Tillmann Lang, CEO Inyova, im Interview

Tillmann Lang, CEO Inyova, im Interview
Tillmann Lang, CEO und Co-Gründer Inyova. (Bild: Inyova)

Von Sandra Willmeroth

Moneycab: Sind Sie schon mal einen BMW gefahren?

Tillmann Lang: Ja, meine Eltern fahren BMW. BMW steht ja schon seit langem für hervorragende Technologie und Fahrkomfort. Leider verliert BMW inzwischen technologisch den Anschluss und setzt nur auf Auslauftechnologien. Die gesellschaftliche Stellung der Marke BMW ist jetzt schon stark ins Straucheln geraten. Wenn das Management nicht bald entschieden zukunftskompatible Modelle entwickelt, werden sich unsere Kinder an BMW später kaum noch erinnern können. Das Merkwürdige dabei ist: BMW stand immer für Technologie und Innovation, heute setzen sie nur auf Lobbying für Verbrenner. Wenn BMW sich auf seine traditionellen Stärken besinnen würde, könnte es zu einem Champion für neue Mobilität werden.

Kennt man Ihren Namen jetzt bei BMW? Was hat der Wirbel, den Sie mit dem Wahlvorschlag für einen Aufsichtsrat ausgelöst haben bei BMW bewirkt?

BMW kennt uns schon eine Weile, wir sind ja als Impact Investor in einen sehr konstruktiven Dialog mit dem Unternehmen getreten. Dass wir schlussendlich mit einem eigenen Wahlvorschlag für den Aufsichtsrat aufgetreten sind, lag ja daran, dass wir als Aktionäre nicht überzeugt sind, dass BMW sich seinen Herausforderungen genug stellt.

Was hat es bewirkt?

Viel! Einmal haben wir unserer Community zeigen können, dass sie selbst Einfluss nehmen können und ihre Stimme nicht bei einem Fondsmanager abgeben. Zum anderen haben wir in der Öffentlichkeit eine grosse positive Resonanz in der Schweiz als auch in Deutschland erhalten. Der erste Schritt ist also gemacht.

Und konnten Sie innerhalb von BMW etwas erreichen?

Innerhalb von BMW hat das auch viel bewirkt, das wissen wir von unseren Kontakten im Unternehmen. Es war ja auch eines unserer Ziele, den progressiven Stimmen im Unternehmen den Rücken zu stärken, indem wir zeigen, dass Aktionäre und Gesellschaft einen Kurswechsel begrüssen würden.

«Unsere Impact Investorinnen und Investoren, übrigens zu über 80 Prozent Erstanlegerinnen und -anleger, kommen ja zu uns, um etwas zu bewegen, etwas für den Planeten zu tun»

Tillmann Lang, CEO Inyova

Ihre Kundinnen und Kunden, die BMW-Papiere in ihren Depots haben, konnten via App ihr Votum für oder gegen den Wahlvorschlag abgeben. Wie viele haben abgestimmt und wie gross ist die Grundgesamtheit aller Kundinnen und Kunden, die hätten abstimmen können?

Insgesamt haben ungefähr 2000 Inyova Impact Investorinnen und Investoren Anteile an BMW. Davon haben 97 Prozent für den Wahlvorschlag gestimmt. Für uns war dieses Ergebnis klar, denn unsere Impact Investorinnen und Investoren wollen sich aktiv einbringen und in diesem Fall, dass BMW auf lange Sicht besser abschneidet. Unsere Impact Investorinnen und Investoren, übrigens zu über 80 Prozent Erstanlegerinnen und -anleger, kommen ja zu uns, um etwas zu bewegen, etwas für den Planeten zu tun.

Planen Sie solche oder ähnliche Aktivitäten auch bei anderen Blue Chips?

Ja, natürlich. Wir sind Impact Investorinnen und Investoren. Wir sind angetreten, um etwas zu bewirken, und Active Ownership steht ganz im Kern davon. Active Ownership ist ja gerade die Möglichkeit, die grossen Organisationen unserer Zeit dabei zu unterstützen, schneller die Herausforderungen der Klimakrise anzugehen. Blue Chips sind da ganz im Zentrum. Wir stehen am Anfang von Active Ownership, das geht gerade erst los. Übrigens nicht nur bei Inyova. Wir sehen jetzt schon, dass wir mit unserem Weg andere Anleger und Finanzplayer inspirieren, ähnliches zu tun.

Haben Sie noch andere Vorhaben oder Ideen wie Sie als Impact Investor im Namen ihrer Kunden auftreten und «Active Ownership» praktizieren wollen oder werden?

Der direkte Dialog mit den Unternehmen ist immer zentral. Wir sind Anteilseigner und am Erfolg der Unternehmen interessiert. Aber wir bringen uns mit eigenen Vorschlägen konstruktiv ein. Und die können natürlich unangenehm sein. Auch mit BMW geht der Dialog weiter, mit vielen weiteren Unternehmen natürlich auch. Und einige Dialoge waren bereits sehr erfolgreich. Wir hatten beispielsweise mit dem CEO Walter Oberhänsli von Zur Rose im vergangenen Jahr mit unserer Community ein Online-Engagement Event. Hier wurde die nachhaltige Strategie des Unternehmens diskutiert. Einige Anregungen haben sich dann in den Zielen für die Zukunft wiedergefunden.

«Unsere Mission ist, das Finanzwesen zu demokratisieren und Anlegerinnen und Anlegern die Kontrolle über ihre Investments zurückzugeben.»

Warum haben Sie das Crowdfunding bei Inyova durchgeführt?

Unsere Mission ist, das Finanzwesen zu demokratisieren und Anlegerinnen und Anlegern die Kontrolle über ihre Investments zurückzugeben. Das sollte natürlich auch für uns selbst gelten. Wir sind nicht an der Börse, daher haben wir über Crowdinvesting echte Aktien ausgegeben und so Active Ownership auch bei Inyova möglich gemacht. Im Gegensatz zu den üblichen Crowdinvesting-Aktionen im Markt haben die Crowdinvestorinnen und -investoren bei uns also volle Stimm- und Mitbestimmungsrechte. Sie haben die gleichen Aktien wie ich als Gründer. Das ist ganz neu, denn meistens werden bei Crowdfundings Darlehen oder irgendwelche Spezialvehikel wie Partizipationsscheine oder Genussrechte ausgegeben, bei denen die Investor*innen dann keine Mitbestimmungsrechte haben.

Viele Ihrer Kundinnen sind noch recht jung und erleben derzeit vermutlich zum ersten Mal bewusst eine Börsenbaisse und vielleicht auch noch eine konjunkturelle Rezession. Häufen sich die Anfragen besorgter Kundinnen und was entgegnet Inyova ihnen?

Ja klar, die Zeiten sind unruhig, das merken wir auch bei unseren Kundinnen und Kunden. In diesen Zeiten sind die Anfragen an unser Customer Success Team häufiger, das konnten wir auch schon zu Beginn der Corona-Krise beobachten. Wir kommunizieren in solchen Zeiten noch mehr und schneller als sonst. Proaktiv durch Marktupdates und Hintergrundberichte, aber natürlich auch reaktiv auf Kundenanfragen.

«Die EU-Taxonomie bringt Bewegung und das ist gut.»

Wie bewerten Sie die EU-Taxonomie? Ist das ein guter Ansatz oder ein neuer Papiertiger der EU?

Die EU-Taxonomie bringt Bewegung und das ist gut. An ihrer Ausgestaltung gibt es viel zu kritisieren. Aber unterm Strich freue ich mich über die Bewegung in der Sache und die Diskussionen dazu. Wichtig ist, dass diese Regulierung regelmässig und schnell aktualisiert wird. Die Branche lernt täglich neu dazu, da muss die Regulierung ständig nachziehen. Aktuell wünsche ich mir vor allem mehr Mechanismen, die Greenwashing unterbinden statt Papiertiger-Berichterstattungen, die ausser Wirtschaftsprüfern niemand verstehen kann. Ausserdem wünsche ich mir sehr, dass Impact Investing, also Geldanlagen, die wirklich etwas verändern, in der Regulierung Platz finden. Die aktuelle Taxonomie kennt den Begriff der Wirkung noch gar nicht.

Was denken Sie über Kryptowährungen, den dezentralisierten Finanzmarkt und das Metaverse (Web 3.0). Ist dies das «next big thing» oder nur ein irrer Hype?

Nun ja, ich glaube schon, dass Blockchain als Technologie noch eine grosse Rolle spielen wird. Kryptowährungen sind nur eine Anwendung davon – deren Rolle bleibt abzusehen und muss sehr kritisch beurteilt werden. Ihr Energieverbrauch ist ein grosses Problem dem aktuell kein gesellschaftlicher Nutzen entgegensteht. Krypto ist aktuell ja vor allem Spekulationsobjekt. Was das Metaverse angeht bin ich etwas überzeugter, dass das in vielen Facetten kommen wird. Die Frage ist wie und durch wen. Ich hoffe sehr, dass sich hier die grossen Monopolisten wie Meta nicht durchsetzen, das wäre gesellschaftlich nicht wünschenswert. Überhaupt müssen wir hier ein starkes Auge auf die gesellschaftlichen Effekte haben. Eine Lektion aus dem unglaublich schnellen Erfolg der sozialen Netzwerke ist ja, dass diese Effekte sehr real sind, man denke nur an die Studien zu Instagram und dem Effekt auf das Wohlbefinden von Teenagern. Gleichzeitig sind solche Effekte schwer zu antizipieren. Das müssen wir lernen zu regeln.

Carte Blanche: Gibt es noch etwas, was wir über Sie und Inyova wissen sollten?

Viele Menschen glauben, nur mit einem grossen Vermögen etwas bewirken zu können. Das ist aber nicht richtig. Auch ein kleiner Betrag hilft, diese Welt zu erhalten. Genau deshalb ist unser Ziel, Millionen von Anlegerinnen und Anleger zu Impact Investoren zu machen.

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