Martin Hirzel, CEO Autoneum Holding AG

Martin Hirzel, CEO Autoneum Holding AG
Martin Hirzel, ehemaliger Autoneum-CEO. (Foto: Autoneum)

Martin Hirzel, CEO Autoneum Holding AG. (Foto: Autoneum)

von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Hirzel, Nettoumsatz um 12,5 % gesteigert, EBIT verdoppelt, Konzerngewinn vervielfacht: Autoneum ist im zweiten Jahr nach der Abspaltung von Rieter ein massiver Sprung nach vorne gelungen. Was hat das Geschäftsjahr 2012 gekennzeichnet?

Martin Hirzel: Das Automobiljahr 2012 war ein sehr heterogenes: Einerseits gab es in Nordamerika einen regelrechten Absatzboom und starke Dynamik in den automobilen Wachstumsmärkten, andererseits war Autoneum wie die gesamte Automobilindustrie mit grossen Herausforderungen in Europa konfrontiert. Dank unserer globalen Präsenz, dem breiten Kundenportfolio und unserer Technologie-Führerschaft ist Autoneum 2012 doppelt so schnell gewachsen wie die weltweite Automobilproduktion.

Alle vier regionalen Business Groups weisen einen positiven EBIT aus. Was war für die Verbesserung ausschlaggebend?

Die konsequente Strategieumsetzung – Stichwort „Operational Excellence“ – und die damit verbundenen Kostenreduktionen und Produktivitätssteigerungen waren massgebliche Treiber dieses Erfolgs.

Trotz einer um 5,9 % rückläufigen Automobilproduktion konnte auch die Business Group Europe den Umsatz mit Autoneum-Produkten für Akustik- und Wärmemanagement leicht steigern (+0,8 % in Lokalwährungen). Welches sind derzeit die grossen Herausforderungen für die Automobil-Zulieferindustrie in Europa?

Durch die Eurokrise ist der südeuropäische Absatzmarkt für die französischen und italienischen Automobilhersteller praktisch weggefallen. Dazu kommen die chronischen Überkapazitäten in Westeuropa, sowohl bei Herstellern als auch bei Zulieferern. Umso erfreulicher ist es, dass wir in diesem Marktumfeld den Umsatz dank Marktanteilsgewinnen bei Premiumherstellern konstant halten konnten.

«Dank der anhaltenden Nachfrage bauen wir gerade ein neues Werk in Mexiko und evaluieren ausserdem einen Produktionsstandort im Mittleren Westen der USA.»
Martin Hirzel, CEO Autoneum

In Lokalwährungen um rund ein Drittel legte der Umsatz der Business Group Nordamerika zu. Die Region hat nun einen Umsatzanteil von 41,6 %. Verfügen Sie bei einer weiter steigenden Automobilproduktion vor Ort über genügend Kapazitäten?

Aufgrund des vorteilhaften Modellmixes und der allgemein hohen Produktionsvolumina haben wir im letzten Jahr in Nordamerika bis an die Kapazitätsgrenze produziert. Dank der anhaltenden Nachfrage bauen wir gerade ein neues Werk in Mexiko und evaluieren ausserdem einen Produktionsstandort im Mittleren Westen der USA.

Was kennzeichnete das Geschäft in Asien und in der Region Südamerika, Mittlerer Osten und Afrika?

Mit den bestehenden und zukünftigen Aufträgen sind wir in Asien ganz klar auf Expansionskurs. Unser Asien-Geschäft ist rentabel und mit Blick auf die dort produzierten Volumina noch ausbaufähig. Deshalb planen wir Kapazitätserweiterungen in China und Thailand. Leider wurde unser Wachstum in China 2012 durch die politischen Spannungen zwischen China und Japan gebremst, die zu Absatzrückgängen bei von uns belieferten japanischen Automobilherstellern geführt haben.

In der Region SAMEA (South America, Middle East, Africa) konnten wir unseren Umsatz entgegen dem Markttrend steigern, aber Handelshemmnisse in Argentinien haben das Geschäft weiterhin erschwert. Darüber hinaus haben der insgesamt schwache brasilianische Automobilmarkt und die hohe Inflation in Argentinien den Gewinn geschmälert.

Bewegt sich der Fokus entsprechend weg von Europa weiter nach Nordamerika und vor allem Asien?

Das Wachstum wird auch mittelfristig nicht in Europa stattfinden, sondern in Asien sowie in Nord- und Südamerika. Allerdings wird Europa im Regionenvergleich weiterhin ein automobiles Schwergewicht bleiben.

«Die breite Kundenbasis ist ein Grundstein für unseren Erfolg, und daher ist unser Ziel, das Kundenportfolio weiter so diversifiziert zu halten.»

Autoneum erzielte nicht mehr als 14 % des Nettoumsatzes mit einem Kunden. Wer sind Ihre wichtigsten Kunden?

Wir verfügen wir über ein sehr diversifiziertes Kundenportfolio: Autoneum ist Partner fast aller internationalen Automobilhersteller und weltweit mit rund 50 Standorten in über 20 Ländern vertreten. Die breite Kundenbasis ist ein Grundstein für unseren Erfolg, und daher ist unser Ziel, das Kundenportfolio weiter so diversifiziert zu halten. Unsere ausgewogene Kundenbasis zeigt sich auch darin, dass neun der zehn bestverkauften Fahrzeugmodelle im US-Markt 2012 mit Autoneum-Produkten für Akustik- und Wärmemanagement ausgestattet waren.

Autoneum schreibt im Geschäftsbericht, man habe den technologischen Vorsprung auf die Konkurrenz weiter ausgebaut. Welches sind die wichtigsten Differenzierungsmerkmale?

Differenzierungs-, aber auch Alleinstellungsmerkmal von Autoneum ist das weltweite Angebot leichtgewichtiger Produkte, die Akustik- und Wärmefunktionen miteinander kombinieren und so dazu beitragen, den Treibstoffverbrauch und damit die Emissionen von Fahrzeugen zu senken. Damit ist Autoneum ein wichtiger Partner für die Automobilhersteller bei der Einhaltung der CO2-Grenzwerte. In Europa besteht ausserdem durch die angekündigte Gesetzgebung zur Vorbeifahrtgeräusch-Richtlinie („pass-by noise“) ein starkes Interesse an innovativen Motorkapselungs-Lösungen, die auf unserer neuesten Schlüsseltechnologie „Theta-Fiber“ basieren.

«Um immer leichtere Produkte bei gleichbleibendem oder verbessertem Akustik- und Wärmemanagement anbieten zu können, investiert Autoneum kontinuierlich in Produkt- und Technologieinnovationen.»

Welche Mittel investiert Autoneum in Forschung und Innovation und in welche Richtung gehen die aktuellsten Entwicklungen?

Als Technologieführer haben wir den Anspruch, einen Grossteil des Ersatz- und Neugeschäfts mit neuen, innovativen Produkten zu erzielen. Der Trend im Akustik- und Hitzemanagement geht zu Leichtgewicht-Lösungen als Ersatz für konventionelle Technologien. Um immer leichtere Produkte bei gleichbleibendem oder verbessertem Akustik- und Wärmemanagement anbieten zu können, investiert Autoneum kontinuierlich in Produkt- und Technologieinnovationen. Der Forschungs- und Entwicklungsaufwand für neue Technologien, die Erneuerung des Produkteangebots und die Entwicklung von Produkten zur Serienreife lag 2012 bei rund 3.5% des Nettoumsatzes.

Akustik- und Wärmemanagement sind das Kerngeschäft. Könnten Sie sich eine Erweiterung der Produktegruppe vorstellen, allenfalls durch einen Zukauf?

Unsere Fokussierung auf unsere Kernkompetenz Akustik- und Hitzemanagement führt dazu, dass sich Autoneum auf ausgewählte Technologien und branchenbezogen ausschliesslich auf die Automobilindustrie beschränkt. Dadurch reduzieren wir die Komplexität. Akquisitionen sind daher aktuell kein Thema, mittel- bis langfristig aber nicht auszuschliessen.

Was steht für Autoneum im laufenden Jahr im Fokus?

Auch 2013 werden operative Ergebnisverbesserungen im Fokus stehen. In Europa werden wir unsere Anstrengungen intensivieren, die Kapazitäten an die deutlich rückläufige Nachfrage anpassen und die Kosten weiter senken. Ein weiterer Schwerpunkt sind 2013 Investitionen in den Ausbau der Kapazitäten in den Wachstumsmärkten.

Die Börse hat positiv auf die 2012-Bilanz reagiert und der Aktienkurs hat auch in den letzten Monaten stetig zugelegt. Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung?

Grundsätzlich bin ich mit dieser Aufwärts-Entwicklung zufrieden, denn sie spiegelt unsere operativen Fortschritte wider. Mit einer konsequenten Strategieumsetzung und weiteren operativen Verbesserungen wollen wir ausserdem die Voraussetzungen für eine weiterhin positive Kursentwicklung unserer Aktie schaffen.

Herr Hirzel, herzlichen Dank für das Interview.

Zur Person:
Martin Hirzel – Schweizer Staatsangehöriger, Jahrgang 1970

Martin Hirzel ist seit April 2011 CEO der Autoneum Holding AG. Er war von 2007 bis 2011 Geschäftsleitungsmitglied der Division Automotive Systems der Rieter Holding, wo er die Business Group SAMEA (South America, Middle East & Africa) verantwortete. Davor war Martin Hirzel von 2005 bis 2007 Leiter der Geschäftseinheit China bei Rieter Automotive Systems und von 2000 bis 2005 General Manager von Rieter Textile Systems China in Schanghai. 1997 begann er bei Rieter Textile Systems als Chief Controller International. Davor arbeitete er von 1989 bis 1994 als Controller einer Geschäftseinheit der IBM (Schweiz) AG.  

Martin Hirzel ist Dipl. Betriebsökonom HWV; er studierte an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und absolvierte das General Management Program der Harvard Business School.

Zum Unternehmen:
Autoneum ist der führende Hersteller von Systemen für akustischen Komfort und Hitzeschutz bei Motorfahrzeugen mit Sitz in Winterthur (Schweiz). Das Unternehmen entwickelt und fertigt Komponenten, Module und Gesamtsysteme für den Innen- und Motorraum sowie Hitzeschilder und Unterbodenverkleidungen.

Zu den Kunden des Unternehmens zählen die weltweit grössten Fahrzeughersteller in den Hauptmärkten Europa, Nordamerika, Südamerika und Asien. Autoneum ist mit rund 50 Standorten in über 20 Ländern vertreten und beschäftigt weltweit rund 9800 Mitarbeitende, davon 6% in der Schweiz. Das Unternehmen ist seit 2011 an der SIX Swiss Exchange unter dem Tickersymbol AUTN kotiert.

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