Martin Steiger, CEO Energiedienst Holding AG

Martin Steiger, CEO Energiedienst Holding AG

Martin Steiger, CEO Energiedienst Holding AG (Foto: EdH)

von Bob Buchheit

Moneycab: Die Energiedienst AG hat im letzten Jahr die Stromproduktion deutlich gesteigert, aber dadurch kaum zusätzlich Geld verdient. Ist ein grenzüberschreitender Stromanbieter wie EDH einem doppelten Margendruck ausgesetzt?

Martin Steiger: Die Energiedienst-Gruppe ist als Stromanbieter sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland tätig. Dabei drückt der zunehmende Wettbewerb vor allem in Deutschland auf die Marge. Zudem laufen derzeit einige langfristige Bezugsverträge aus. Dies zeigt sich daran, dass wir im ersten Halbjahr dieses Jahres zwar den Stromabsatz um 18 Prozent steigern konnten, das Unternehmensergebnis aber nur um 2,9 Prozent stieg.

Erwarten Sie als Oekostromanbieter nicht einen Schub durch den Atomausstieg?

In Deutschland stellen wir eine erhöhte Nachfrage noch Oekostrom vor allem im Geschäftskundenbereich fest. Im Privatkundenbereich sind wir nur in Südbaden aktiv und versorgen bereits seit 1999 alle unsere Kunden mit Oekostrom aus Wasserkraft. In dem Bereich ist also kein Anstieg zu erwarten. In der Schweiz agieren wir vor allem über unsere Tochter EnAlpin aus dem Wallis. Hier konnten wir in den letzten Monaten den Absatz unseres Ökostromprodukts NaturEnergie steigern. Leider ist der Schweizer Markt nicht so geöffnet wie der deutsche. Die Wechselanreiz für Geschäftskunden ist noch nicht sehr gross.

Welche Wachstumszahlen erwarten Sie auf Zehnjahressicht für Ihr Gasgeschäft?

Energiedienst ist erst im vergangenen Oktober in den Markt von Klima-Gas eingetreten. Dies erfolgt als Ergänzung zu unserem Öko-Stromprodukt im Zusammenhang mit dezentralen Energieerzeugungsanlagen. Das Produktprädikat der Klimaneutralstellung ist noch neu im Markt und muss sich noch etablieren. Wir erwarten nicht, dass sich das Gasgeschäft zu einem gewichtigen neuen Geschäftsfeld entwickelt.

Wie reagiert ED auf die doch beträchtlichen Schwankungen in der Wasserführung des Rheins. Wie glätten Sie optimal den Geschäftsverlauf?

Wie bei allen erneuerbaren Energie ist auch die Wasserkraft vom Wetter abhängig. Das Betreiben von Wasserkraftwerken ist unser Kerngeschäft. Wir denken langfristig und konservativ. Wir wissen, dass es Jahre mit guter und schlechter Wasserführung gibt. Im Laufe der Jahre gleichen sich diese Unterschiede aus.

«Die Landesgrenze geht sozusagen mitten durch das Unternehmen.»
Martin Steiger, CEO Energiedienst Holding AG

Wie stark belastet sie als Stromlieferant für Südbaden das in den letzten Jahren oft problemgeladene Verhältnis Deutschland-Schweiz?

Energiedienst ist seit über 100 Jahren ein bi-nationales Unternehmen. Die Landesgrenze geht sozusagen mitten durch das Unternehmen. Wir haben gelernt, mit den unterschiedlichen Befindlichkeiten, aber auch daraus erwachsenden Chancen, umzugehen. Das Verhältnis der beiden Staaten hat deshalb bislang wenig Einfluss auf unser tägliches Geschäft.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Strom-Aktien in der Schweiz halten sich Energiedienst sehr wacker. Haben die Aktien Anleihecharakter?

Vor zehn Jahren haben wir uns im Zuge der strategischen Neuausrichtung von Energiedienst als Ökostromanbieter konsequent von unseren Anteilen an Kernkraftwerken getrennt. Wir haben die Energiewende und den Atomausstieg also schon vor vielen Jahren in die Wege geleitet beziehungsweise umgesetzt. Damit haben wir eine gewisse Glaubwürdigkeit geschaffen, die vom Kapitalmarkt erkannt wird. Daher ist der Kurs der Energiedienst-Aktien weniger gebeutelt als der anderer Schweizer Energieversorger.

Haben Sie bereits Ersatz für den Ende Jahr auslaufenden 50-MegaWatt-Langfristvertrag?

Der Strommarkt ist von enormen Unsicherheiten geprägt. Energieversorgungsunternehmen und die Politik warten ab. Deshalb ist kaum ein Produzent bereit, sich mit einem langfristigen Stromlieferungsvertrag zu binden.

«In der Schweiz gewinnen wir Neukunden vor allem über unsere Walliser Gesellschaft, der EnAlpin AG.»

Wie akquirieren Sie denn grenzüberschreitend Kunden, und wie stark ist hierbei die Zusammenarbeit mit dem EDH-Mehrheitsaktionär Energie Baden-Württemberg?

In der Schweiz gewinnen wir Neukunden vor allem über unsere Walliser Gesellschaft, der EnAlpin AG. Sie ist bestens vernetzt und sehr rege. In Deutschland agieren wir vor allem im Geschäftskundenbereich über die NaturEnergie AG. Dabei sind wir relativ unabhängig von der EnBW. Wir nutzen natürlich Synergieeffekte und profitieren von der Erfahrungen der EnBW.

Ist es eigentlich schwierig für Energiedienst, Personal in der Grenzregion zu bekommen?

Bislang hatten wir keine Probleme, ausreichend qualifiziertes Personal für uns zu gewinnen. Wir stellen aber fest, dass es schwieriger wird, zumal der Schweizer Arbeitsmarkt für qualifizierte Deutsche sehr interessant ist. Der Fachkräftemangel zeichnet sich auch bei uns ab. Wir reagieren darauf, in dem wir unsere Vorzüge als bi-nationaler Arbeitgeber herausstellen. Auch das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat bei uns einen hohen Stellenwert. Im Moment lassen wir uns entsprechend auditieren.

Finden Sie genug Führungspersonal, und wie sind Sie zufrieden damit?

Auch dies war bislang noch kein Problem. Wir sind ein innovatives Unternehmen mit einem klaren Profil. Flache Hierarchien und schnelle Entscheidungsweg zeichnen uns aus. Zudem ist auch die Schweizer-deutsche Grenzregion am Hoch- und Oberrhein attraktiv.

Auch in der Energiewirtschaft fallen parallel zu den sinkenden Gewinnen der Stromkonzerne Stellen weg. Neue Stellen werden wiederum wenige geschaffen, da die Elektrizitätsbranche stets nur langsam wächst. Kann man da einem frisch diplomierten Elektroingenieur überhaupt zum Einstieg in diese Branche raten?

Natürlich, gerade durch den Atomausstieg ergeben sich für unsere Branche ganz neue und spannende Perspektiven. Die erneuerbaren Energien nehmen an Bedeutung zu. Dabei sind auch zahlreiche technische Herausforderungen zu meistern. Gut aufgestellte Unternehmen, so wie Energiedienst, bieten nach wie vor gute Chancen für junge Ingenieure und andere Fachkräfte der Energiewirtschaft.

Zur Person:
Martin Steiger arbeitete sechs Jahre lang für Arthur Andersen & Co. in Melbourne und Zürich; drei Jahre für Bull (Schweiz) als Leiter Controlling und 20 Jahre für die Energiedienst Holding, bis 1999 CFO, danach in der Geschäftsleitung und seit 2004 als CEO. Steiger ist lic.oec. HSG und diplomierter Wirtschaftsprüfer. Er hat ein Executive Program an der renommierten Stanford University absolviert. Martin Steiger ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder.

Zum Unternehmen:
Die Energiedienst Holding AG (EDH) erzeugt ausschliesslich Ökostrom aus Wasserkraft. Im Netzgebiet der Energiedienst-Gruppe leben rund 750.000 Menschen, die mit Energie versorgt werden. Seit 1999 erhalten alle Haushaltskunden in Südbaden Ökostrom der Marke NaturEnergie. Zu den regionalen und überregionalen Kunden gehören rund 270’000 Privat- und Gewerbekunden, rund 3’200 Geschäftskunden und 42 weiterverteilende kommunale Kunden. Rund 8.7 Milliarden Kilowattstunden Strom wurden 2011 verkauft. Die Energiedienst Holding AG beschäftigt rund 760 Mitarbeiter, davon sind 41 Auszubildende. Zur Unternehmensgruppe der EDH gehören die Energiedienst AG, die Energiedienst Netze GmbH, die Ökostromtochter NaturEnergie AG sowie die EnAlpin AG im Wallis. Die EDH ist eine Beteiligungsgesellschaft der deutschen EnBW Energie Baden-Württemberg AG.

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