Roger Bischoff, Geschäftsführer Luftseilbahn Grindelwald-Pfingstegg AG, im Interview

Roger Bischoff, Geschäftsführer Luftseilbahn Grindelwald-Pfingstegg AG, im Interview
Roger Bischoff, Geschäftsführer Luftseilbahn Grindelwald-Pfingstegg AG. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Bischoff, abends verwandeln sich Ihre Gondeln in einen Mini-Gourmet-Tempel. Vor Corona hatte es Platz für bis zu acht Personen. Und jetzt?

Roger Bischoff: In der zweiten Lockerungsphase der Covid-19 Beschränkungen konnten wir ab 11. Mai wieder Dinner für bis zu vier Personen anbieten. Da es sich um ein Gastronomieangebot handelt und die Bahn nicht bis zur Gegenstation fährt, konnten wir diese «Gesetzeslücke» zugunsten von uns und einigen Gästen ausnützen.

Passend für einen Seilbahnbetrieb fand Ihre GV am Mittwoch vor Auffahrt statt. Leider diesmal ohne Aktionäre. Haben Sie dennoch Applaus für die 8% Dividende erhalten?

Die Blumen und der Applaus blieben auf diesem Weg der Stimmabgabe leider aus. Schlussendlich wollen wir unseren geschätzten Aktionären auch etwas zurückgeben, was wir auf diesem Weg auch gemacht haben.

Sie sind nicht nur CEO, sondern auch technischer Leiter. Was sind bei der Flyline, der Seilrutsche mit Kurven, die grössten Herausforderungen?

Die Planung für die neue Attraktion begann 2016 mit vielen Voranfragen und Gesprächen; die Baubewilligung ist im Juli 2019 bei uns eingetroffen. Für die Grösse der Anlage war es ein riesengrosser Behördenmarathon. Wir waren mit allen Fachstellen des Kantons und einigen NGOs in ständigem Kontakt und konnten vorbildlich für die Sache zusammenarbeiten. Leider wurden uns schlussendlich vor allem raumplanerisch extrem viele Hürden und Anforderungen gestellt. Dagegen war das Engineering und Entwicklung für diese neue Anlage geradezu einfach.

«Bei den Flyliner dürfte es einen Boom geben wie in den 90er Jahren mit Rodelbahnen.»

Weltweit ist die Fly Line auf der Pfingstegg die einzige Installation mit Rückbringer. Wie lange wird diese Sonderstellung halten?

So wie ich die Anfragen beim Hersteller beurteile, wird diese Stellung nicht lange anhalten. Es dürfte ein Boom geben, wie in den 90er Jahren mit Rodelbahnen. Vorbehalten bleiben jedoch die strengen Vorgaben der Raumplanung.

In den 16 Betriebstagen im Oktober 2019 konnte die neue Anlage bereits 2600 Fahrten verbuchen. Was erwarten Sie von der ersten kompletten Saison?

Angesichts der Corona-Pandemie dürften wir die Erwartungen an die Ertragskraft der Anlage nicht erreichen. In Grindelwald werden die internationalen Touristen wohl noch ein, zwei Jahre ausbleiben, was uns dann wieder einen Anstieg bescheren dürfte.

Im letzten Winter wurden wieder einige Teile der Rodelbahn durch Lawinen beschädigt. Kann man da nicht vorbeugen?

Diesen Winter gab es keine grossen Schäden an der Anlage.

Warum stiegen im letzten Jahr die Abschreibungen auf Sachanlagen um rund die Hälfte?

Es wurden viele Mobilien angeschafft. Was möglich war, wurde direkt abgeschrieben.

In den letzten fünf Jahren wurden die die Rodelbahnbesuche Jahr für Jahr gesteigert. Wo liegt denn die natürliche Höchstgrenze?

Die Kapazität beträgt wie bei der Fly Line 190 Personen pro Stunde, was für solche Anlagen relativ hoch ist. Rein rechnerisch könnten wir damit also pro Saison um die 250’000 Personen befördern. Es ist jedoch festzuhalten, dass wir an einigen Tagen in der Hochsaison mit 1400 Fahrten schon sehr nahe an der Kapazitätsgrenze liegen.

«Die Luftseilbahn Grindelwald-Pfingstegg AG steht im schweizweiten Branchenvergleich immer noch sehr gut da und kann mit dem Fremdfinanzierungsgrad weiterhin mit den grossen Anbietern mithalten.»

Der Finanzertrag war im letzten Jahr dank Wertschriftenverkäufen sehr erfreulich. Wie vermuten Sie, wird 2020 rauskommen?

Aktuell haben wir keine weiteren Verkäufe geplant. Den Finanzerfolg versuchen wir entsprechend dem Schnitt der vergangenen fünf Jahre zu halten.

Als Folge der sehr hohen Investitionstätigkeit sind die flüssigen Mittel auf ein tiefes Niveau gesunken. Ist das ein Problem?

Aktuell sehen wir darin kein Problem. Die Luftseilbahn Grindelwald-Pfingstegg AG steht im schweizweiten Branchenvergleich immer noch sehr gut da und kann mit dem Fremdfinanzierungsgrad weiterhin mit den grossen Anbietern mithalten.

Der wirtschaftliche Eigenfinanzierungsgrad beträgt rund 90 Prozent. Damit könnte Ihr Sport- und Familienausflugsberg auch eine längere Schliessung der Anlagen infolge der Coronakrise ohne grössere Schwierigkeiten überstehen. Wann ist das Pfingstegg wieder voll belastbar?

Wir haben seit dem 6. Juni wieder geöffnet. Alle Mitarbeiter einschliesslich Chef wurden für die Kurzarbeit angemeldet. Für Mai und Juni fehlen Umsätze im Bereich von 300 000 Franken, also 17.6% vom Jahresumsatz.

Luftseilbahn Grindelwald-Pfingstegg AG

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