Matthias Reinhart, CEO VZ-Gruppe, im Interview

Matthias Reinhart, CEO VZ-Gruppe, im Interview
Matthias Reinhart, CEO VZ Gruppe. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Reinhart, im Moment stürzen gerade die Banken ab. Wir haben wieder einmal eine Vertrauenskrise. Wie viele davon können wir uns noch leisten?

Matthias Reinhart: Krisen sind nie willkommen. Sie führen aber auch zu einer Bereinigung von Schwächen im System. Derzeit halte ich eine Krise allerdings für unwahrscheinlich. Einem heftigen Zusammenbruch der Banken haben die Regulatoren in den letzten 10 Jahren zudem weltweit Gegensteuer gegeben.

Bill Gates meinte einmal, es brauche Banking, aber eigentlich gar keine Banken…

Ja, vor zwanzig Jahren war das sicher eine knackige Aussage. Heute würde ich die Begriffe Banking und Banken aber klar auseinanderhalten. Im Banking hat es dank moderner Technologie tatsächlich Quantensprünge gegeben. Das betrifft vor allem Transaktions- und Abwicklungsmechanismen für grosse Massen und Standard-Dienstleistungen. Geht es aber um Banken, spielen die Bedürfnisse der Menschen eine wichtige Rolle. Ich denke zum Beispiel an einen KMU-Inhaber, der eine neue Maschine finanzieren muss oder eine gute Vorsorge-Lösung für seinen Betrieb braucht. Oder an ein Ehepaar, das eine Hypothek aufnehmen und sicher sein möchte, dass es den Kredit langfristig stemmen kann. Ich bezweifle, dass man die individuelle Interaktion mit dem Kunden voll automatisieren kann. Meine Erfahrung ist: Das Bedürfnis nach guter Finanzberatung nimmt sogar zu.

Hauptgrund für den Absturz der Bankaktien an der Börse sind die Bilanzpositionen an italienischen Staatsanleihen. Wieso gehen ausgerechnet die Banker immer wieder systemische Risiken ein?

Heute ist das globale Bankensystem vernetzter denn je. Das hilft, die Risiken zu diversifizieren. Andererseits: Wenn einzelne systemrelevante Banken ins Trudeln geraten, werden viele andere bis zu einem gewissen Grad mit „angesteckt“. Die Regulatoren versuchen, diesen Risiken vorzubeugen – etwa mit strengeren Vorschriften und Eigenkapital-Anforderungen. Doch innerhalb dieser Schranken haben die Banken durchaus auch die Aufgabe, Risiken zu übernehmen und neu zu verteilen.

«Ich bezweifle, dass man die individuelle Interaktion mit dem Kunden voll automatisieren kann. Meine Erfahrung ist: Das Bedürfnis nach guter Finanzberatung nimmt sogar zu.»
Matthias Reinhart, CEO VZ-Gruppe

Das VZ VermögensZentrum setzt bekanntlich auf regelbasierte Anlagen. Hilft das wirklich gegen Systemrisiken?

Wir müssen unterscheiden. Es gibt sehr passive und sehr aktive regelbasierte Lösungen. Viele wählen eine sehr passive Lösung, um langfristig Geld zu sparen. Hier hat die Rebalancing-Regel beispielsweise das Ziel, die Gewichtungen der einzelnen Titel im Wertschriftenportfolio regelmässig wieder auf die Zielgewichtungen zurückzuführen. Eine solche Regel hilft aber nicht, bei einer Systemkrise starke Verluste zu reduzieren. Auf der anderen Seite gibt es sehr aktive Lösungen mit Regeln wie Rebalancing, Trendfolge und Relativer Stärke: Zusammen mit dem Risikomanagement helfen diese Regeln, in starken und nachhaltigen Krisen die Verluste einzuschränken.

Die taktische Portfoliosteuerung über die relative Stärke von Einzeltiteln gegenüber dem Gesamtmarkt oder der Peer Group ist doch kein Allheilmittel?

Ein Allheilmittel gibt es nie, wenn man Geld anlegt! Auch die besten Anlagestrategien haben nicht nur Vorteile. Regeln haben sich nachweislich bewährt. Deshalb werden sie seit langem auch von den Pensionskassen eingesetzt, die Vorsorgegelder von Versicherten sehr sorgfältig und langfristig anlegen müssen. Zu Ihrem Beispiel: Die Vermögensverwaltung mit Einzeltiteln, bei der die Einzeltitel nach dem Relative-Stärke-Prinzip ausgewählt und überwacht werden, hat seit der Lancierung vor ein paar Jahren eine sehr gute Performance gezeigt. Bisher konnten die Vergleichsindizes mehrheitlich klar übertroffen werden.

«Die Vermögensverwaltung mit Einzeltiteln, bei der die Einzeltitel nach dem Relative-Stärke-Prinzip ausgewählt und überwacht werden, hat seit der Lancierung vor ein paar Jahren eine sehr gute Performance gezeigt.» 

Sie haben sehr früh Anlagen in ETFs favorisiert, um die Anleger aus der Gebührenfalle zu befreien. Worüber können Anleger noch stolpern?

Das ist richtig, denn ETF sind kostengünstig und transparent – sie eignen sich gut, um mit regelmässigen Einzahlungen langfristig Vermögen anzusparen. Ich sehe vor allem drei Gebührenfallen: Viele Anleger zahlen zu hohe Transaktions- und Depotgebühren bei ihrer Bank. Oder sie kaufen angeblich aktive Fonds, die grösstenteils nur einen Index abbilden – die hohen Gebühren sind also nicht ¬gerechtfertigt. Und nicht zuletzt investieren viele in risikoreiche Anlagen wie die strukturierten Produkte. Solche Produkte sind in der Regel sehr teuer, und ihre Risiken lassen sich nur schwer abschätzen.

Als unabhängiger Vermögensverwalter schreibt VZ eine Erfolgsgeschichte. Aber sehen Sie nicht auch mittlerweile Wolken am Horizont? Sind Aktien, Immobilien und Anleihen Ihrer Meinung noch fair bewertet?

Die Marktteilnehmer an den Finanzmärkten fungieren als Katalysatoren. So gesehen kann man davon ausgehen, dass die Preise „fair“ sind – zumindest in der Theorie. Aber sie haben Recht: Die europäischen Märkte sind weiterhin vom extrem tiefen Zinsniveau geprägt. Das führt zu einer Verzerrung. Deshalb hinken wir beispielweise auch den USA hinterher, wo die Zinspolitik zu einer gewissen Normalität zurückgefunden hat.

Raten Sie Ihren Kunden zu Absicherungsgeschäften?

Bei den Vermögensverwaltungsmandaten kommen Absicherungsgeschäfte situativ zum Einsatz, vor allem im Bereich der Währungsabsicherung.

«Strukturierte Produkte sind in der Regel sehr teuer, und ihre Risiken lassen sich nur schwer abschätzen.»

Wie stark will Ihre VZ Holding im Versicherungsgeschäft wachsen?

Bei den Versicherungen möchten wir unseren bestehenden Kunden einen Mehrwert bieten. Das heisst: Die Deckungen, die sie bei ihrem Versicherer beziehen, bieten wir günstiger an – und das bei gleichen oder sogar besseren Leistungen. Die Höhe einer Versicherungsprämie hängt stark davon ab, wie teuer der Vertrieb des Versicherers ist. VZ-Kunden profitieren von besonders tiefen Prämien, weil wir keine Kosten für Aussendienst, Provisio¬nen und Marketing haben. Deshalb sehe ich viel Potenzial, im bestehenden Kundenkreis weiter zuzulegen.

Das VZ VermögensZentrum bietet auch selbst pauschale Gebührensätze an. Deshalb sinkt Ihre Marge etwas. Geht die Zukunft des VZ daher über Volumenwachstum?

Richtig. Die Differenzierung gegenüber Mitbewerbern wird im Preisbereich noch offensichtlicher. Pauschale Gebühren machen die Bewirtschaftung der Vermögen berechenbar und transparent. Das ist attraktiv für die Anleger und trägt dazu bei, dass wir mehr Kunden gewinnen. Ich rechne damit, dass der Zustrom von Neukunden den Margendruck längerfristig kompensiert.

Schaut man sich das wachsende Netz Ihrer Niederlassungen an, fällt ein Loch im Wallis auf. Wieso?

Heute bewirtschaften wir das Wallis erfolgreich aus den zwei Ballungszentren Thun und Lausanne aus. Das schliesst aber nicht aus, dass wir künftig im Wallis eine weitere Niederlassung eröffnen.

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Zur Person
Matthias Reinhart ist Präsident und Delegierter des Verwaltungsrates der VZ Holding AG sowie Vorsitzender der Geschäftsleitung der VZ-Gruppe. Bevor Matthias Reinhart 1992 das VZ gründete, war er fünf Jahre lang Associate und Engagement Manager bei McKinsey & Co. in Zürich und Chicago. Sein Betriebswirtschaftsstudium an der Hochschule St. Gallen schloss er 1986 als lic. oec. HSG ab.

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