Urs Ryf, CEO und VRP Flughafen Bern AG im Interview

Urs Ryf, CEO und VRP Flughafen Bern AG im Interview
Urs Ryf, CEO und Verwaltungsratspräsident Flughafen Bern AG. (Bild: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Ryf, mit über hundert Mitarbeitenden – und durch direkte plus induzierte Multiplikatoreffekte vielleicht indirekt Tausend – ist die Flughafen Bern AG ein wichtiger Arbeitgeber in der Region. Die Stadt Bern hatte während der Pandemie teilweise auf den Baurechtzins verzichtet. Wer steht jetzt mehr in der Pflicht?

Urs Ryf: Der Betrieb kann aus eigenen Mittel finanziert werden. Während der Corona Pandemie durfte die Flughafen Bern AG wie viele Unternehmen auf die Unterstützung der öffentlichen Hand zählen, und dazu gehörten neben Härtefallgeldern und Kurzarbeitsentschädigungen auch die Reduktion des Baurechtzinses durch die Stadt Bern.

Was passiert eigentlich, wenn die einzelnen langfristigen Baurechts- und Pachtverträge schrittweise auslaufen?

Die Baurechts- und Pachtverträge haben noch Laufzeiten zwischen 44 und 54 Jahren. Über eine Verlängerung oder anderweitige Verwendung des Areals wird zu gegebenem Zeitpunkt entschieden werden.

«Palma de Mallorca ist und bleibt die beste Destination ab Bern.»

Urs Ryf, CEO und VRP Flughafen Bern AG

Die Gesamtzahl der jährlichen Flugbewegungen hat sich bei gut 50’000 stabilisiert. Ich nehme an Sie arbeiten bereits an neuen Destinations-Nischen?

Als Flughafen sind wir primär ein Infrastrukturbetreiber. Natürlich versuchen wir, das Flugangebot ab Bern mit den Reiseveranstaltern und den Fluggesellschaften zu beeinflussen. Über das Flugangebot entscheidet letztlich die Airline oder der Charterer. Mit unserer Tochterunternehmung flyBAIR ergänzen wir das Flugangebot ab Bern mit Nischenangeboten. Dieses Jahr bieten wir nach vielen Jahren erstmals wieder einen wöchentlichen Flug nach Alicante an.

Welches Reiseziel wird über diesen Sommer Ihr grösster Renner?

Palma de Mallorca ist und bleibt die beste Destination ab Bern. Diesen Sommer wird Palma dreimal wöchentlich angeflogen, mit insgesamt 330 Sitzplätzen pro Woche.

Die Flughafen Bern AG weist nach vier Jahren mit hohen Verlusten für das Jahr 2022 wieder einen echten Gewinn aus. Wo sehen Sie den Gesamtumsatz und Reingewinn in normalen Zeiten?

Unser Ziel ist es, Umsatz und Gewinn jährlich mit einer Erweiterung des Flugangebotes und mit neuen zusätzlichen Erträgen aus der Mantelnutzung kontinuierlich und nachhaltig zu steigern.

Wo hat der Flughafen denn die dazu passenden Hebel?

Das grösste Potential liegt im nicht-aviatischen Bereich, der erwähnten sogenannten Mantelnutzung. Mit dem Projekt BelpmoosSolar, der aktuell grössten Freiflächensolaranlage im Mittelland, wollen wir unsere Erträge nachhaltig steigern.

Was meinen Sie, was die geplanten (35 GWh) Solarflächen südwestlich des Flughafens an jährlichem Umsatz bringen könnten? Das Belpmoos hat ja manchmal auch seinen Nebel.

35 GWh ist der jährliche Ertrag, unter Berücksichtigung der meteorologischen Verhältnisse. Im Winterhalbjahr gehen wir von einer Produktion von 10 GWh aus. Der Ertrag wird sich aus den künftigen Strompreisen ergeben: Eine Prognose dazu möchte ich nicht machen.

«Die Luftfahrtbranche arbeitet seit Langem intensiv und erfolgreich daran, den spezifischen Energiebedarf der Flugzeuge und damit die CO2-Emissionen zu senken.»

Gewerbsmässige Taxiflüge nahmen gegenüber dem Vorjahr um 23 Prozent zu. Wie gehen Sie dabei mit der Kritik von Umweltschützern um?

Gegenüber den Jahren vor Corona ist die Anzahl gewerbsmässiger Taxiflüge deutlich tiefer. Die Luftfahrtbranche arbeitet seit Langem intensiv und erfolgreich daran, den spezifischen Energiebedarf der Flugzeuge und damit die CO2-Emissionen zu senken. In Zukunft werden neue Verfahren zur Kerosinherstellung, alternative Antriebe sowie klimaoptimierte Flugverfahren ein nahezu klimaneutrales Fliegen ermöglichen.

Der nicht-gewerbsmässige Flugverkehr macht das Fünffache des gewerbsmässigen aus. Wie wird er abgegolten?

Die Flughafengebühren werden nach Abfluggewicht berechnet. Entsprechend sind die Erträge aus der Kleinaviatik deutlich kleiner als jene aus dem gewerbsmässigen Flugverkehr.

«Ein gutes Flughafenrestaurant gehört zu jedem Flughafen, da die Luftfahrt weiterhin viele Leute begeistert und ein Flughafen ein beliebtes Ausflugsziel ist.»

Die Sanierung des Flughafen-Hotel/Restaurants ist jetzt abgeschlossen. Wie gross sind die Synergieeffekte?

Das Flughafen-Hotel/Restaurant gehört der Gründerfamilie Müller, welche die Liegenschaft ihrer Eltern mit viel Herzblut saniert hat. Ein gutes Flughafenrestaurant gehört zu jedem Flughafen, da die Luftfahrt weiterhin viele Leute begeistert und ein Flughafen ein beliebtes Ausflugsziel ist.

Sie sind seit der GV vom Juni 2023 auch Verwaltungsratspräsident der Flughafen Bern AG zusätzlich zu Ihrer Funktion als CEO. Legen Sie damit einen Endspurt vor der Pensionierung hin?

Es ist seit Jahren mein erklärtes Ziel, das operative Geschäft in zwei bis drei Jahren abzugeben und mich auf die strategische Ebene zu fokussieren. Aus diesem Grund hat sich der Verwaltungsrat als Übergangslösung für das Doppelmandat entschieden. Ich freue mich sehr, die vielen Herausforderungen gemeinsam mit Verwaltungsrat, Geschäftsleitung und dem gesamten Flughafenteam anzupacken.

Herr Ryf, wir bedanken uns für das Interview.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert