Matthias Huenerwadel, CEO Zehnder AG, im Interview

Matthias Huenerwadel, CEO Zehnder AG, im Interview
Matthias Huenerwadel, CEO Zehnder AG. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Huenerwadel, Zehnder besitzt 830 Schutzrechte weltweit. Auf welchem Patentamt liegen die meisten?

Matthias Huenerwadel: Die meisten unserer Patente sind beim Europäischen Patentamt EPA in München/Den Haag als EP-Patent (= Europäisches Patent) registriert. Das EP-Patent ist kein EU-Patent, sondern vielmehr ein Bündel nationaler Patente für eine jeweilige Auswahl der für uns relevanten Europäischen Länder.

Was kostet die Pflege Ihres geistigen Eigentums pro Jahr?

Wie Sie sich vorstellen können, ist dies ein namhafter Betrag, aber die genaue Zahl publizieren wir nicht gegen aussen.

Warum setzt Zehnder auf Decken- und nicht auch auf Bodenstrahler?

Wir fokussieren uns bei Deckenstrahllösungen vorwiegend auf kommerzielle Gebäude. Strahlungswärme ist die effizienteste Form des Heizens. Speziell in grossen Räumen ist dadurch der Wärmebedarf einfacher zu steuern. Der hohe Strahlungsanteil der Zehnder-Produkte von bis zu 90 Prozent erwärmt nur die Oberflächen der im Raum befindlichen Personen und Materialien. Die Produkte haben eine geringe Eigenspeicherung der Wärme, was ein sehr schnelles Aufheizen auf ein behagliches Klima im Raum ermöglicht. Bodenheizungen haben eine hohe Eigenspeicherung und sind deshalb träge Systeme.

«Strahlungswärme ist die effizienteste Form des Heizens. Speziell in grossen Räumen ist dadurch der Wärmebedarf einfacher zu steuern.»
Matthias Huenerwadel, CEO Zehnder AG

Und wie sieht es bei den Betriebskosten aus?

Die Betriebskosten von Heizdecken sind gegenüber Fussbodenheizungen und anderen Systemen bis zu 40 Prozent tiefer. Aktuell geht der Trend zu Niedrigtemperaturen und geringen Temperaturspreizungen in der Wärmeversorgung und der Kälteversorgung. Kombinationen mit Wärmepumpen oder Wärmerückgewinnungen sind hierfür erforderlich. Deshalb werden die Büros und sonstigen Arbeits- und Aufenthaltsräume verstärkt mit hocheffizienten Systemen ausgelegt, bei denen die Heiz- und Kühldecke immer mehr in den Vordergrund rückt. Das behagliche Klima im Raum kann mit Zehnder-Deckenstrahlplatten und Zehnder Heiz- und Kühldecken optimal gewährleistet werden.

Strahlung kann je nach Bedarf wärmen oder kühlen. Wird sich das Verhältnis der beiden Anwendungen in den nächsten Jahren verändern?

Wärmestrahlung hat seit je viele Anwendungen. Falls auch gekühlt werden soll, kann die Deckenfläche zusätzlich als Absorber funktionieren, welcher die Wärmestrahlung und andere Wärmearten aus den Räumen aufnimmt. Der Trend geht verstärkt zu solchen kombinierten Heiz- und Kühldecken, wobei das System für beide Anwendungen Heizen und Kühlen sehr gut eingesetzt werden kann.

«Der Trend geht verstärkt zu kombinierten Heiz- und Kühldecken.»

Welche Schalldämpfwerte schaffen die Akustik-Elemente in Zehnder-Deckenplatten?

Zehnders Heiz- und Kühldecken erreichen hohe Schallabsorptionswerte von αw = 0,85 bis 1 – höchst absorbierend also – und Längsschallabsorption von 48 Dezibel. Zehnder-Deckenstrahlplatten für Industrie- und Logistikhallen erreichen Schallabsorptionswerte bis αw = 1.

Ein durchschnittliches Umsatzwachstum von 5 Prozent und eine EBIT-Marge von 8 Prozent haben für Zehnder oberste Priorität. Wo lauern in den nächsten Monaten Stolpersteine?

Das Marktumfeld in unseren Hauptmärkten bleibt anspruchsvoll: Brexit in Grossbritannien, rückläufiges Geschäft mit Heizkörpern in Frankreich, Handelsstreit zwischen China und den USA, hoher Leerwohnungsbestand in der Schweiz. Wir müssen unsere Ende 2017 initiierten Effizienzsteigerungs-Massnahmen konsequent fortführen wie Optimierung des Einkaufs, der Verkaufspreise und der Lieferzeit sowie Turnaround unrentabler Geschäftsbereiche. Ausserdem wollen wir Innovationen und digitale Lösungen vorantreiben.

Ist im Heizkörpergeschäft in Frankreich denn weiter mit rückläufigen Einnahmen zu rechnen?

Teilweise rückläufige Trends bei Wasser führenden Heizkörpern beobachten wir nicht nur in Frankreich. Frankreich ist jedoch unser grösster Heizkörpermarkt, und der Rückgang fällt dort besonders ins Gewicht. Wir müssen davon ausgehen, dass sich dieser Trend fortsetzen wird.

Ist es dort schlicht und ergreifend zu heiss?

Steigende Durchschnittstemperaturen mögen in gewissen Klimazonen ein Grund sein. Aber wesentlicher ist, dass heute immer dichter gebaut wird, weshalb bei verschiedenen Anwendungen der spezifische Wärmebedarf sinkt. Deshalb können auch weniger aufwändige Heizsysteme bereits ausreichende Heizleistung aufbringen.

«Wesentlicher ist, dass heute immer dichter gebaut wird, weshalb bei verschiedenen Anwendungen der spezifische Wärmebedarf sinkt.»

Mit welchen Wachstumsraten rechnet Zehnder in den nordischen und baltischen Ländern?

Detaillierte Wachstumsraten pro Land geben wir nicht bekannt. Mit den jüngsten Akquisitionen, InteliVENT in Estland und Enervent in Finnland, wollen wir aber unsere Marktstellung in den baltischen und nordischen Ländern ausbauen.

Ist der hohe Leerwohnungsbestand aufgrund der regen Bautätigkeit in der Schweiz tatsächlich ein Problem?

Das ist eine Herausforderung. Hohe Leerstandsquoten bei Mietwohnungen und die damit verbundenen Leerstandzeiten müssen bei der Profitabilitätsbetrachtung berücksichtigt werden. Um zeitlich verschobene Einnahmen und den Druck auf die Mieten zu kompensieren, wird bei den Investitionskosten gespart. Dies kann dazu führen, dass einfache Abluftlösungen den zentralen Komfort-Lüftungslösungen mit Wärmerückgewinnung vorgezogen werden oder die Komfort-Lüftung ganz wegfällt. Entsprechend ist diese Entwicklung für uns eher negativ.

Wie ist für Sie die Lage auf den Beschaffungsmärkten für Stahl?

Insgesamt gehen wir bei den Stahlpreisen von einer stabilen Situation im Vergleich mit 2019 aus.

Sie wollen Ihren Marktanteil an Wärmetauschern für Wohngebäude erhöhen. Bei einem Eigenkapitalanteil von über 60% darf man wohl auch nach dem Kauf der niederländischen Recair auf weitere Akquisitionen tippen, oder?

Wir konzentrieren uns in erster Linie auf organisches Wachstum. Wir überprüfen aber kontinuierlich potenzielle Akquisitionen, beispielsweise um unser Produktportfolio zu ergänzen, unser technisches Know-how zu erweitern oder um unsere geografische Präsenz auszuweiten.

Sie sind jetzt ein Jahr im Amt. Welches war Ihr schönster Monat?

Das vergangene Jahr war für mich spannend und sehr abwechslungsreich. Tage und Monate sind schnell verflogen, und es fällt mir darum schwer, einen speziellen Monat zum Lieblingsmonat zu erklären.

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