Martin Lorenz, CEO Competec-Gruppe (BRACK.CH), im Interview

Martin Lorenz, CEO Competec-Gruppe (BRACK.CH), im Interview
Competec-CEO Martin Lorenz verlässt das Unternehmen im Juli 2024. (Foto: Competec)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Lorenz, Competec beschäftigt mittlerweile fast 1100 fest angestellte Mitarbeitende. Omikron sorgt landesweit aber derzeit für immer mehr Arbeitsausfälle. Wie stark ist das Unternehmen betroffen?

Martin Lorenz: Im Moment können wir das Arbeitsvolumen gut bewältigen, wir haben kaum Engpässe zu beklagen. Wir glauben jedoch, dass die Omikron-Welle auch uns in den nächsten Wochen stärker betrifft und dass wir mit deutlich mehr Infektionen und quarantänebedingten Abwesenheiten rechnen müssen. Das könnte uns vor allem in der Logistik empfindlich treffen. Um potenzielle Infektionen schnell zu entdecken und Massnahmen zu treffen, bieten wir das betriebliche Testen wieder an, was rege genutzt wird. Aufgrund der Erfahrungen der letzten zwei Jahre habe ich grosses Vertrauen in unsere Belegschaft. Unsere Mitarbeitenden haben die Schutzmassnahmen immer gut mitgetragen.

Unabhängig von der aktuellen Corona-Welle: Competec beschäftigt 174 Festangestellte mehr als vor Jahresfrist und über 300 mehr als vor zwei Jahren. Allein auf Ihrer Website sind aktuell 35 Stellen ausgeschrieben. Wie anspruchsvoll ist die Personalsuche?

Die Stellenausschreibungen haben in erster Linie mit unserem Wachstum zu tun. Einerseits haben wir es durchs Wachstum und die Bekanntheit von BRACK.CH einfacher, Leute anzusprechen, und unsere Branche ist insgesamt attraktiver geworden. Das hilft. Auf der anderen Seite spüren wir den Fachkräftemangel in einigen Bereichen immer stärker. Viele Arbeitnehmende wechseln den Job in unsicheren Zeiten nicht, insbesondere hochqualifizierte Fachleute warten momentan generell lieber ab. Das hat die Suche 2021 insbesondere für Spezialistenrollen anspruchsvoller gemacht.

«Im Moment können wir das Arbeitsvolumen gut bewältigen, wir haben kaum Engpässe zu beklagen. Wir glauben jedoch, dass die Omikron-Welle auch uns in den nächsten Wochen stärker betrifft und dass wir mit deutlich mehr Infektionen und quarantänebedingten Abwesenheiten rechnen müssen.»
Martin Lorenz, CEO Competec-Gruppe

Gut einen Monat nach unserem letzten Interview im Januar 2020 wurde in der Schweiz erstmals eine Person positiv auf das SARS-CoV-2 Virus getestet. Wann wurde Ihnen erstmals bewusst, welche Herausforderung und auch Chance, die Pandemie für Competec werden könnte?

In der Unternehmensleitung hatten wir die Entwicklung zum Thema natürlich bereits länger verfolgt. Ab Mitte Februar zeichnete sich ab, dass es in Fernost zu Produktionsausfällen und damit zu Lieferengpässen kommen könnte. Wir sorgten uns vor allem darum, dass zu wenig Ware verfügbar sein könnte, aber wir hatten zu jenem Zeitpunkt noch komplett unterschätzt, was ein Lockdown für Auswirkungen auf die Auftragslage und in erster Linie auf unsere Logistikbelegschaft haben könnte.

2020 gingen die Umsätze denn auch durch die Decke. Um 27% legten Sie zu, und Competec knackte die Umsatzmilliarde. Im letzten Jahr betrug das Wachstum noch 9 Prozent, der Umsatz liegt mittlerweile bei 1,12 Mrd Franken. Wie werten Sie das Resultat im zweiten Pandemiejahr?

Wir freuen uns sehr, dass es uns nach dem ausserordentlichen Vorjahresergebnis auch 2021 gelungen ist, erneut ein Wachstum auf dem Niveau hinzulegen, wie es vor Corona üblich war. Gegenüber 2020 haben sich Umstände verändert. Erfreulicherweise konnten Ladenbesitzer ihre Geschäfte 2021 im Vergleich zum Vorjahr mit weniger Einschränkungen geöffnet halten, was die Verschiebung in Richtung Online-Geschäft verlangsamte. Zweitens war im ersten Halbjahr die Bereitschaft bei Geschäftskunden, grössere Investitionen zu tätigen, spürbar verhalten. Dazu kamen drittens die herausfordernden Konsequenzen der Pandemie auf den Welthandel: Produktionsausfälle, Rohstoff- und Containerknappheit in Kombination mit global hoher Nachfrage haben im Jahresverlauf in immer mehr Sortimentssparten Lieferengpässe und teilweise auch Preiserhöhungen verursacht. Ohne die Anstrengung sämtlicher Mitarbeitenden und unseren guten Partnerschaften mit Lieferanten und Herstellern wäre so ein Resultat nicht möglich gewesen. Zusammenfassend dürfen wir mit der Entwicklung sehr zufrieden sein.

«Wir freuen uns sehr, dass es uns nach dem ausserordentlichen Vorjahresergebnis auch 2021 gelungen ist, erneut ein Wachstum auf dem Niveau hinzulegen, wie es vor Corona üblich war.»

Wie verlief die Entwicklung nach Kundengruppen und Sortimentsbereichen?

Wir sind im Privatkundensegment am stärksten gewachsen. Im Hinblick auf die Sortimente konnten wir in den Sortimenten ohne ICT-Bezug am meisten Prozente zulegen. Das zeigt, dass sich während der Pandemie das Konsumverhalten nochmals beschleunigt in Richtung Onlinekäufe verschoben hat.

Der Trend ist in der Tag ungebrochen. Mit welchen Wachstumsraten planen Sie in den nächsten Jahren?

Unser Ziel ist es, in allen Kundengruppen – Privat-, Geschäfts- und Handelskunden – stärker als der Markt zu wachsen. Wir rechnen mit einem Wachstum von rund zehn Prozent. Das entspricht ungefähr unserer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate vor Corona und stellt einen «Mischwert» aus dem Wachstum sämtlicher Kundengruppen dar.

Sie haben die Lieferketten angesprochen. Wie stark waren Competec und insbesondere ICT-Grosshändler Alltron und Jamei als Grosshändler für Küche, Wohnen und Essen betroffen?

Wir spürten die Kombination aus Rohstoffmängeln, Produktionsengpässen und erhöhten Frachtpreisen in allen Sortimentsbereichen, aber insbesondere beim Elektroniksortiment. Es gibt kaum Warengruppen, die komplett ausverkauft sind. Selbst innerhalb der Modellpalette einzelner Hersteller existieren grosse Unterschiede, was Verfügbarkeit und Lieferzeiten angeht. Trotzdem ist derzeit nicht vorherzusagen, wann und wie schnell sich die Zulieferbedingungen wieder normalisieren werden. Da es sich um eine globale Entwicklung handelt, bei denen Produktions- und Lieferketten komplex ineinandergreifen, werden uns die Umstände vermutlich noch eine Weile begleiten.

«Es ist derzeit nicht vorherzusagen, wann und wie schnell sich die Zulieferbedingungen wieder normalisieren werden.»

Insgesamt hat Competec im vergangenen Jahr 3,7 Millionen Pakete verschickt, das sind nochmals 15 Prozent mehr als 2020. Wie konnten diese logistischen Herausforderungen gemeistert werden?

Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Der Ansturm während des Lockdowns 2020 war äusserst hoch, sodass wir vor allem unser Team vergrössert haben – auch mit temporären Helferinnen und Helfern – um die vielen Aufträge zu stemmen. Mit dem Neubau versuchen wir jetzt, die Prozesse den höheren Volumina anzupassen, um so auch wieder bereit zu sein, zusätzliches Wachstum logistisch bewältigen zu können.

Das Erweiterungsgebäude des Logistikzentrums in Willisau ist baulich weitgehend abgeschlossen – Sie planen aber bereits einen weiteren Ausbau. Für was ist er bestimmt und wie sieht der Zeitplan aus?

Das Erweiterungsgebäude bringt nebst dem Warenausgang vor allem viel Platz für Gross- und Mittelteile. Währenddessen geht aber der Platz für Kleinartikel bereits früher als gedacht wieder zur Neige. Deswegen planen wir eine Aufstockung an einem der sechs Module des ursprünglichen Gebäudes um zwei Stockwerke. Dort möchten wir ein automatisches Kleinteilelager einbauen. Es wird das vierte seiner Art sein, wenn wir es in Betrieb nehmen, und unsere Kapazität, vielgefragte Kleinteile schnell zu liefern, noch einmal erhöhen. Wenn wir 2022 mit dem Bau beginnen dürfen, rechnen wir mit einer Inbetriebnahme im Folgejahr.

Im Frühling letzten Jahres hat Competec in Willisau ausserdem 14’500 m2 Land als strategische Baureserve erworben. Bei dem starken Wachstum werden Sie diese Reserven wohl schon bald «anzapfen»?

Insgesamt gehen wir davon aus, dass wir in den nächsten Jahren Beträge in dreistelliger Millionenhöhe investieren werden. Wir sind sehr glücklich mit dem Standort, den wirtschaftlichen Umfeld und der Zusammenarbeit mit den Behörden. Derzeit beleuchten wir verschiedene Szenarien, welches die nächsten Ausbauschritte werden. Ein allfälliges Projekt geben wir bekannt, sobald es spruchreif ist.

«Wir sind sehr glücklich mit dem Standort Willisau, den wirtschaftlichen Umfeld und der Zusammenarbeit mit den Behörden. Derzeit beleuchten wir verschiedene Szenarien, welches die nächsten Ausbauschritte werden.»

Letzte Frage: Welche Lehren haben Sie aus der Pandemie gezogen, einerseits für das Unternehmen, andererseits für sich persönlich?

In der Pandemie haben Unternehmen gelernt, dass quasi von heute auf morgen ein Geschäftsmodell überholt, Arbeitsmittel wie -methoden nicht mehr zeitgemäss und das vorausschauendste Forecasting für die Katz sein kann. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind deshalb wichtig. Dafür braucht es eine entsprechende Unternehmenskultur, kurze Entscheidungswege und Mitarbeitende, die Freude an der Veränderung haben, Chancen erkennen und in Eigenverantwortung handeln können. Ich bin sehr glücklich und stolz, wie alle unsere Mitarbeitenden die zwei Pandemie-Jahre als Team bewältigt und gemeinsam an einem Strick gezogen haben. Sonst wäre unser Erfolg nicht möglich gewesen.

Persönlich empfinde ich eine grosse Portion Dankbarkeit, dass mein persönliches Umfeld und ich diese Zeit gut und bislang gesund durchgestanden haben. Bei mir hat sich sicher auch das Bewusstsein für die kleinen und wichtigen Dinge im Leben wieder geschärft.

Herr Lorenz, herzlichen Dank für das Interview.

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