in Wertschriften machen jedoch durchaus Sinn, vor allem bei jüngeren Kundinnen und Kunden mit einem langen Anlagehorizont. Gerade die jüngere Generation ist betreff Anlagen affin für digitale Angebote. Banken, die es ihrer Kundschaft ermöglichen, Vorsorgegelder auf digitalem Weg in Fonds zu investieren (etwa mittels Roboadvisor), haben Zulauf und entsprechenden Erfolg. Bei uns läuft der Anlageprozess im Vorsorgebereich noch weitgehend konventionell, das heisst mit Kauf- oder Verkaufsaufträgen via Kundenberaterin oder Kundenberater. Wir sind momentan daran, eine neue Vorsorgelösung aufzubauen, um dieses Kundenbedürfnis zu erfüllen und die Investitionen in Vorsorgefonds massiv zu erhöhen.

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