Patrick Villiger, CEO Aluminium Laufen AG, im Interview

Patrick Villiger, CEO Aluminium Laufen AG, im Interview
Patrick Villiger, CEO Aluminium Laufen. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Villiger, der Umsatzrückgang im Corona-Jahr 2020 um ein Viertel kommt nicht überraschend. Sieht man sich aber allein den Turnaround in der Automobilindustrie an, müsste doch 2021 für Aluminium Laufen ein sehr gutes Jahr werden?

Patrick Villiger: Dies ist sehr wahrscheinlich. Das erste Quartal ist das stärkste Quartal seit zehn Jahren. Die Aufträge kommen dabei von diversen Industrien – nicht alleine von der Automobilindustrie – und sind somit breit abgestützt. Auch die Baukonjunktur hat angezogen, grosse Bauprojekte, welche letztes Jahr noch nicht realisiert wurden, werden jetzt umgesetzt. Wir beobachten einen gewissen Nachholeffekt. Zur Gewährleistung der Liquidität haben einige Unternehmen in der Krise ihre Lagerbestände heruntergefahren und stocken sie nun wieder auf. Die Prognosen sind gut, wir sind positiv gestimmt.

Im letzten Jahr war noch die Zerrupfung der Wertschöpfungsketten durch Donald Trumps Handelskrieg ein riesiges Hindernis. Merken Sie nach 100 Tagen schon einen Biden-Effekt?

Joe Biden signalisiert mit seinen Konjunkturprogrammen einen Aufbruch – das spüren wir aber noch nicht hier in Liesberg. Die Nachwirkungen der Ära Trump hingegen sind in Europa nach wie vor spürbar. Beispielsweise bei den Zöllen. Wegen der bis vor kurzem noch sehr hohen US-Importzölle auf kanadisches Holz wird derzeit europäisches Holz im grossen Stil in die USA verfrachtet und für die dortigen Bauprojekte verwendet. Die daraus resultierende Verknappung hat zu starken Preisanstiegen geführt. Das spüren wir stark, da wir Holz für die Verpackung all unserer Produkte für den Versand benötigen. Eine ähnliche Situation kann man derzeit beim Vormaterial beobachten. Da wir jedoch sehr gute und langfristige Partnerschaften mit unseren Zulieferern haben, ist die Aluminium Laufen und damit deren Kunden betreffend Mengen gut abgesichert. Weiter steigende Preise sind wahrscheinlich.

«Joe Biden signalisiert mit seinen Konjunkturprogrammen einen Aufbruch – das spüren wir aber noch nicht hier in Liesberg. Die Nachwirkungen der Ära Trump hingegen sind in Europa nach wie vor spürbar.»
Patrick Villiger, CEO Aluminium Laufen AG

Ich nehme nicht an, dass Sie dieses Jahr wieder einen sommerlichen Produktionsstop brauchen…

Präventive Wartungsarbeiten und Revisionen an unseren Anlagen, damit die Anlageverfügbarkeit durchwegs gegeben ist, nehmen wir während dem ganzen Jahr vor. Und somit müssen wir deswegen keinen sommerlichen Produktionsstop vornehmen. Uns ist gegenüber unseren Kunden eine hohe Lieferbereitschaft wichtig. Deshalb stellen wir eine gewisse Bevorratung sicher, damit wir jederzeit genügend Kapazität zur Verfügung haben, um auch in Notsituationen produzieren zu können.

Im Moment läuft’s bei Ihnen im Vierschichtbetrieb. Heisst das 4×6 statt 3×8?

Wir arbeiten sieben Tage die Woche rund um die Uhr, respektive 20 Schichten pro Woche. Die letzte Schicht ist für die präventive Wartung und Anlagereinigung reserviert, und auf gewissen Anlagen haben wir Reservekapazitäten eingeplant – um Notfallbelieferungen möglich zu machen.

Wann und warum gibt es in Ihrem Geschäft die grössten Schwankungen beim Bestelleingang?

Mit unseren Produkten stehen wir am Anfang der Lieferkette. Ein Beispiel: Wir produzieren das Vormaterial für einen Schmiedekunden, dessen Kunde das Schmiedeteil veredelt, und der liefert es zum Komponenten-Zulieferer. Da Bestellungen beim Lieferanten zu grösseren Schwankungen neigen als Verkäufe an den Kunden und damit von der Nachfrage abweichen, schaukeln sich diese Abweichungen hin zum Ursprung der Lieferkette auf. Dies ist der Fall bei Nachfrageänderungen in einer kurzen Zeitperiode. Bestellt jeder Einkäufer in obigem Beispiel 10% mehr, so fertigen wir 33% über der Nachfrage. Deswegen sind die Schwankungen entsprechend stark und teilweise auch sehr kurzfristig. Unsere Belegschaft ist sich dessen aber bewusst. Kurze Lieferfristen sind eine unserer Kernkompetenzen. Deshalb sind wir entsprechend flexibel.

«Für die Luftfahrtindustrie wird es eine lange Durststrecke geben.»

Sie kommen ursprünglich aus der Luftfahrtindustrie. Wird die Ihrer Meinung nach je wieder zu früherer Bedeutung wachsen?

Wenn Sie mit dieser Frage die Nachhaltigkeitsdiskussion ansprechen: Das wird eine grössere Herausforderung für die Luftfahrtindustrie – die Anzahl an Geschäftsreisen wird zurückgehen, und die virtuellen Meetings werden sich etablieren, da sie umweltschonender, kostengünstiger, effizienter und zeitsparender sind. Ich vermute, der Tourismus wird mittelfristig wieder eine ähnliche Bedeutung haben wie vorher. Für die Luftfahrtindustrie wird es aber eine lange Durststrecke geben, und sie wird sich mit anspruchsvollen Fragestellungen zum Klimaschutz auseinandersetzen müssen.

Im Bau ist die Nachfrage sehr gut. Geht das weiter so?

In diesem Marktsegment prognostizieren wir eher vorsichtig. Wir denken, dass der Hochbau vom Anlagenotstand an den Kapitalmärkten stark getrieben wurde. Es wurde enorm in Immobilien investiert, und das Bevölkerungswachstum ist nicht gleich hoch wie der Zuwachs an Immobilien. Andererseits lebt in über einem Drittel der Haushalte in der Schweiz nur eine Person. Dafür werden neue Wohnkonzepte entwickelt werden müssen. Interessant wird der Corona-Effekt auf Bürobauten in der mittelfristigen Zukunft sein. Aluminium Laufen hat letztes Jahr über 4,5 Millionen Aluminium-Erzeugnisse aus Guss sowie Strangpressprofile produziert und 700 neue Werkzeuge gefertigt. Da kann man einiges lernen.

Wie viele Lehrlinge bildet denn Ihre Firma pro Jahr aus?

Wir bilden zurzeit acht Nachwuchskräfte aus, in vier verschiedenen technischen Lehrberufen sowie im kaufmännischen Bereich. Ab August 2021 werden wieder mehrere Lehrstellen frei. Ich bin stolz, dass wir einerseits Schulabgängern eine Berufsbildung ermöglichen können und andererseits damit auch einen Beitrag gegen den Fachkräftemangel leisten.

Durch die Transformation der europäischen Automobilindustrie hin zu elektrischen und weiteren Antriebskonzepten soll sich die Nachfrage nach Aluminium Laufens Spezialgebiet, den Strangpressprodukten, erhöhen. Nennen Sie unseren Lesern doch einmal ein paar Produktbeispiele.

Wir fertigen hochpräzise Aluminium-Profile, -Rohre oder -Stangen, mit individuell bearbeitbaren Oberflächen, die sowohl für konventionelle, wie auch für die neuen Antriebskonzepte eingesetzt werden. Unsere Aluminium-Komponenten finden sich bei Batteriewannen, Fahrwerkkomponenten, Druckspeichern, Überrollschutzsystemen oder als Dämpfungselemente.

Die Mehrzahl der angebotenen Komponenten, werden also sowohl für herkömmliche wie auch für elektrische Fahrzeuge nachgefragt?

Richtig. Entsprechend unabhängig sind wir von der Antriebs-Technologie. Hinzu kommt unsere Serviceleistung: Gerade in der Automobilindustrie sind kurze Lieferfristen und eine hohe Liefertreue elementar. Das können wir unseren Kunden jederzeit bieten, was bei 4.5 Millionen Aluminium-Komponenten pro Jahr keine Selbstverständlichkeit ist.

Was kostet denn die neue moderne Biege-Maschine PBT35 zur Herstellung gebogener, einbaufertiger Aluminium-Profil?

Die Beschaffungskosten bewegen sich im tiefen sechsstelligen Bereich. Was aber viel interessanter ist – wir erweitern damit unsere Angebotspalette und können neu vom Strangpressen über das Profilbiegen bis hin zur Umformung alles aus einer Hand anbieten. Das ist für unsere Kunden deutlich effizienter und wirtschaftlicher. Wir verfolgen damit unsere Strategie weiter, hochwertige Komponenten mit hoher Präzision und schnellen Durchlaufzeiten anzubieten.

«Unsere gewichtigsten Aktionäre, darunter Teilhaber aus den Gründerfamilien, haben nicht vor, unser Unternehmen zu verkaufen.»

Man munkelt, dass chinesische Firmen ein Auge auf Aluminium Laufen geworfen haben?

Das zeigt, dass wir ein attraktives Unternehmen mit viel Fachkompetenz sind. Unsere gewichtigsten Aktionäre, darunter Teilhaber aus den Gründerfamilien, haben nicht vor, unser Unternehmen zu verkaufen. Wir sind seit der Gründung vor über 90 Jahren ein Schweizer Unternehmen und bleiben es auch.

Der produktionstechnische Unterstützungsbedarf bei Ihrer auf die einfachere Gusstechnik spezialisierten Gesellschaft in Tunesien ist sehr hoch. Wann ist diese Tochter denn «volljährig»?

Sowohl der Mensch wie auch eine Organisation haben nie ausgelernt. Bei der Aluminium Laufen Tunis SA bedeutet das zurzeit, dass es Unterstützungsbedarf braucht. Und zwar dort, wo wir die Kompetenzen von einfacheren zu komplexeren Guss-Halbzeugen ausbauen, denn das braucht seine Zeit, um es zu lernen.


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Zusätzliche Informationen zur Aluminium Laufen AG wie

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  • Unternehmensporträt
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finden Sie bei der Zürcher Kantonalbank hier…  

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