Severin Dressen, CEO Zoo Zürich AG, im Interview

Severin Dressen, CEO Zoo Zürich AG, im Interview
Severin Dressen, CEO Zoo Zürich AG. (Foto: Zoo Zürich, Goran Basic)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Dressen, trotz ausgebliebener Staatshilfe konnte der Zoo Zürich wieder durchstarten. Klappte auch alles gut mit dem ÖV und den paar Parkplätzen?

Severin Dressen: Wir sind sehr froh und dankbar, dass die Besucherinnen und Besucher seit der Wiedereröffnung so zahlreich zu uns in den Zoo Zürich kommen. Die verordnete Schliessung ohne finanzielle Unterstützung durch den Bund war keine einfache Situation für uns. Hinsichtlich der Anreise stellen wir fest, dass unsere Gäste seit dem Beginn der Pandemie vermehrt mit dem Auto anfahren und weniger mit dem ÖV. Wir versuchen, diesen Trend mit attraktiven Angeboten wieder umzukehren. Als Naturschutzunternehmen empfehlen wir den ÖV nicht nur wegen der Verkehrssituation als erste Wahl für die Anfahrt in den Zoo, sondern auch, weil es die klimafreundlichere Art zu reisen ist.

Obwohl während eines Vierteljahres geschlossen, büsste der Zoo nur 13 Prozent der Besucherfrequenz ein. 2020 waren es 1,094 Millionen. Wo läge die logistische Latte oder der logistische Flaschenhals?

In den letzten Monaten hatten die Coronavorschriften die «Latte» gebildet und dem Zoo Zürich eine Begrenzung von zuletzt maximal 5750 Personen vorgegeben, die sich zur gleichen Zeit im Zoo aufhalten durften. Seit dem 26. Juni ist diese nun wieder aufgehoben. Generell arbeitet der Zoo vor allem darauf hin, dass sich die Gäste möglichst gut über die Woche und den Tag verteilen, zum Beispiel mit besonderen Angeboten für die Randzeiten oder für weniger stark besuchte Wochentage.

«Seit dem 26. Juni ist die Begrenzung auf 5750 Personen aufgehoben.»
Severin Dressen, CEO Zoo Zürich AG

Mit einer Gesamtfläche von 5,6 Hektaren ist die neueröffnete Lewa Savanne Ihre grösste Anlage. Braucht die denn bei den immer trockeneren Zeiten überhaupt eine eigene gärtnerische Pflege?

Ja, die braucht es trotzdem. So müssen wir zum Beispiel die Pflanzinseln und die grossen Bäume wässern, wenn es sehr trocken ist, ebenso die Rabatten im Besucherbereich. Auch jäten müssen wir ab und zu und wenn nötig Bäume und Pflanzen zurückschneiden. Sehr genau beobachten wir zudem die Vegetation, die von den Tieren betreten und gefressen wird, also zum Beispiel die grosse Grasfläche auf der Savannenaussenanlage.

Besonders Jungtiere sind Familienmagnete. Es kamen das Elefantenbaby Umesh, das Nashornkalb Ushindi und das erste in der Schweiz geborene Koalakind Uki hinzu. Wer hat die meisten Bewunderer?

Das verteilt sich vermutlich recht gleichmässig; grosse und «flauschige» Säugetiere sind beim Menschen generell beliebt. Uns ist es aber eigentlich wichtiger, den Zoogästen die Vielfalt der Tierwelt zu zeigen, und dass jedes Tier seinen Platz und Nutzen im Ökosystem hat und auf seine Weise faszinierend ist. Eines meiner Lieblingsbeispiele hierfür ist der Nacktmull – optisch finden ihn viele Besucherinnen und Besucher nicht so ansprechend, aber wenn sie erfahren, wie aussergewöhnlich dieses sozial hochentwickelte Tier lebt, sind sie plötzlich davon begeistert. Genau das wollen wir erreichen.

«Grosse und «flauschige» Säugetiere sind beim Menschen generell beliebt. Uns ist es aber eigentlich wichtiger, den Zoogästen die Vielfalt der Tierwelt zu zeigen.»

Mit Holzschnitzeln und Wärmepumpe wird im Zoo geheizt. Dadurch sind sie CO2-neutral. Wie sieht beim Zoo die nachhaltige Abfallbewirtschaftung aus?

Wir sammeln, trennen und rezyklieren – Metall, Holz, Papier, Karton, Bauschutt, Grüngut, Batterien und PET. Grünabfälle wie Mist und Speisereste führen wir der Biogasproduktion zu. Hier haben wir ganz neu eine Entsorgungsstation konzipiert, damit unsere Gäste auch das biologisch abbaubare Einweggeschirr korrekt entsorgen und wir es so ebenfalls der Wiederverwertung zuführen können. Pflanzenteile wie Stämme und Äste und Holzschnitzel aus dem eigenen Wald bereiten wir für die Tiere auf, zum Beispiel zur Verhaltensanreicherung. Nach Gebrauch kompostieren wir auch dieses Material oder geben es als Grünabfall zur Biogasherstellung.

Der Zoo ist ja nicht nur Erholung, sondern auch Bildung. Wie hoch ist der Anteil Schulklassen an Ihren Besuchern?

In einem normalen Jahr, also ohne Corona und Schliessungen, besuchen etwa 75’000 Schülerinnen und Schüler den Zoo Zürich. Die Schulklassen öffentlich-rechtlicher Schulen im Kanton Zürich haben dabei freien Eintritt, alle anderen Schulklassen aus der Schweiz vergünstigte Tarife. Wir bieten speziell auf Schulen zugeschnittene Führungen, Workshops und Projekttage an, ebenso fixfertige Lernmaterialien sowie Aus- und Weiterbildungen für Lehrpersonen.

«Wir bieten speziell auf Schulen zugeschnittene Führungen, Workshops und Projekttage an, ebenso fixfertige Lernmaterialien sowie Aus- und Weiterbildungen für Lehrpersonen.»

Was spricht die Kleinen am meisten an?

Auch die ganz kleinen Zoogäste haben ihre individuellen Vorlieben. Bei meinen Kindern – und auch vielen anderen – stehen die Bronzepinguine beim Haupteingang hoch im Kurs. Sie müssen bei jedem Zoobesuch intensiv begutachtet werden. Grundsätzlich beliebt sind auch immer die Orte, wo die Kinder selber etwas machen können – sei es auf dem Spielplatz, im Zoolino im direkten Kontakt mit Nutztieren oder in unseren interaktiven Ausstellungen.

Über Live-Webcams kann man auch den Zoo in den eigenen vier Wänden besuchen. Wie oft wird das pro Jahr genutzt?

Die Webcams sind nach der Startseite und den Preisen und Tickets die beliebteste Seite unserer Homepage. Im letzten Jahr hatten wir dort rund 500’000 Pageviews.

Die Zoo Zürich AG besitzt für über 15 Millionen Franken Wertschriften. Ich nehme an, Sie sind da sehr konservativ unterwegs?

Unsere Anlagestrategie ist nach BVV 2 ausgelegt. Wir haben also die gleiche Ausrichtung wie die Pensionskassen.

Der operative Cashflow war natürlich im Coronajahr 2020 schwach. Wird er 2021 dank Nachholeffekt wieder bei rund 20 Millionen Franken zu liegen kommen?

Als Nonprofit-Organisation haben wir die Rechnungslegung nach Swiss GAAP FER 21. Aus diesem Grund ist der operative Cashflow bei uns auch corona-unabhängig sehr volatil, aufgrund der Abschreibungen für Bauprojekte und der Spenden in Sammeljahren. Der Cashflow ist bei uns deshalb nur bedingt aussagekräftig, um die Jahre untereinander zu vergleichen.

Bedeutet das, dass es spezielle Sammeljahre und andere Jahre mit weniger Aktivität diesbezüglich gibt?

Genau. Wenn wir zum Beispiel den Bau einer neuen Anlage planen, machen wir gezielte Spendensammelaktionen für das entsprechende Projekt. In anderen Jahren wiederum haben wir keine solchen spezifischen Sammelaktionen und nur die generellen Spendenaktivitäten.

Die Versicherung hatte Ihnen 4,5 Millionen Franken zur Deckung des aufgrund der behördlich angeordneten Schliessung angefallenen Schadens ausgezahlt. Ist so eine Versicherung nach oben gedeckelt?

Ja. Die viereinhalb Millionen sind das Maximum.

Zoo Zürich

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