Markus Ehrle, CEO APG/SGA, im Interview

Markus Ehrle, CEO APG/SGA, im Interview
Markus Ehrle, CEO APG/SGA. (Foto: APG)

von Robert Jakob

Moneycab.com: Herr Ehrle, wird 2022 eine Blaupause von 2021? Will heissen, der Umsatz entwickelt sich entlang der Coronawellen?

Markus Ehrle: Die Umsatzentwicklung in der Vergangenheit war massgeblich geprägt von Umfang und Härte der Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. Stand heute gehen wir davon aus, dass diese Massnahmen – trotz aktuell steigender Corona-Fallzahlen mit zum Glück milderen Verläufen – nicht mehr in diesem Umfang ergriffen werden und sich die Mobilität und das Konsumverhalten weiter «normalisiert».

Denken Sie, dass die Frequenzen im ÖV je wieder ans Vorpandemieniveau anknüpfen werden?

Die zunehmenden Möglichkeiten für Remote-Working und Home-Office sorgen in Zukunft einerseits für eine leichte Abnahme bzw. für eine zeitliche Verschiebung des Berufspendlerverkehrs. Andererseits dürfte sich die Freizeitmobilität aber weiter erhöhen. Zudem wird sich nicht zuletzt aus ökologischen Gründen der ÖV-Verkehr weiter etablieren. Alles in allem wird der ÖV – und mit ihm die Bahnhöfe, welche ja wichtige Begegnungs- und Einkaufszonen sind – der Ort sein, wo die mit Abstand meisten aktive und mobile Menschen in der Schweiz erreicht werden können.

APG|SGA betreibt rund 1500 TrafficMediaScreens. Ist da nicht Sättigung eingetreten?

Diese vom Format her kleineren Screens befinden sich in Bussen und Trams von zahlreichen Verkehrsbetrieben. Noch gibt es Potential, da aufgrund des Rollmaterials nicht alle Transportmittel mit Screens ausgerüstet werden können. Durch flexible und programmatische Aussteuerungsmöglichkeiten entstehen so zunehmend reichenweitenstarke Werbemöglichkeiten, welche wir unseren Werbekunden mit anwendungsfreundlichen Planungs- und Buchungstools erschliessen. Ausserdem gibt es Verkehrsbetriebe, die noch nicht in Partnerschaft mit APG|SGA stehen und inskünftig von unseren Leistungen und Services profitieren können.

«Wir haben ein «innovate!-Team» sowie auch eine Plattform, welche innovative Umsetzungen gemeinsam mit den Kundinnen und Kunden entwickelt und auch entsprechend dokumentiert.»
Markus Ehrle, CEO APG/SGA

In einem umkämpften Aussenwerbungsmarkt konnten Sie den Marktanteil nochmal steigern, und zwar auf 65,4 Prozent. Die rund 304 Millionen Umsatz in der Schweiz von 2019 werden aber so schnell nicht wieder erreicht werden. Könnten innovative Formate die Werbekunden locken?

Wir sind überzeugt, dass sich die Aussenwerbung – nach überstandener Pandemie und nun leider auch noch dem Krieg in der Ukraine – wieder erholen wird. Dafür bieten wir unserer Kundschaft eine breite Palette von Werbemöglichkeiten – vom Megaposter, über das klassische Plakat, digitale Screens, bis hin Promotionsflächen sowie kombinierten Mobile-Media-Kampagnen. Wir haben ein «innovate!-Team» sowie auch eine Plattform, welche innovative Umsetzungen gemeinsam mit den Kundinnen und Kunden entwickelt und auch entsprechend dokumentiert.

Vom hängigen Rechtsstreit mit der Stadt Belgrad einmal abgesehen wären Sie sicher froh, wenn es in der Schweiz so liefe wie in Serben. Dort stieg der Umsatz um fast ein Drittel. Liegt das daran, dass Serbien ein noch nicht reifer Markt ist?

Es lag in erster Linie daran, dass in Serbien im letzten Jahr die Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie sehr früh und konsequent gelockert wurden und sich damit die Wirtschaft positiv entwickelte. Serbien ist ein reifer Markt mit verschiedenen ernstzunehmenden Konkurrenten. Das starke Umsatzwachstum in Serbien zeigt vor allem auch, was möglich ist, sobald sich die Wirtschaft von der Pandemie-Situation wieder erholt hat.

«Eine kürzlich publizierte Studie zeigt, dass das Plakat in der Bevölkerung das weitaus beliebteste Werbemedium ist und als sympathisch wahrgenommen wird.»

An der Bilanzmedienkonferenz sprachen Sie von der Aussenwerbung als «letztes grosses Massenmedium». Wie wird sich die Interaktion mit dem Publikum weiterentwickeln? Gibt es vielleicht auch einmal einen Spassfaktor?

Als öffentliches Statement wirkt Aussenwerbung echt, vertrauenswürdig und gibt Orientierung – ohne allzu «aufdringlich» zu sein. Eine kürzlich publizierte Studie von LINK zeigt denn auch, dass das Plakat in der Bevölkerung das weitaus beliebteste Werbemedium ist und als sympathisch wahrgenommen wird. Ob und wie Plakatwerbung unterhält, dass ist in erster Linie Aufgabe der Kreativleute und der Auftraggeber, welche für die Botschaften und die Gestaltung sowie auch Interaktionsmöglichkeiten verantwortlich sind. Wir übernehmen die bestmögliche Inszenierung im öffentlichen Raum – das ist unsere Challenge und der Spassfaktor bei APG|SGA.

Auf Ihrem Beschaffungsmarkt hat sich die Wettbewerbsintensität weiter verstärkt. Ein sehr ernstzunehmender Mitbewerber ist sicherlich die Post. Wer hat die längeren Spiesse?

Die Schweizerische Post, ein Unternehmen zu 100% im Besitz des Bundes, hat für über 100 Millionen einen Mitbewerber ohne wirklichen USP und mit wenig Business-Erfahrung sehr teuer eingekauft. Damit weitet die Post ihren Grundauftrag beispiellos aus: Sie tritt nicht nur in den digitalen Markt, sondern seit dieser Akquisition auch in den Wettbewerb der analogen Plakatwerbung ein, welcher bereits heute sehr kompetitiv und gut funktioniert. Dabei deckt die implizite Staatsgarantie allfällige Risiken. Wir – und da spreche ich vom gesamten Verband der Aussenwerbung AWS – sind der Meinung, dass dringend rote Linien durch den Eigner (Politik und Aufsichtsbehörde) gesetzt werden müssen. Im Interesse eines gesunden, ehrlichen Wettbewerbs und einer sinnvollen Verwendung des Volksvermögens.

«Die Post weitet ihren Grundauftrag beispiellos aus.»

Konzessionen und Kommissionen stiegen im Geschäftsjahr 2021 um 3.1 Prozent an, weil die Konzessionspartner weniger entgegenkommend waren. Sitzen diese vielleicht am längeren Hebel?

Wir haben mit unseren Konzessionspartnerinnen und -partnern Verträge mit zum Teil umsatzunabhängigen Abgaben, welche bis dato keine Pandemie-Klausel enthalten und sind deshalb in gewissem Masse auf Goodwill angewiesen. 2020 haben wir diesbezüglich eine grosse Solidarität gespürt und auch ein gewisses Entgegenkommen. Aber auch unsere Konzessionsgebenden spüren die Folgen der Pandemie und deshalb war der Spielraum 2021 bedeutend geringer.

Die APG hat rund 7000 Vertragspartner. Das lässt einen immensen Spielraum. Wie werden Sie den in den nächsten Jahren nutzen?

Unsere Partnerschaften sind ein sehr wichtiger Asset, zudem wir sehr grosse Sorge tragen. Aber jedes Vertragsverhältnis ist sehr individuell und beinhaltet ganz unterschiedliche Services und Dienstleistungen, die wir permanent zu beidseitigem Nutzen optimieren.

«Der Verwaltungsrat die Absicht, die aktionärsfreundliche Dividendenpolitik auch in Zukunft weiterzuführen.»

Wenn sogar während dreier Jahre 100% Prozent des erzielten Konzerngewinns, mindestens aber 11 Franken als Dividende ausbezahlt werden geht das an die Substanz, oder geht es der APG so gut?

Der APG|SGA geht es trotz den zwei Pandemiejahren weiterhin gut und sie steht solide da. Die mittel- und langfristigen Markt- und Ertragsperspektiven im operativen Geschäft bleiben deshalb – nach Bewältigung der Pandemie und der Ukraine-Krise – positiv. Deshalb hat der Verwaltungsrat die Absicht, die aktionärsfreundliche Dividendenpolitik auch in Zukunft weiterzuführen.

Gut, 72,4 Millionen flüssige Mittel machen die APG sehr liquide. Gibt es neben der zum 1. Januar 2022 übernommenen SwissPlakat in diesem Jahr neue «Objekte der Begierde»?

Es gehört zur Aufgabe eines jeden Unternehmen, ständig den Markt nach Opportunitäten zu beobachten. Da gehören wir auch dazu und werden sich bietende Gelegenheiten prüfen.

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