Patrick Richard, Exekutives VR-Mitglied Varia US Properties, im Interview

Patrick Richard, Exekutives VR-Mitglied Varia US Properties, im Interview
Patrick Richard, exekutives Mitglied des Verwaltungsrats von Varia US Properties. (Foto: zvg)

von Sandra Willmeroth

Moneycab.com: Herr Richard, das Portfolio von Varia US Properties konzentriert auf Mietwohnungen für Arbeitnehmende in Nähe der Zentren. Wie gefährlich ist eine zunehmende Arbeitslosigkeit für Sie? Die jüngsten US-Arbeitsmarktdaten waren schwach und der US-Arbeitsmarkt reagiert sehr schnell auf eine Änderung der konjunkturellen Grosswetterlage.

Patrick Richard: Die Arbeitslosenquote hat auf unsere Vermietungsquote nur einen leichten Einfluss. Grund dafür ist vor allem, dass US-Amerikanerinnen und -Amerikaner gewohnt sind, rasch und oft umzuziehen. Wenn also ein bestehender Mieter seine Wohnung bei uns verlassen muss, weil er sich den Mietzins aufgrund von Arbeitslosigkeit plötzlich nicht mehr leisten kann, tut er dies zeitnahe. Dafür ziehen dann bei uns neue Mieter ein, die bisher Hausbesitzer waren und die Hypothekarzinsen wegen Arbeitslosigkeit nicht mehr bezahlen konnten. Hinzu kommt, dass wir nur in Regionen Immobilien erwerben und vermieten, wo es Bevölkerungswachstum gibt, und wo die Anzahl der Arbeitsstellen weiter zunehmen wird.

Wie schnell schlagen zunehmende Leerstände oder reduzierte Mieten aufs Eigenkapital der US Varia Properties?

Die Bewertung unserer Immobilien basiert auf dem vom Gutachter definierten normalisierten Nettobetriebsergebnis, multipliziert mit einem Kapitalisierungssatz. Eine Erhöhung des Leerstands oder eine Mietsenkung hat, sofern sie nicht dauerhaft ist, deshalb weitaus weniger Einfluss auf die Bewertung eines Vermögenswerts als eine Erhöhung des Kapitalisierungssatzes.

Nebst der Entwicklung am Arbeitsmarkt entscheidet auch die Inflation mit darüber, ob die US-Notenbank Fed den Leitzins weiter anheben wird. Welche Folgen haben steigende Zinsen in den USA auf Ihre Investments?

Die meisten unserer Schulden sind festverzinslich, und alle unsere variabel verzinslichen Darlehen sind mit einer Obergrenze versehen, was bedeutet, dass wir unser maximales Risiko für Zinserhöhungen kontrollieren. 2022 konnten wir die Flexibilität des Portfoliomanagements verbessern und den Anstieg des Zinsaufwandes vermindern, indem wir nach Fannie Mae auch mit Freddie Mac eine Kredifazilität abschliessen konnten. Gemäss aktuellem Stand sind wir das einzige Unternehmen, welches mit diesen beiden US-Agenturen eine solche Vereinbarung hat.

2022 konnten wir die Flexibilität des Portfoliomanagements verbessern und den Anstieg des Zinsaufwandes vermindern, indem wir nach Fannie Mae auch mit Freddie Mac eine Kredifazilität abschliessen konnten.
Patrick Richard, Exekutives VR-Mitglied Varia US Properties

Die Inflation verteuert auch die Renovierung der Immobilien, die jedoch notwendig für die ESG-Performance ist. Welche Rolle spielt die ESG-Performance im Tagesgeschäft der Varia US Properties?

Die ESG-Performance hat für uns in den letzten Jahren stetig zugenommen und ist heute für uns entsprechend zentral, sowohl bei der Weiterentwicklung von Immobilien als auch beim Kauf von neuen Objekten. Heute tätigen wir Investitionen nicht nur zur Erhaltung oder zur Steigerung des Werts einer Immobilie, sondern auch um deren ESG-Performance sicherzustellen. Dies demonstriert nicht zuletzt auch unser gutes Abschneiden beim globalen ESG-Benchmark für die Immobilienbranche, GRESB (Global Real Estate Sustainability Benchmark), wo wir 2022 zum ersten Mal teilgenommen haben und im Vergleich zu unseren Mitbewerbern – die in der Regel deutlich grösser sind als wir – abgeschnitten haben. Weitere Informationen zu ESG bei Varia US Properties wird unser ESG-Bericht 2022 liefern; er wird Ende Juni 2023 auf unserer Website veröffentlicht.

«Heute tätigen wir Investitionen nicht nur zur Erhaltung oder zur Steigerung des Werts einer Immobilie, sondern auch um deren ESG-Performance sicherzustellen.»

Der Nettogewinn von US Varia Properties fiel 2022 mit 122,6 Mio US-Dollar um 21,4% geringer aus als im Vorjahr. Das Betriebsergebnis (Ebitda) stieg jedoch um gut 9% auf 88,2 Mio. US-Dollar. Wie kam es zu diesem Ergebnis?

Der Betriebsgewinn auf Stufe Ebitda stieg 2022 im Vergleich zu 2021 aufgrund von realisierten Gewinnen aus Veräusserungen von Immobilien. Unsere Strategie der laufenden Optimierung unseres Portfolios mit entsprechendem Wachstum des Portfoliowerts hat sich somit auch im äusserst anspruchsvollen Umfeld 2022 ausbezahlt. Der Rückgang des Jahresgewinns ist auf einen geringeren Anstieg des nicht-realisierten Gewinns zurückzuführen.

Die Mieteinnahmen stiegen 2022 um 17,3 auf 126,5 Mio US-Dollar, während die Vermietungsquote des Portfolios von 94,6% auf 93,1 % zurückging. Ist dies allein eine Folge von Mieterhöhungen?

Wir verzeichnen eine anhaltend hohe Vermietungsquote, die auch in der Corona-Pandemie nie unter 90 % fiel. Unsere andauernden Renovationsarbeiten und Investitionen in unsere Immobilien resultieren erfreulicherweise in höheren Mieteinnahmen. Auch Immobilien an stark nachgefragten Standorten mit vielen Arbeitsstellen sowie unsere kontinuierliche Verbesserung des Portfolios tragen dazu bei.

Bleiben Sie bei Ihrer Prognose, dass 2023 ein «erfolgreiches, aber auch ein «herausforderndes» Jahr wird?

Ja, der Geschäftsverlauf in den ersten Monaten dieses Jahres bestätigt diese Einschätzung. Das Umfeld mit Inflation, besonders die Versicherungsprämien, und steigenden Zinsen bleibt nach wie vor sehr anspruchsvoll. Varia US Properties ist jedoch sehr gut positioniert, um sich auch bei diesen Rahmenbedingungen weiter erfolgreich zu entwickeln. Dazu gehört in erster Linie die weitere Optimierung unseres Portfolios. Ende Mai werden wir unseren Q1-Bericht veröffentlichen. Wir erwarten solide Betriebsergebnisse, aber eine niedrigere Bewertung des Portfolios aufgrund der Cap-Rate-Erweiterung.

«Das Umfeld mit Inflation, besonders die Versicherungsprämien, und steigenden Zinsen bleibt nach wie vor sehr anspruchsvoll.»

Wo sehen Sie 2023 die grössten Risiken im US-Immobilienmarkt?

Zumindest in der ersten Jahreshälfte dürfte der Markt weiterhin etwas träge sein. Dann dürfte die Situation in Bezug auf die Zinssätze und Kapitalisierungssätze etwas an Sicherheit gewinnen. Dies ermöglicht hoffentlich den Beginn eines Aufschwungs. Wir sind auf alle Fälle für neue Investitionsmöglichkeiten bereit, auch für Objekte, die verfügbar sind aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten ihrer Eigentümern. Mehrfamilienhäuser, insbesondere das B-Segment, bleiben neben dem Industriesektor der resilienteste Immobiliensektor in den USA.

Sie planen laut eigenen Aussagen für 2023 «signifikante Investitionen». Können Sie dazu mehr verraten?

Wir haben vorher über unsere Nachhaltigkeits-Initiativen und die Klimaresilienz von Immobilien-Portfolios gesprochen. Diese Entwicklungen gehören zu den wichtigen Gründen für die Investitionen, welche wir 2023 tätigen wollen. Es handelt sich also beispielsweise um moderne Heizungs- und Belüftungssysteme oder besser isolierende Wände und Dächer. Es geht aber auch um Ladestationen für E-Autos oder die Umgebungsgestaltung. Diese Strategie zur Schaffung von zusätzlichem Wert für alle unsere Anspruchsgruppen durch Investitionen in unsere Immobilien verfolgen wir aber nicht erst seit kurzem – wir verfolgen diese Strategie seit der Gründung unseres Unternehmens.

Im Juni 2023 wird die Rückzahlung der ersten Unternehmensanleihe fällig. Planen Sie eine Refinanzierung oder deren Begleichung?

Das haben wir noch nicht final entschieden. Grundsätzlich sind beide Möglichkeiten denkbar. Wir arbeiten daran, für beide Szenarien gerüstet zu sein, aber der Markt wird uns sagen, was die beste Option ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert