Abhörskandal hinterlässt bei Schweizern Spuren

Abhörskandal hinterlässt bei Schweizern Spuren

(Foto: Jürgen Fälchle – Fotolia.com)

Zürich – Das weltweite und systematische Ausspähen privater Daten von Internetnutzern durch westliche Geheimdienste verunsichert viele Schweizer: Jeder Vierte Nutzer amerikanischer Online-Dienste sorgt sich so sehr um seine Privatsphäre im Internet, dass er als Konsequenz aus den Abhörprogrammen «Prism» und «Tempora» sein Online-Verhalten in Zukunft ändern will. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Telefonumfrage unter 1211 Schweizern im Alter zwischen 15 und 74 Jahren, die das Link-Institut Ende Juni im Auftrag des Internet-Vergleichsdienstes comparis.ch durchgeführt hat.

Konkret wollen sich die besorgten Onlinenutzer (25 Prozent) genauer überlegen, welche Daten sie im Internet austauschen und veröffentlichen. «Man greift hier zum Mittel der Selbstzensur. Mit Freiheit hat das nicht mehr viel zu tun», sagt Ralf Beyeler, Telecom-Experten von comparis.ch. Nur 3 Prozent können sich allerdings vorstellen, zum Schutz ihrer Privatsphäre beliebte US-Online-Dienste wie Facebook und Skype zu meiden. Und nur 2 Prozent wollen ihre Nutzerkonten bei den betroffenen Anbietern löschen.

«Unbedenkliche Banalitäten»
Auf eine breite Ablehnung von 64 Prozent stösst die Tatsache, dass Amerikaner und Briten die Daten ausländischer und somit auch Schweizer Internetnutzer sammeln. Die Umfrageergebnisse zeigen ausserdem: Je älter die Befragten, desto kritischer gehen sie mit dem Abhör- und Schnüffelprogramm ins Gericht. Befürwortet wird die staatliche Online-Überwachung gerade mal von einem von 25 Befragten.

Zwei Drittel der Schweizer fühlen sich bei aller Kritik jedoch nicht persönlich betroffen. «Die meisten glauben, dass sie im Internet lediglich unbedenkliche Banalitäten preisgeben, die sowieso keinen Geheimdienst interessieren. Darum tolerieren sie es, online ausgespäht zu werden. Anders ausserhalb der digitalen Welt: Würden Geheimdienste in ihre Wohnung eindringen oder ihre Briefpost lesen, wäre die Empörung sicherlich um ein Vielfaches grösser», so die Einschätzung des Telecom-Experten Beyeler.

Experte: Vorsicht bei Verschlüsselungen
Beyeler weist darauf hin: «Im Internet gibt es keinen hundertprozentigen Schutz vor Datenspionen. Nutzer müssen sich klar sein: Daten können grundsätzlich mitgelesen werden.» Allerdings gebe es eine Reihe von Tricks, die den Schutz der eigenen Privatsphäre verbessern soll. «Nutzen Sie etwa E-Mail-Konten europäischer Anbieter wie Bluewin von Swisscom oder GMX anstelle Googles GMail oder Outlook.com (ehemals Hotmail). Zum Surfen bieten sich statt des Internet Explorers von Microsoft oder Chrome von Google stellvertretend Mozilla Firefox und Opera aus Norwegen an. Auch zur Suchmaschine Google gibt es Alternativen, und zwar startpage.com aus den Niederlanden, die verspricht, keine Nutzerdaten zu speichern», zählt der Experte auf.

Oft empfohlen, aber wenig hilfreich sind Beyeler zufolge Verschlüsselungs-Technologien. «Die Geheimdienste sind in punkto Kryptographie auf dem neusten Stand. Zudem ist nicht auszuschliessen, dass Sicherheitsbehörden von Herstellern einen Generalschüssel erhalten», sagt er.

Hintergrund
Im Zuge der Enthüllungen durch den ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter Eduard Snowden vor zwei Wochen wurde publik, dass US-Internetriesen wie Facebook, Twitter, Skype, Google, Apple und Microsoft Daten über Telefonate, E-Mails und Nutzerprofile an den amerikanischen Geheimdienst NSA weitergeben. Mittlerweile ist auch bekannt, dass der britische Geheimdienst die Internetverbindungen im Atlantik anzapft. (comparis.ch/mc/pg)

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