Samuel Sigrist, CEO SIG Group, im Interview

von Robert Jakob
Moneycab.com: Herr Sigrist, die Börsianer konnten offenbar das erste Halbjahr 2025 der SIG-Gruppe nicht richtig einordnen, die Aktie stieg erst, um dann wieder deutlich unter den Eröffnungskurs zu fallen. Wie sehen Sie den Semesterausweis in zwei Sätzen?
Samuel Sigrist: Wir haben im ersten Halbjahr 2025 in einem sehr anspruchsvollen Marktumfeld und mit währungsbedingtem Gegenwind ein gutes Ergebnis erzielt, sind weitergewachsen und haben die Profitabilität gesteigert. Wir haben dank unserer einzigartigen Technologie und unseren Produktinnovationen weitere Marktanteile gewonnen, haben unsere geografische Präsenz in attraktiven Märkten weiter ausgebaut, bei der Transformation des Bag-in-Box- und Standbeutelgeschäfts gute Fortschritte gemacht und damit die Basis für weiteres profitables Wachstum geschaffen.
SIG stellt drei Viertel des US-Umsatzes in den USA selbst her. Es scheint so, als ob Trumps Zollspektakel generell konjunkturelle Spuren zurücklässt, die sich auch etwas auf die Nachfragenach SIG-Produkten auswirken…
Einige Märkte, nicht nur die USA, leiden teilweise noch an den Folgen der hohen Inflation und der geringeren Kaufkraft der Konsumentinnen und Konsumenten. Wir rechnen damit, dass dieser Effekt über die kommenden Monate auslaufen wird. Aber die durch den Handelskrieg ausgelöste Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist für die Konjunktur nicht hilfreich, und die damit verbundenen Verschiebungen bei den Währungen sieht man auch in unserem Ergebnis. Grundsätzlich sind wir aber in den USA gut unterwegs und haben im ersten Halbjahr, insbesondere im Foodservice-Bereich, ein gutes Wachstum erzielt.
«Einige Märkte, nicht nur die USA, leiden teilweise noch an den Folgen der hohen Inflation und der geringeren Kaufkraft der Konsumentinnen und Konsumenten.»
Samuel Sigrist, CEO SIG Group
Aufgrund der breiten Palette von Konsumgütern, die in die SIG-Verpackungen passen, gilt Ihr Unternehmen als sehr konjunkturresistent. Im Moment scheinen aber in fast allen westlichen Industrienationen die Menschen sogar am Essen und Trinken zu sparen…
In der Tat leidet die Nachfrage in einigen Ländern noch unter den Folgen der hohen Inflation und der geringeren Kaufkraft der Konsumentinnen und Konsumenten, wenn ich aber unseren grössten Bereich anschauen, das sind Milchprodukte, sehe ich in vielen Ländern nach wie vor einen Wachstumstrend. Gleichzeitig hat die Inflation uns auch Chancen eröffnet, da wir unseren Kundenmit unserer einzigartigen Abfülltechnologie und ihrer Volumenflexibilität eine Preisdifferenzierung für die Endverbraucher ermöglichen.
Umso besser läuft es in den Schwellenländern von Afrika bis Asien. Was wird dort zurzeit am meisten nachgefragt?
Wie gesagt sind Milchprodukte in diesen Regionen sehr gefragt. Indien ist beispielsweise der grösste Milchmarkt weltweit, es wird aber erst ein kleiner Teil der Milch industriell verarbeitet und verpackt. Da sehen wir grosses Potenzial, um mit unseren Verpackungen und unserer Abfülltechnologie die Milch länger haltbar und einer breiteren Bevölkerung zugänglich zu machen. Wir bauen dort deshalb unsere Präsenz weiter aus und haben im Februar in Ahmedabad unser erstes Werk für aseptische Kartonpackungen eröffnet. Wir verzeichnen aber in den Schwellenländern mit unseren Innovationen Wachstum über die gesamte Produktpalette hinweg.
«Wir verzeichnen in den Schwellenländern mit unseren Innovationen Wachstum über die gesamte Produktpalette hinweg.»
Wer war denn der Grossbesteller in China für Ihre Bag-in-Box-Verpackung?
Es handelte sich um einen unserer grössten Kartonkunden in China. Er ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir unser Geschäft mit einem Kunden ausbauen können, indem wir ihm neue Vertriebskanäle mit neuen Verpackungssubstraten anbieten. In diesem Fall haben wir dem Kunden geholfen, mit unseren Bag-in-Box-Lösungen in den Foodservice-Markt einzusteigen.
In den sehr modebewussten Volkswirtschaften von Korea, Thailand und Japan profitierte SIG von seiner Drinksplus-Technologie, welche die Zugabe von Stücken, zum Beispiel Getreide- und Fruchtteile ermöglicht. Wie breit kann dieser Trend international entwickeln?
Dass es unsere Technologie erlaubt, den Flüssigkeiten Stückchen beizugeben, ist ein grosser Wettbewerbsvorteil. Ob Tomatenstücke in Saucen, Fruchtstücke in Smoothies oder Getreide im Joghurt machen das Produkt spannender und werthaltiger. Diese einzigartige Fähigkeit hilft uns auch in anderen Regionen und kommt aktuellen Gesundheitstrends entgegen.
Mit dem Rollover des fälligen Eurobonds in den neuen 625 Millionen Eurobond hat SIG weiterhin eine sehr günstige Refinanzierung eingefahren. Welche strategischen Schachzüge erlaubt das, in den nächsten fünf Jahren bei einem Kapitalhebel von aktuell eins zu drei?
Wir sind laufend daran, unsere Finanzierungsstruktur zu verbessern, und konnten mit der letzten Refinanzierung die Zinskosten deutlich senken. Wir verfügen über die notwendigen Mittel zur Umsetzung unserer Strategie und, wie wir kommuniziert haben, ist unser Ziel, die Verschuldung mittelfristig auf gegen zweimal EBITDA zu senken.
SIG rechnet auch im zweiten Halbjahr mit einem schwächeren Dollar. Kann man ihn nicht hedgen?
Unsere Unternehmenspolitik sieht vor, Transaktionsrisiken abzusichern, nicht jedoch reine Umrechnungsrisiken. Das heisst, wir sichern uns ab, wenn wir ein echtes Währungsrisiko haben, wenn wir also in einer Währung, die nicht der Währung der betreffenden Einheit entspricht, etwas kaufen oder verkaufen. Wir sichern uns jedoch nicht ab, wo Kosten und Umsätze in der gleichen Währung anfallen, wie beispielsweise im US-amerikanischen Bag-in-Box-Geschäft. Die Währungen betreffend ist vor allem die Entwicklung des Euro entscheidend. Eine Aufwertung des Euro gegenüber allen anderen Währungen um ein Prozent reduziert unsere EBITDA-Marge um zehn Basispunkte. Mit einer gewissen Exponiertheit gegenüber den Währungsentwicklungen müssen wir leben, wobei wir durch unsere Strategie, dort zu produzieren, wo unsere Kunden sind, bereits eine gute Absicherung haben.
«Dort zu produzieren, wo die Kunden sind, ist bereits eine gute Währungsabsicherung.»
Mittelfristig soll die EBITDA-Marge auf über 27 Prozent steigen. Was müssen dafür die Haupttreiber sein?
Neben weiterem Wachstum, mit dem wir Grössenvorteile realisieren, ist ein wichtiger Treiber die Transformation des Bag-in-Box- und Standbeutelgeschäfts. Wir erhöhen hier den Anteil an aseptischen Lösungen und bauen in diesem traditionell eher transaktionsorientierten Geschäft die Systemlösungen und damit langfristige Kundenpartnerschaften aus. Wir nutzen auch unsere etablierte Plattform, um diese Lösungen verstärkt in Schwellenländern anzubieten, wo für diese Art von Verpackungen noch grosses Potenzial besteht. Und auch unsere Innovationen werden zur weiteren Steigerung der Profitabilität beitragen.